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Relotius hat Auswirkungen auf Nannen-Preisverleihung

Das Magazin „Stern“ verleiht den Nannen-Preis unter anderem für herausragende Reportagen. Diese Medien-Gattung ist durch die Fälschungen des Reporters Claas Relotius in die Kritik geraten. Das hat auch Folgen für den Umgang mit den preiswürdigen Arbeiten.

Hamburg (dpa) − Die Verleihung der Nannen-Preise im deutschen Journalismus bekommt in diesem Jahr ein anderes Gewicht: Als Stifter reagiert das Magazin „Stern“ nach eigenem Bekunden auf die Debatte um Glaubwürdigkeit und Transparenz in der Medienbranche und erweitert die Preisverleihung um einen „Tag des Journalismus“. Das teilten der „Stern“ und das Verlagshaus Gruner + Jahr (G+J) zu seinen Veranstaltungen am Samstag (25. Mai) in Hamburg mit. „Wir glauben,..., dass wir unsere Arbeit erklären und zeigen müssen, um dem in unserer Gesellschaft wachsenden Misstrauen und Zweifel etwas entgegenzusetzen.“

Was bisher eine Preisverleihung in Hamburg mit Rotem Teppich für prominente, geladene Gäste in gediegener Kulisse wie dem Deutschen Schauspielhaus war, hat 2019 einen anderen Anstrich bekommen. Zwar erfahren am Abend rund 400 geladene Gäste wieder, wer die beste − bereits veröffentlichte − Reportage, Dokumentation oder investigative Leistung abgeliefert beziehungsweise mit seinem Web-Projekt oder seinen Fotografien die Jury überzeugt hat. Doch zuvor können sich rund 1000 Interessierte im G+J-Verlagshaus über Herausforderungen der Medienbranche informieren. Die abendliche Preisverleihung wird in diesem Jahr im Verlagsgebäude gefeiert.

Bei den 30 Angeboten aus dem Programm während des Tages wollen unter anderem Chefredakteure überregionaler Medien − „Spiegel“, „Zeit“ und „Süddeutsche.de“ − über Konsequenzen aus dem Fälschungsfall Relotius diskutieren. Der „Spiegel“ hatte ihn im eigenen Haus im Dezember 2018 aufgedeckt und öffentlich gemacht. Der Reporter Claas Relotius hatte unter anderem Protagonisten und Szenen erfunden. Als Konsequenz auch aus anderen Fälschungsfällen in den Medien haben die Hamburger Wochenzeitung „Die Zeit“ und „Zeit Online“ Recherche-Standards und Regeln festgelegt, an die sich alle Autoren halten müssen.

Die Glaubwürdigkeitsdebatte hat auch Folgen für den Umgang mit den journalistischen Arbeiten beim Nannen-Preis: Auf Bitten der Juroren seien bestimmte Aspekte in Beiträgen, die es bis in die Endrunde schafften, von Dokumentaren überprüft worden, sagte der Leiter der Henri-Nannen-Journalistenschule und Sprecher der Nannen-Hauptjury, Andreas Wolfers, der Deutschen Presse-Agentur.

Dabei sei es unter anderem darum gegangen, ob es sich tatsächlich um einen Exklusiv-Beitrag handelte, ob es nach der Veröffentlichung rechtliche Einschränkungen wie eine Unterlassungserklärung gab oder Widersprüche zwischen den Angaben zum Rechercheweg und den Schilderungen im Text. Von 800 eingereichten Arbeiten zum Wettbewerb hatten es 35 Beiträge und 20 Bildstrecken in die Endauswahl geschafft. Es sei zeitlich nicht möglich, die Arbeiten bis in alle Einzelheiten zu überprüfen, sagte Wolfers.

Einen Einblick in ihre Arbeit wollen am Samstagnachmittag die für die Preise nominierten Journalisten gewähren und ihre Beiträge vorstellen. Am Abend wissen sie dann, ob die Jury ihre Leistungen honoriert hat.

 

Von Almut Kipp, dpa