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Hartmut Ostrowski hinterlässt Bertelsmann als geordnetes Haus

Mit enormen Kräften hat Sanierer Ostrowski den Bertelsmann-Konzern umgebaut. Diese Herkules-Aufgabe hat ihn viel Energie gekostet.

Gütersloh (dpa) - An der Spitze von Europas größtem Medienhaus hat Hartmut Ostrowski Außerordentliches vollbracht. "Nie zuvor waren unsere Geschäfte so profitabel", sagte der 53-Jährige noch vor kurzem nicht ohne Stolz. Der bedächtige Ostwestfale hat den Konzern, in dem er schon mehr als die Hälfte seines Lebens arbeitet, aus der tiefsten Krise der Nachkriegszeit geholt und konsequent saniert.

Doch das ging zu Lasten der eigenen Kräfte. Ostrowski möchte im Gegensatz zu manch anderem Manager offensichtlich rechtzeitig die Reißleine ziehen. In Unternehmenskreisen hieß es, er selbst sehe sich nicht im Besitz der nötigen Energie für eine zweite Amtszeit. Für die Verlängerung des Vertrages steht er nicht mehr zur Verfügung. Obwohl der Vorstandschef noch vor kurzem sagte: "Es macht mir Spaß, hier zu arbeiten."

Nachfolger Thomas Rabe, dem immer mal wieder Wechsel-Ambitionen zu anderen Unternehmen nachgesagt wurden, erbt jetzt in Gütersloh ein geordnetes Haus. Das kränkelnde Buchclub-Geschäft - einst das Herz des Unternehmens - ist zum größten Teil abgewickelt. Das Musikrechtegeschäft - Rabes Lieblingskind - wächst in atemberaubendem Tempo. In Gütersloh klingelt die Kasse, wenn eine Kaffee-Werbung die Musik von Cat Stevens benutzt oder ein Radio einen Hit von Duran Duran spielt. Die wichtigste Cash Cow - der Unterhaltungskonzern RTL Group - brummt. Auch die anderen Sparten entwickeln sich prächtig.

Bertelsmann schwimmt also im Geld. Eine Milliarde Euro liegen in der Kasse für Firmenkäufe. In gewisser Weise könnte das aber auch ein Problem werden. Denn Bertelsmann will wachsen, findet aber nur wenige größere Übernahmekandidaten, die ins Konzept passen. Beispiel RTL Group: Der Fernsehgigant ist zumindest in Europa weitgehend an seine natürlichen Grenzen gelangt. Weitere große Sender stehen entweder nicht zum Verkauf oder sind nicht ihren Kaufpreis wert - oder kartellrechtliche Tabus stehen einem Deal entgegen. Ähnlich verzwickt sieht es mit dem Musikrechtekataloge des britischen Labels EMI aus.

Europas größter Medienkonzern hat bereits begonnen, wieder auf langsames Wachstum zu setzen. Die Global Player aus Gütersloh investieren in Asien und digitale Branchen, schielen auf das Geschäft mit der Erwachsenenbildung und bauen ihre Fernsehsenderfamilien aus, wo es geht. Hartmut Ostrowski hat mit seinem Sanierungskurs Bertelsmann gesundgeschrumpft, Thomas Rabe muss das Unternehmen wieder wachsen lassen.