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Jobkolumne: Krisen als Chance nützen

Jobkolumne: Krisen als Chance nützen Attila Albert

Schon selbst gewählte Veränderungen sind sehr anstrengend, umso mehr die ständig neuen Welt- und Branchenkrisen. Doch wie können Chancen daraus werden, ohne sich die Lage nur schönzureden? Mediencoach Attila Albert sagt, wie Sie zuversichtlich denken und konstruktiv handeln können.

Berlin – Selbst unter Medienprofis gibt es inzwischen viele, die die aktuellen Nachrichten nicht mehr ertragen können und sie daheim kaum noch einschalten. Auch auf Facebook ist es stiller geworden. Vermeidung ist ein Weg, um mit ungewollten Veränderungen umzugehen, wenn auch nur ein mäßig erfolgreicher. Ganz kann man sich den Problemen doch nicht entziehen. Wer seine frei gewordene Zeit und Aufmerksamkeit in ein sinnvolles Projekt (z. B. Job, Selbstständigkeit, Familie) umlenkt, geht bereits einen entscheidenden Schritt weiter: Er macht die Krise zu seiner Chance. Das leuchtet ein, ist aber leichter gesagt als getan.

 

Schon selbst gewählte Veränderungen können sehr anstrengend sein, etwa der Wechsel zu einem neuen Arbeitgeber, eine berufsbegleitende Weiterbildung oder auch eine erwünschte private Trennung. Umso mehr belasten Veränderungen, die man nicht gewollt hat, aber hinnehmen, gedanklich, emotional und praktisch verarbeiten musste. Dazu gehören, neben den individuellen Ereignissen, die aktuellen Herausforderungen: Coronakrise, Ukrainekrieg, gesellschaftliche Umbrüche, Inflation. Für Medienprofis zudem der Branchenwandel, den sie nach einer aktuellen Umfrage zu 60 Prozent negativ beurteilen.

 

Unterschiedliche Wege, mit Krisen umzugehen

In solch einem Umfeld zeigt sich, wie unterschiedlich Medienprofis mit Krisen umgehen. Das hat zu einem gewissen Teil natürlich mit den materiellen Möglichkeiten zu tun. Wer durch seine gut bezahlte Festanstellung, Ersparnisse oder eine Erbschaft zumindest finanziell abgesichert ist, steht objektiv besser da als ein freier Journalist, der feststellen muss, dass sich seine Auftraggeber kaum noch melden und das Guthaben auf dem Girokonto nur noch für vier Wochen reicht. Gleichzeitig ist aber die innere Einstellung – die mentale Positionierung zur Krise – ein entscheidender Faktor bei ihrer Bewältigung.

 

Spreche ich mit Coaching-Klienten, erlebe ich eine große Bandbreite an Reaktionen. Einige sind negativ: Hilflosigkeit (z. B. sich ganz den Umständen ausgeliefert fühlen und deshalb gar nichts tun), Wut (z. B. andere auf Social Media beschimpfen und sich dann über sich selbst ärgern) oder Realitätsflucht (z. B. die Nachrichten ganz meiden, nur noch an den nächsten Urlaub denken). Andere positiv: Engagement für andere (z. B. Flüchtlings- oder Nachbarschaftshilfe), Pragmatismus (z. B. die Umbruchstimmung nutzen, um eine Selbstständigkeit vorzubereiten), Reflexion (z. B. mehr über Konfliktursachen lernen).

 

Prüfen, wie hilfreich die eigene Reaktion ist

Grundsätzlich sind das alles legitime Strategien. Es steht jedem frei, auf eine Krise negativ oder positiv zu reagieren. Entsprechende Rechtfertigungen („Ich konnte gar nicht anders, das musste einfach sein“) lassen sich für alles finden. Doch es empfiehlt sich sehr zu prüfen, wie hilfreich die eigene Reaktion ist. Drei Kriterien bieten sich dafür an:

  • Hat meine Reaktion überhaupt eine Wirkung?
  • Verbessere ich damit meine Lage oder die anderer?
  • Fühle ich mich danach besser oder schlechter?

 

Wenn Sie Ihre Handlungen anhand dieser drei Kriterien prüfen, wird schnell klar, was Sie weiterbringt und was nicht. Beispiel: Sie verbeißen sich oft in hitzige Diskussionen über die Ursachen des Ukrainekrieges mit einem anderen Facebook-Nutzer, der zudem ein früherer Arbeitskollege ist. Sie müssen einräumen, dass Sie ihn nicht überzeugen können, Ihre beider Ansichten auf den Krieg keinerlei Einfluss haben, Sie dafür ihre Freundschaft beschädigen, sich über den anderen und sich selbst ärgern und danach ausgelaugt fühlen. In der Summe: Ein Verlust an Lebenszeit und Kraft mit einem negativen Ergebnis.

 

Positive Ansätze sehen – in der exakt gleichen Situation – anders aus. Sie könnten zuerst das Verbindende herausstellen. Im eben genannten Beispiel: Ihrem früheren Kollegen gegenüber aussprechen, dass Sie beide aus gutem Grund aufgebracht und besorgt sind, auch wenn Sie manche Aspekte unterschiedlich bewerten. Danach etwas Konstruktives vorschlagen. Etwa: „Wollen wir nicht mal zusammen telefonieren? Haben ja ewig nicht mehr zusammen gesprochen.“ Am Telefon reden Sie, neben dem Ukrainekrieg, auf einmal über Ihre persönliche Lage und Ihre eigenen Sorgen. Zuletzt ein positiver Schritt. Sie fühlen sich erleichtert und beschließen, sich bald einmal persönlich wiederzusehen.

 

Wirklich umdenken, um anders zu reagieren

Wer eine Krise als Chance nutzen möchte, muss wirklich umdenken, konkret: Seine generelle Einstellung zu seinen Mitmenschen ändern. Es geht nicht darum, eine objektiv schwierige Lage schönzureden oder sich dazu zu ermahnen, statt „Problem“ lieber den vermeintlich konstruktiveren Begriff „Herausforderung“ zu verwenden. Sondern: Seine manchmal durchaus schwierigen, nicht besonders liebenswerten Mitmenschen mit mehr Verständnis, Mitgefühl und Sympathie sehen zu lernen. Das betrifft Einzelne (z. B. den Chef, Kollege, Freunde, Bekannte, den Partner) ebenso wie Gruppen aller Art.

 

Dazu gehört auch, sich einzugestehen, was man wirklich empfindet. Ist es eigentlich Angst oder Wut, wenn man sich rechthaberisch hinter "Fakten" verschanzt, selbst aber kaum zuhören und verstehen will? Eigene Unsicherheit, wenn man andere öffentlich auf Twitter abkanzelt? Wer etwas Erfahrung hat, wird mit all dem sehr zurückhaltend: Das Leben bringt genug Probleme mit sich, dass man ihnen nicht noch welche hinzufügen muss. Die eigene Kraft ist so begrenzt, dass man sie besser nicht für sinnlose Konflikte vergeudet. Und man macht selbst so viele Fehler und braucht Hilfe, dass man anderen gegenüber großzügig sein sollte, weil man auf deren Großzügigkeit auch einmal angewiesen sein wird.

 

Zur vergangenen Job-Kolumne: Den Lebenstraum erfüllen

 

Zum Autor: Karriere-Coach Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der „Freien Presse“, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA. www.media-dynamics.org.