Pressefreiheit
dpa

Opposition bringt „Zensur-Gesetz“ vor türkisches Verfassungsgericht

Das Gesetz könne zu einem der strengsten Zensur- und Selbstzensurmechanismen in der Geschichte der türkischen Republik werden.

Istanbul (dpa) − Die größte Oppositionspartei CHP wird gegen das in der vergangenen Woche vom türkischen Parlament verabschiedete „Desinformationsgesetz“ vor das Verfassungsgericht ziehen. Dieses Gesetz zerstöre die Demokratie in der Türkei, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CHP, Engin Altay, nach Angaben der Tageszeitung Cumhuriyet am Dienstag. Altay bezeichnete die neue Verordnung als „Stalin-Gesetz“. Es solle die Opposition, die Presse und die sozialen Medien zum Schweigen bringen. „Es ist ein Gesetz, das die eigenen Lügen als Wahrheit darstellt.“

 

Daher habe seine Partei vorerst die Aussetzung der Vollstreckung von Artikel 29 beantragt. Es handelt sich dabei um die umstrittenste Bestimmung eines Gesetzespaketes, für das in der vergangenen Woche die Mehrheit der türkischen Abgeordneten gestimmt hatte. Demnach drohen ein bis viereinhalb Jahre Gefängnis, wenn etwa mit dem Motiv, Beunruhigung auszulösen, „Falschinformationen“ zur inneren und äußeren Sicherheit des Landes oder der öffentlichen Ordnung verbreitet werden.

 

CHP-Chef Kemal Kilicdaroglu kündigte zudem am Dienstag an, mit seiner Partei bald auch gegen das gesamte „Desinformationsgesetz“ vor das Verfassungsgericht ziehen zu wollen.

 

Die regierende AK-Partei hält im türkischen Parlament mit ihrem Partner, der ultranationalistischen Partei MHP, eine Mehrheit − von den beiden Parteien stammt der Entwurf. Opposition und Kritiker hatten seit Wochen gegen die Vorlage mobilisiert und sie etwa als „Zensur-Gesetz“ bezeichnet. Auch für Online-Medien sieht das Gesetz neue Regeln vor. Journalistenverbände warnten, es könne zu einem der strengsten Zensur- und Selbstzensurmechanismen in der Geschichte der türkischen Republik werden.