Journalistenpreise
dpa / Helge Toben

Grimme-Preis für Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kime

Roter Teppich, feine Roben, Autogrammjäger.

In Marl wurden die begehrten Fernsehpreise verliehen. WDR-Fernsehjournalistin Isabel Schayani erhielt einen Grimme-Preis für „kompetente und empathische Berichterstattung“ aus dem Flüchtlingslager Moria.

«Marl, das Hollywood Nordrhein-Westfalens“, ulkte Grimme-Preisträger Sebastian Pufpaff bei der Verleihung des begehrten Fernsehpreises am Freitagabend. Ein bisschen Glamour gab es tatsächlich: roter Teppich, feine Roben, Autogrammjäger. Ernst wurde es beim Thema Afghanistan.

 

Marl (dpa) − Carolin Kebekus, Caren Miosga und Charly Hübner haben seit Freitag außer Anfangsbuchstaben und Fernsehpräsenz eine weitere Gemeinsamkeit: Sie sind frischgebackene Grimme-Preisträger. Die begehrten Fernsehpreise wurden am Abend im Theater der westfälischen Stadt Marl im Rahmen einer Gala verliehen, unterhaltsam moderiert von Jo Schück. Wegen Corona durften nur 140 Menschen in den Saal. Im vergangenen Jahr war die Gala pandemiebedingt ausgefallen.

 

16 Produktionen und Akteure erhielten die renommierte und undotierte Auszeichnung für gutes Fernsehen. Allein 14 gingen an öffentlich-rechtliche Sender. Hinzu kamen ein Publikumspreis und ein Sonderpreis für die Tagesthemen-Moderatorin Carmen Miosga. Die Preisträger waren bereits im Mai bekannt gegeben worden. Der Grimme-Preis wurde zum 57. Mal verliehen.

 

In der Kategorie Information & Kultur wurde etwa der Dokumentarfilm „Der Ast, auf dem ich sitze“ (ZDF/3sat) der Schweizer Filmemacherin Luzia Schmid über die Auswirkungen von Steuersenkungen im schweizerischen Zug ausgezeichnet. Die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim erhielt einen Grimme-Preis für ihre Beiträge zum Thema Corona in den Sendungen „Mailab“ (funk) sowie bei „Quarks − Corona in 5 Minuten“ (WDR/funk).

 

Carolin Kebekus wurde für „Die Carolin Kebekus Show“ geehrt. Sie besteche durch eine wunderbare Mischung aus Humor und Relevanz, lobte die Jury. Kebekus selbst war sichtlich erfreut: „Das ist etwas ganz Besonderes“, sagte sie vor der Show. Charly Hübner bekam einen Preis für seine Hauptrolle in der vierteiligen Miniserie „Für immer Sommer 90“, in der es um die Konfrontation eines Millionärs mit Ereignissen in seiner ostdeutschen Heimat vor 30 Jahren geht.

 

Die „Besondere Ehrung“ des Deutschen Volkshochschul-Verbandes (DVV) als Grimme-Sonderpreis ging an die Tagesthemen-Journalistin Caren Miosga für „herausragenden Fernsehjournalismus“. Sie kläre das Fernsehpublikum versiert und kenntnisreich über Nachrichten und Hintergründe auf und mache komplexes Weltgeschehen begreifbar, lobte der Vorsitzende des Deutschen Volkshochschul-Verbands, Martin Rabanus. „Das ist ganz wunderbar für mich“, sagte Miosga vor der Verleihung. „Diesen Preis zu bekommen − ich glaube, eine größere Wertschätzung für unsere Arbeit kann ich mir gar nicht vorstellen.»

 

Als die beiden einzigen Produktionen privater Sender wurden „15 Minuten Joko & Klaas − Männerwelten“ (ProSieben) zum Thema sexuelle Belästigung und Gewalt sowie „Unorthodox“ (Netflix) ausgezeichnet. In dem Vierteiler geht es um den Ausbruch einer Jüdin aus traditionellen Zwängen.

 

Auch die aktuelle Lage in Afghanistan spielte eine Rolle: Aus Respekt vor dem afghanischen Volk schwieg das Publikum zehn Sekunden lang. Es folgte damit einer spontanen Bitte der WDR-Fernsehjournalistin Isabel Schayani in ihrer Dankesrede nach Erhalt eines Grimme-Preises. Die Journalistin rief dazu auf, auch in zwei, drei Monaten das Interesse am Schicksal des afghanischen Volkes nicht zu verlieren. Schayani erhielt einen Grimme-Preis für „kompetente und empathische Berichterstattung“ aus dem Flüchtlingslager Moria. Mit dem Vierteiler „Afghanistan. Das verwundete Land“ wurden außerdem eine Produktion zum Thema ausgezeichnet − mit dem Publikumspreis.

 

„Wir sehen in diesem bemerkenswerten Preisjahr, was das Fernsehen der Gegenwart zu leisten vermag“, sagte Grimme-Direktorin Frauke Gerlach. Dies gelte vor allem für die „Spitze“ der eingereichten Produktionen, leider nicht für die „Breite“.

 

Der Grimme-Preis zeichnet jährlich Fernsehsendungen und -leistungen aus, die als vorbildlich und modellhaft bewertet wurden. Er gilt als einer der wichtigsten Preise für Qualitätsfernsehen in Deutschland. Stifter des Preises ist der Deutsche Volkshochschul-Verband.