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EuGH-Gutachter stärkt Politiker Beck im Streit mit "Spiegel Online"

Die von dem Online-Portal verlinkten Artikel des Politikers fielen nicht unter die Ausnahmen des EU-Urheberrechts, befand der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof, Maciej Szpunar.

Luxemburg (dpa) − Im jahrelangen Streit zwischen dem Grünen-Politiker Volker Beck und „Spiegel Online“ über die Veröffentlichung eines umstrittenen früheren Buchbeitrags hat ein wichtiger Gutachter Beck den Rücken gestärkt. Die von dem Online-Portal verlinkten Artikel des Politikers fielen nicht unter die Ausnahmen des EU-Urheberrechts, befand der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH), Maciej Szpunar, am Donnerstag in Luxemburg (Rechtssache C-516/17).

Beck, der von 1994 bis 2017 für die Grünen im Bundestag saß, hatte in einem Text aus den 1980er Jahren die teilweise Entkriminalisierung von gewaltfreiem Sex mit Kindern angeregt. Von dem Text distanziert er sich heute. Dem Herausgeber eines Sammelbands wirft er seit damals vor, durch eigenmächtige Änderungen am Manuskript den Sinn verfälscht zu haben. Laut EuGH veränderte der Herausgeber den Titel und kürzte einen Satz im Text. Als 2013 das Original-Manuskript auftauchte, veröffentlichte Beck beide Versionen auf seiner Homepage und gab sie an Medien weiter.

Der „Spiegel“ kam in einem kritischen Bericht zu der Einschätzung, dass es so gut wie keine Unterschiede zwischen beiden Versionen gebe. „Spiegel Online“ stellte beide Fassungen in voller Länge ins Netz − ohne Becks Einverständnis. Außerdem fehlte sein Hinweis quer über jede Seite: „Ich distanziere mich von diesem Beitrag.“ Beck sieht in der Veröffentlichung der Texte eine Verletzung seines Urheberrechts und klagte dagegen. Der Bundesgerichtshof hatte das Verfahren 2017 ausgesetzt und sich mit mehreren Fragen an den EuGH gewandt.

Gutachter Szpunar befand nun, dass in dem Fall keine der Ausnahmen des EU-Urheberrechts anwendbar sei, die der Bundesgerichtshof in Betracht gezogen habe. So falle etwa „die Benutzung eines literarischen Werks“ bei der Berichterstattung über tagesaktuelle Ereignisse nicht darunter, wenn dies die Lektüre des gesamten oder eines Teils des Werks erfordere. Die Ausnahme für Zitate umfasse außerdem nicht solche Fälle, in denen ein ganzes Werk ohne Zustimmung des Urhebers als Datei auf eine Internetseite hochgeladen werde.

Szpunar weist zudem daraufhin, dass die in der EU-Grundrechtecharta verankerte Meinungs- und Pressefreiheit keine weiteren Ausnahmen rechtfertige. Dies gelte auch, wenn der Autor des fraglichen Werks „ein öffentliches Amt ausübe und wenn dieses Werk seine Überzeugungen in Bezug auf Fragen von allgemeinem Interesse offenbart“.

Die Einschätzung des Gutachters ist für die EuGH-Richter nicht bindend, häufig folgen sie ihr aber. Ein Urteil dürfte in den kommenden Monaten fallen.