Pressefreiheit
dpa

WDR-Chefredakteurin verurteilt „Feinde der Demokratie“

Nach einem AfD-kritischen Kommentar in den „Tagesthemen“ hatte der WDR-Journalist und Leiter der „Monitor“-Redaktion, Georg Restle, eine Morddrohung per Brief erhalten.

Köln (dpa) - Nach der Morddrohung gegen einen WDR-Journalisten hat die Chefredakteurin des Senders, Ellen Ehni, zu mehr Gesprächsbereitschaft aufgerufen. „Wir erleben im Moment eine Polarisierung der Gesellschaft, die es immer schwieriger macht, dass die Menschen sachlich miteinander diskutieren. Wir erleben Hass und im schlimmsten Fall sogar körperliche Angriffe“, sagte Ehni, die beim Westdeutschen Rundfunk den Programmbereich Politik und Zeitgeschehen verantwortet, der Deutschen Presse-Agentur. Man müsse stattdessen innehalten und sich Argumente von beiden Seiten anhören: „Die Welt ist nicht schwarz-weiß. Die Welt hat sehr viele Grautöne.“

Nach einem AfD-kritischen Kommentar in den „Tagesthemen“ hatte der WDR-Journalist und Leiter der „Monitor“-Redaktion, Georg Restle, eine Morddrohung per Brief erhalten. Der Verfasser erwähnte darin auch den mutmaßlich rechtsextremistischen motivierten Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Der WDR hatte nach der Morddrohung Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt.

Ehni beobachtet eine Zunahme rechter Angriffe gegenüber Journalisten − auch im WDR gab es zuletzt mehrere Fälle: Im sächsischen Chemnitz wurden „Monitor“-Reporter des Kölner Senders angegriffen, im Ruhrgebiet erhielt ein über Rechtsextremismus berichtender Journalist des Senders einen Brief mit weißem Pulver. „Das ist eine neue Qualität. Das dürfen wir niemals akzeptieren. Wir müssen tatsächlich alles daran setzen, weiter mutig zu bleiben, zu unserer Meinung zu stehen und nicht klein beizugeben“, sagte die 46-Jährige.

Neben generellen Sicherheitstrainings werden WDR-Journalisten mittlerweile auch verstärkt darin geschult, angemessen auf Hass im Netz zu reagieren. Bei besonders riskanten Reportereinsätzen müsse außerdem im Einzelfall geprüft werden, ob die Sicherheit der Mitarbeiter vor Ort ausreichend gewährleistet sei, sagte die Chefredakteurin.

„Wir haben Meinungs- und Pressefreiheit in diesem Land. Das ist ein hohes Gut“, so Ehni. „Jeder, der versucht, Kolleginnen oder Kollegen einzuschüchtern oder ihre journalistische Arbeit zu behindern, greift dieses Gut an und ist damit ein Feind der Demokratie.“ Mit der Anzeige wolle der WDR den eigenen Mitarbeitern den Rücken stärken und sie ermutigen, kritisch und meinungsstark zu bleiben.

Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) hat unterdessen nach einem Angriff auf den Wagen eines Kamerateams in Berlin am Dienstag Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt. Das rbb-Team hatte in der für Hausbesetzungen bekannten Rigaer Straße den CDU-Politiker Burkard Dregger für die „Abendschau“ interviewt und war dabei von Unbekannten mit Orangen beworfen worden. Anschließend wurde der rbb-Wagen von zwei vermummten Personen mit Lackfarbe besprüht. „Wir werden diesen Vorfall nicht auf sich beruhen lassen, denn es geht eindeutig darum, freie Berichterstattung zu behindern und Journalistinnen und Journalisten sowie Gesprächspartner einzuschüchtern,“ sagte Gabriele von Moltke, Leiterin der „Abendschau“. Die Polizei bestätigte am Abend den Eingang der Anzeige. Der Polizeiliche Staatsschutz ermittelt. In der Rigaer Straße hatte es in der Vergangenheit wiederholt Zusammenstößen der Polizei mit Linksautonomen gegeben.