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dpa - Deutsche Presseagentur GmbH

Panda-TV statt Politik: „Nihao Deutschland“ zeigt Deutschen China

Die Produzenten von „Nihao Deutschland“ wollen mit ihrer Sendung die deutsch-chinesische Freundschaft verbessern. Dafür arbeiten sie mit Chinas staatlicher Nachrichtenagentur zusammen. Von Propaganda will aber niemand etwas wissen.

Karlsruhe/Hürth (dpa) − Fetzige Musik, eindrucksvolle Luftaufnahmen, imponierende Fakten − gleich zu Beginn von „Nihao Deutschland“ soll eins klar sein: China sei die „dynamischste Ökonomie der Welt“, sagt eine Sprecherin aus dem Off. Im knapp zweiminütigen Vorspann redet sie von modernen Skylines, Hochgeschwindigkeitszügen und einer digitalen Revolution. Bilder von Smartphones und Virtual Reality werden eingeblendet. Die neue halbstündige Fernsehsendung läuft zu unterschiedlichen Zeiten bei mehreren kleinen Ballungsraum-Sendern. Sie kommt von Chinas staatlicher Nachrichtenagentur Xinhua, koproduziert wird sie von der Deutschen Fernsehnachrichten-Agentur (DFA). „Nihao“ heißt auf Chinesisch unter anderem einfach „Hallo“.


Man wolle faszinierende Geschichten von Chinesen in Deutschland und Deutschen in China vorstellen, sagt Moderator Marco Ammer. In dieser Folge ist das Berliner Rapper-Duo „Feichang Fresh“ zu Gast.

Arseny Knaifel und Jacques-Willi Wecke, so die Namen der beiden Musiker, bleiben aber nur für wenige Sekunden, bevor Ammer erst einmal mit harten Fakten um sich wirft: „Deutschland ist einer der wichtigsten Handelspartner für China.“ Das jährliche Handelsvolumen betrage mehr als 150 Milliarden Euro.

 

Gerade sind erst drei Minuten und 15 Sekunden vergangen. Es folgt die Vorstellung einer chinesischen Firma mit Sitz in Bad Soden-Salmünster in der Nähe von Frankfurt/Main.

 

Kein Investigativjournalismus, keine Politikthemen. Man wolle stattdessen eine schöne, harmonische Sendung produzieren. „Bis auf den Handel wissen wir so wenig voneinander“, sagt der Produzent des Formats, Ollie Weiberg, von der DFA. Gemeinsam mit rund 15 Mitarbeitern stellt er die Beiträge von regionalen Partnern zusammen.

 

Was er nicht anspricht: Wirtschaftsthemen stehen stark im Vordergrund. Das Format läuft seit März auf sechs regionalen Fernsehsendern wie Rhein-Main-TV (Hessen), Hamburg 1, TV.Berlin oder BW Family TV (Baden-Württemberg) zu unterschiedlichen Zeiten.

 

Staatliche Einflussnahme seitens China? So etwas weist Weiberg zurück. „Ich habe noch nicht eine einzige Themenvorgabe von Xinhua bekommen und rechne auch künftig nicht damit“, betont der Produzent. Das Gegenteil sei der Fall: Die chinesische Nachrichtenagentur finde die Beiträge oft interessant und übernehme sie.

 

Wohl aber habe es in der Vergangenheit Hinweise auf Veranstaltungen gegeben, unter anderem die Ankunft der beiden Pandabären „Träumchen“ und „Schätzchen“ im Berliner Zoo Ende Juni. Auch im finanziellen Bereich operiere die DFA ganz unabhängig von Xinhua. Die Nachrichtenagentur äußerte sich auf Anfrage nicht.

 

Wozu aber dient dann die Zusammenarbeit? „Wenn man gutes Material aus China haben möchte, muss man mit Xinhua reden“, betont Weiberg. Man habe einen wechselseitigen Zugriff auf die Bild- und Videodatenbank des anderen und könne schneller Drehgenehmigungen in China einholen.

Die Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK) sieht keinen Grund für eine Beanstandung. „Wir haben die Sendung untersucht, allerdings ist uns nichts Verdächtiges aufgefallen“, sagt der stellvertretene Präsident der LFK, Ingo Nave. Man sei sich bewusst, dass die Sendung eine chinafreundliche Art der Berichterstattung habe. Im Gegensatz zu „Russia Today“ gebe es aber keine extrem einseitige Darstellung von Ereignissen.

 

Einem Sprecher der LFK zufolge gibt es auch Sender aus fremden Ländern, die über Kabel oder Satellit empfangbar sind. Nachdem der Europarat diese genehmigt hat, können sie zunächst ungeachtet ihrer Inhalte ihr Programm ausstrahlen. Im Falle von „Nihao Deutschland“ stehe aber mit den DFA ein deutscher Produzent hinter dem Format.

 

Dass sich ein Staat möglichst positiv darstellen möchte, ist Nave zufolge nichts Ungewöhnliches. Erst bei einer maßgeblichen wirtschaftlichen Abhängigkeit oder einer starken Einflussnahme auf die redaktionelle Verantwortung würde die LFK einschreiten. Im schlimmsten Fall drohe der Lizenzentzug. Den Zuschauern scheint die Sendung zu gefallen, die DFA produziert bereits die zweite Staffel in Berlin. Die erste Staffel wurde noch in Hürth bei Köln, dem Sitz der DFA, erarbeitet. Genaue Einschaltquoten werden nicht kommuniziert.

 

Weitere Themen der Folge sind die Zollbestimmungen zwischen den beiden Ländern, ein Porträt über den Ballettdirektor Xin Peng Wang und Shirley Zhao, eine Galeristin aus Shanghai. Kurz vor Ende der Sendung möchte Moderator Ammer noch wissen, wie die beiden Rapper dazu gekommen sind, chinesisch zu lernen. Rapper Arseny Knaifel erinnert sich noch gut, wie ihm seine Mutter vorschlug: „Du, ich habe gehört, in China soll die Wirtschaft boomen.»