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Wenn Journalistinnen und Journalisten zweifeln: Wie finde ich meinen Lebenssinn?

Wenn Journalistinnen und Journalisten zweifeln: Wie finde ich meinen Lebenssinn? Mediencoach Attila Albert

In Zeiten der beruflichen und privaten Routine kann sich die Frage ebenso stellen wie an Wendepunkten: Welchen Sinn hat mein Leben? Die Antwort darauf ist oft einfacher und unspektakulärer als gedacht, sagt Mediencoach Attila Albert. Er rät dazu, immer auf drei Sinnquellen zuzugreifen.

Berlin – Für manche Medienprofis stellt sich die Frage in der Lebensmitte, inmitten eines routinierten Alltags. Für andere an beruflichen oder persönlichen Wendepunkten: Welchen Sinn hat mein Leben? Das ist kein müßiger Selbstzweifel, den Sie schnell beiseite schieben sollten. Sondern praktisch relevant: Ihre Antwort hilft Ihnen, wichtige Entscheidungen schnell und sicher zu treffen, die Herausforderungen des Lebens zu bewältigen und den eigenen Charakter zu formen – etwa gelassener, versöhnlicher oder geduldiger zu werden.

 

Das ist etwas anderes als der PR-Kitsch vieler Unternehmen, die ihren Geschäftszweck pathetisch zur „Mission“ oder zum „Purpose“ (englisch für: Zweck, Bestimmung) erklären – natürlich weiterhin mit Gewinnziel und entsprechendem Druck auf die Mitarbeiter. Und auch etwas anderes als das, was die Selbsterfahrungsbranche häufig als Vorbilder präsentiert: Einen eigentlich völlig egozentrischen Lebensstil, der langfristige konkrete Verantwortung vermeidet, sich aber im öffentlich ausgestellten Gutsein gefällt.

 

Drei Sinnquellen kombinieren

Ihr persönlicher Lebenssinn muss weder besonders originell noch spektakulär sein, weder globale Ambitionen noch langwierigen Erwägungen erfordern. Die meisten Menschen sind mit einem konventionellen Lebensmodell sehr zufrieden und fühlen sich davon erfüllt. Viele sinnstiftende Elemente ergeben sich zudem von selbst, wenn Sie sie als solche erkennen und annehmen. Beispiele: Wenn Sie sich mit Freude und Leidenschaft Ihrem Beruf widmen, die Pflege für einen Elternteil übernehmen oder sich in einem Verein engagieren.

 

Meine Empfehlung für ein ganzheitlich sinnerfülltes Leben wäre, immer auf folgende drei Sinnquellen zuzugreifen. Idealerweise ungefähr im gleichen Maß, auch wenn sich das in der Praxis - je nach Lebensphase - immer einmal etwas verschieben wird.

 

1. Sinnquelle: Menschheitsliebe - etwas für die Welt tun

Beteiligen Sie sich an etwas, das über Ihren Alltag hinausreicht und größer als Sie selbst ist. An einem ehrgeizigen, fast idealistischen Vorhaben, das die Welt besser machen und der Menschheit insgesamt helfen will. Damit binden Sie sich in einen größeren Zusammenhang ein, und Ihre alltäglichen Sorgen relativieren sich. Typische Beispiele: Sie engagieren sich für Klima-, Umwelt- oder Tierschutz, Menschen- oder Minderheitenrechte, eine politische, religiöse, weltanschauliche oder soziale Organisation (z. B. Partei, Kirche, NGO, Verein).

 

Worauf Sie achten sollten: Kritisieren Sie nicht ewig die Weltlage und fordern etwas von anderen, bleiben Sie auch kein passiver Spender. Leisten Sie einen praktischen Beitrag (z. B. 1-2 Stunden Ehrenamt pro Monat). Begrenzt, Sie müssen nicht allein die Welt retten. Das schützt Sie vor Überlastung, Verbitterung und missionarischer Selbstgerechtigkeit. Warum nicht auf diesen Bereich beschränken: Um sich nicht ganz in abstrakten Ideen ("das System verändern") zu verlieren, dabei die menschliche Seite und sich zu vergessen.

 

2. Sinnquelle: Nächstenliebe – etwas für andere tun

Hier geht es ausdrücklich darum, für jemanden da zu sein, der Ihnen räumlich bereits nah ist und Hilfe gebrauchen könnte. Das ist ein wichtiges Korrektiv für Weltrettungsfantasien: Sie haben es mit echten Menschen (und nicht nur einer Idee) zu tun. Das ist oft viel schwieriger und manchmal undankbar, aber gerade dadurch lehrreich für Sie. Typische Beispiele: Sie sind für Ihren Partner, Angehörigen oder Freunde in Not da, helfen einem neuen Kollegen in der Redaktion oder erledigen für eine ältere Nachbarin gelegentlich einen Einkauf.

 

Worauf Sie achten sollten: Unterschätzen Sie nicht, wie wertvoll bereits Ihre Anwesenheit ist, wenn Sie etwa einen einsamen Menschen besuchen oder jemandem nur einmal zuhören. Helfen heißt nicht, dass Sie sich die Probleme anderer zu eigen machen und selbst lösen müssen. Begrenzen Sie auch hier Ihren Einsatz, schon 1-2 Stunden pro Woche sind eine Leistung. Warum nicht auf diesen Bereich beschränken: Um sich nicht zu erschöpfen oder daran zu verzweifeln, dass viele Probleme unlösbar sind und ausgehalten werden müssen.

 

3. Sinnquelle: Selbstliebe – etwas für sich tun

Zuletzt – aber im gleichen Maß wichtig – geht es darum, dass Sie etwas Gutes für sich tun. Etwas, das Sie erholt und belebt, Ihnen Freude und Spaß macht, Leichtigkeit und Genuss in Ihren Alltag bringt. Nur das erlaubt Ihnen langfristig, sich in den anderen beiden Bereichen zu engagieren und dabei Ihre Lebensfreude zu erhalten. Typische Beispiele: Sie verreisen oder unternehmen einen Ausflug, gönnen sich ein Wellness-Wochenende, eine Massage oder Kosmetikbehandlung, gehen tanzen, zum Sport oder kaufen sich etwas Schönes.

 

Worauf Sie achten sollten: Lassen Sie sich kein schlechtes Gewissen einreden, weil es noch Krisen auf der Welt und Menschen mit Problemen gibt. Begrenzen Sie den Aufwand hier nur dahingehend, dass Sie sich finanziell und zeitlich nicht überlasten oder ewig von überfälligen Aufgaben (z. B. Jobwechsel, Partnersuche) ablenken. Warum nicht auf diesen Bereich beschränken: Sie würden immer nur um sich kreisen. Außerdem werden auf Dauer selbst die schönsten Dinge und aufregendsten Aktivitäten für sich allein öde.

 

Ihr Beruf kann in alle drei Sinnquellen fallen, etwa als Beitrag für die Allgemeinheit (z. B. durch Information), für Ihre konkreten Mitmenschen (z. B. als Mentor für Kollegen) und für sich (z. B. weil er Ihnen Freude macht). Ob Sie das so empfinden, ist Teil Ihrer Antwort. Planen Sie in Ihrem Kalender einige neue Aktivitäten aus den Sinnquellen ein, die bei Ihnen bisher wenig aktiv sind oder ganz fehlen. Vergleichen Sie nach einigen Monaten, welchen Einfluss das auf Ihre Zufriedenheit hat. Dabei geht es auch hier nicht um Perfektion, sondern um eine Annäherung an das Machbare.

 

Zur vergangenen Job-Kolumne: So erschöpft sie die Karriere nicht schon zu Beginn

 

Zum Autor: Karriere-Coach Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der „Freien Presse“, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA. www.media-dynamics.org.

 

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