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Sadomaso-Sex und ein altes Manuskript

Sadomaso-Sex und ein altes Manuskript Presserechtler Gero Himmelsbach

Presserechtler Gero Himmelsbach stellt zwei wichtige Urteile des Jahres 2020 vor, die für die Praxis besondere Bedeutung haben.

Frankfurt – Ein Rechtsanwalt gerät wegen SM-Sex mit einer 14-Jährigen in die Öffentlichkeit, einen Grünen-Politiker holt seine Vergangenheit ein: Presserechtler Gero Himmelsbach stellt für das „medium magazin“ zwei wichtige Urteile des Jahres 2020 vor, die für die Praxis besondere Bedeutung haben.

 

1. Verdachtsberichterstattung und Namensnennung

Rechtsanwalt, Politiker, sexueller Missbrauch Jugendlicher – das sind Zutaten für eine spannende Geschichte. Mit dem „Bild“-Beitrag „X soll 14-Jährige für SM-Sex bezahlt haben“ beschäftigte sich der BGH.

Das Urteil: Für eine zulässige Verdachtsberichterstattung ist von dem Betroffenen eine Stellungnahme einzuholen. Dem Betroffenen muss konkret mitgeteilt werden, was ihm vorgeworfen wird. Eine Namensnennung ist möglich – vor allem dann, wenn es sich um einen Rechtsanwalt als „Organ der Rechtspflege“ handelt, der zugleich Kommunalpolitiker ist und sich des Jugendmissbrauchs strafbar gemacht hat. Ein Foto hat jedoch eine erhebliche Prangerwirkung und ist unzulässig.

 

2. Verhältnis von Pressefreiheit und Urheberrecht

Der „Spiegel“ titelte: „Grüne: Volker Beck täuscht die Öffentlichkeit über Pädophilie-Text“. Volker Beck sah in der Veröffentlichung eine Verletzung seines Urheberrechts. Das Verfahren ging bis zum Europäischen Gerichtshof.

Das Urteil:  Bei einer Diskussion, ob ein Manuskript verfälschend veröffentlicht wurde, darf das Medium das vollständige Manuskript online zur Verfügung stellen. Die Diskussion um den Grad der Verfälschung ist das  Tagesereignis gemäß § 50 UrhG – vor allem dann, wenn das Manuskript im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Veröffentlichung aufgefunden wurde. Aber Vorsicht: Die Veröffentlichung des Manuskripts ist nur zulässig, solange die Diskussion darüber tagesaktuell ist. Ist das nicht mehr der Fall, muss die Datei gelöscht werden. Denkbar ist zwar auch ein zeitlich unbefristetes Zitatprivileg. Der BGH lässt das aber offen.

 

Die Anlassfälle und die Urteile im Detail beschrieben lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des „medium magazins“.

 

Weitere Themen in der aktuellen Ausgabe des „medium magazins“:

  • Was verändert die Welt nun mehr: Corona oder der Quantencomputer? Was Mai Thi Nguyen-Kim über den Journalismus in der Pandemie und aus diesem Jahr mitnimmt für ihre künftige Arbeit und warum sie als „Journalistin des Jahres“ ausgezeichnet wurde. Außerdem: Wer im Journalismus 2020 sonst noch außergewöhnliche Arbeit geleistet hat und sich somit einen Platz in der Ehrenliste verdient hat.
  • Von Drecksarbeit lässt es sich leben. Michael Billig wühlt seit Jahren im Müll anderer Leute. Nicht als Paparazzo, sondern als Investigativreporter. Über einen Journalisten mit außergewöhnlicher Nische.
  • „Wir Datenjournalistinnen können Transparenz bieten“
  • Wie das Interaktiv-Team der Funke-Mediengruppe mit seinem „Coronavirus-Monitor“ einen internationalen Erfolg landete.
  • Die Gefahr der falschen Neutralität. Trump ist abgewählt, die Fake-Mythen bleiben. Welche Konsequenzen sollte der seriöse Journalismus daraus ziehen? Vier Vorschläge von Medienprofessor Bernhard Pörksen. 
  • Was Lokalredaktionen 2021 unbedingt tun sollten. Und wie das gelingt, ohne dass viel Geld fließen muss, verrät Innovationsspezialistin Astrid Csuraji.
  • Sag mir Deine Meinung. Und ich sage dir, wer du bist: Was Umfragen im Superwahljahr 2021 wollen und können sollten.
  • Schaltet das Licht ein! Über die Notwendigkeit konstruktiver Recherche in finsteren Zeiten.
  • Aminata Belli, die empathische Hinterfragerin. Warum sie Journalistin geworden ist, wer ihre Medienlieblinge sind und worauf die NDR-Moderatorin stolz ist – alles darüber in unserem Fragebogen.
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