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10 Praxistipps, wenn's mit dem Chefredakteur kracht

10 Praxistipps, wenn's mit dem Chefredakteur kracht Attila Albert

Selbst beim besten Arbeitgeber finden sich Medienprofis in Situationen wieder, in denen sie Grenzen setzen müssen. Das ist unangenehm oder macht sogar Angst, wenn Sie um Ihre Stelle fürchten. Mediencoach Attila Albert sagt, wie Sie Ihren Standpunkt effektiv, aber verbindlich vermitteln.

Berlin – Selbst beim besten Arbeitgeber finden sich Medienprofis in Situationen wieder, in denen sie Grenzen setzen müssen. Das ist unangenehm oder macht sogar Angst, wenn Sie um Ihre Stelle fürchten. Mediencoach Attila Albert sagt, wie Sie Ihren Standpunkt effektiv, aber verbindlich vermitteln.

 

Nicht so mehr so viele Überstunden, weniger Aufträge oder kein Gender-Deutsch in Ihren Beiträgen, wenn Sie das persönlich ablehnen: Selbst beim besten Arbeitgeber finden sich Medienprofis in Situationen wieder, in denen sie Grenzen setzen müssen. Das ist unangenehm oder macht sogar Angst, wenn Sie um Ihre Stelle fürchten. Doch wer nicht alles hinnehmen will, muss für sich einstehen. Gute Kommunikation vermittelt den eigenen Standpunkt, reduziert aber Spannungen und ermöglicht Kompromisse. Hier zehn Tipps für das Gespräch mit dem Chef, wenn es eskaliert.

 

1. Respektvoll zuhören und anerkennen

Bedanken Sie sich für die Aussagen Ihres Chefs immer zuerst höflich, unabhängig davon, was Sie denken, und fassen Sie kurz zusammen. „Wie ich Sie verstanden habe, wollen Sie ...“, „Ihnen ist es also wichtig, dass ...“ Damit stellen Sie sicher, dass alles korrekt bei Ihnen angekommen ist, und zeigen, dass Sie zugehört und verstanden haben. Das verschafft Ihnen zudem einen Moment, um über Ihre beste Reaktion nachzudenken.

 

2. Aufgeregten Tonfall vermeiden

Vermeiden Sie einen aggressiven, aufgeregten Tonfall, der als unverschämt oder aggressiv ankommen würde. Bleiben Sie immer höflich und verbindlich. Sonst würde plötzlich eher Ihr Auftreten zum disziplinarischen Thema. Vermeiden Sie ebenso ein generelles Nein zum Arbeitgeber („Mir reicht es hier“, „Am liebsten würde ich ganz gehen“). Das könnte böswillig als Arbeitsverweigerung oder gar als spontane mündliche Kündigung ausgelegt werden.

 

3. Anliegen möglichst konkret

Machen Sie klar, dass Sie kein Totalverweigerer sind. Ihnen geht es ausdrücklich nur um einen konkreten Punkt, den Sie sachlich – ohne inhaltliche Wertung – nennen sollten. Passende Formulierungen wären: „Das kommt für mich nicht in Frage“, „Da bin ich nicht dabei“, „Mit dieser Sache bin ich nicht einverstanden“. Korrigieren Sie sanft, aber beharrlich, wenn Ihr Chef eventuell daraus machen will, dass Sie „ja gegen alles“ seien.

 

4. Persönliche Erklärung kurz halten

Erklären Sie kurz und sachlich, warum Sie sich an einer bestimmten Aktivität nicht beteiligen oder einem bestimmten Wunsch nicht nachkommen werden. Lange, sehr persönliche Erklärungen sind unangemessen, würden in einer aufgeregten Situation kaum gehört und auch nicht verstanden. Ein, zwei Sätze erlauben Ihren Vorgesetzten bereits, Ihre Motive einzuordnen, und machen ihm klar, dass Sie nicht unüberlegt oder aus Trotz handeln.

 

5. Vor Überrumpelung schützen

Viele Chefs probieren es mit gespielter Ungläubigkeit („Das glaub ich jetzt nicht!“, „Hallo?“), echter Empörung („Das kann doch nicht wahr sein!“, „Sie haben Nerven!“) oder vorgeblicher Besorgtheit („Wollen Sie sich wirklich alles kaputtmachen?“). Regieren Sie nicht auf jeden gefühlsmäßigen Ausbruch, indem Sie z. B. in Ihren Stuhl sinken lassen, sich mit einem Gegenangriff verteidigen oder rechtfertigen. Bleiben Sie betont sachlich und ruhig.

 

6. Bei Angst vorher üben

Möglicherweise haben Sie bisher Angst davor, Ihrem Vorgesetzten zu widersprechen oder verlieren den Mut, kaum dass Sie den Satz angefangen haben. Üben Sie dann vorher die entsprechenden Sätze daheim: Sprechen Sie sie wiederholt laut aus oder schreien Sie sie sogar einmal heraus. Das wirkt befreiend, aktiviert Ihre Energie und sorgt dafür, dass Sie bei Bedarf nicht mehr lange nachdenken müssen. Noch besser: Mit einem Partner vorher üben.

 

7. Rechtliche Mittel prüfen

Es ist oft sinnvoll sein, die Hilfe eines Rechtsanwalts zu nutzen, um Ihre konkrete Situation bewerten zu lassen, auch wenn Sie nicht vorhaben, den Arbeitgeber zu verlassen. Eine wie nebenbei fallengelassene Bemerkung („Ich habe mich zur Sicherheit auch anwaltlich beraten lassen“) kann zeigen, dass Sie nicht hilflos und uninformiert argumentieren. Sie sollte aber nicht als Bedrohung ankommen, um die Fronten nicht zu früh zu verhärten.

 

8. Aufgewendete Zeit begrenzen

Reduzieren Sie dafür die Zeit, die Sie mit Ihrem Arbeitgeber befasst sind. Wann immer möglich, reduzieren Sie Überstunden, Einsätze und Erreichbarkeit nach Feierabend, am Wochenende und im Urlaub. Oft ist es eine mentale Hilfe, wenn Sie sich private Termine in den Kalender setzen (z. B. Sport eine Stunde nach offiziellem Dienstschluss). Dann sagt es sich leichter: „Tut mir leid, ich kann heute nicht länger bleiben. Ich habe noch einen Termin.“

 

9. Kraftquellen außerhalb des Berufs nutzen

Kraftquellen außerhalb des Berufes sind eine enorme Unterstützung, die Sie bewusst nutzen sollten. Planen Sie selbst bei größter Belastung einige feste Termine pro Woche ein, bei denen es einmal um etwas ganz anderes als die Arbeit geht. Ein Abendessen mit dem Partner, eine Joggingrunde mit einem Freund, einen Lese- oder Musikabend. Sie können schon einmal Ihre aktuellen Herausforderungen ansprechen. Konzentrieren Sie sich aber auf positive Themen und Aktivitäten. Dadurch werden Sie insgesamt zuversichtlicher.

 

10. Berufliche Alternativen schaffen

Wenn Sie intern wechseln wollen, gehen Sie das an, solange Ihre Beziehung zum Chef zumindest oberflächlich noch gut ist. Vielleicht finden Sie mit einer neutralen Erklärung („Es wird für mich Zeit, mich mal wieder zu verändern“) sogar seine Unterstützung. Ansonsten: Bewerben Sie sich so aktiv, als hätten Sie aktuell keine Arbeit. Ideal wären sechs bis zehn Bewerbungen pro Monat plus zwei bis vier Branchenkontakte pro Woche aktivieren.

 

Zur vergangenen Job-Kolumne: Wenn Veränderung heimlich boykottiert wird

 

Zum Autor: Karriere-Coach Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der „Freien Presse“, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA. www.media-dynamics.org.