Unternehmen
dpa

Facebook unter Druck nach Skandal um Cambridge Analytica

Über Facebook tobt nach dem Skandal um die Datenanalyse-Firma Cambridge Analytica ein Sturm. Gründer und Chef Mark Zuckerberg schweigt bisher. Investoren stießen schon mal die Aktien des Online-Netzwerks ab.

London/Menlo Park (dpa) − Facebook schlittert in eine schwere Krise nach dem Skandal um den massiven Missbrauch von Nutzer-Informationen durch die Datenanalyse-Firma des Wahlkampfteams von Donald Trump. Rufe nach mehr staatlicher Aufsicht über Online-Plattformen werden lauter. Die US-Aufsichtsbehörde FTC habe Ermittlungen zu dem Fall eigeleitet, berichtete der Finanzdienst Bloomberg. Sollte sie eine Verletzung der Datenschutz-Regeln feststellen, kann sie hohe Strafen verhängen.

Die Facebook-Aktie fiel bereits am Montag um rund sieben Prozent, und das löschte über 35 Milliarden Dollar Börsenwert aus. Am Dienstag geriet das Papier nach dem Bericht über die FTC-Ermittlungen erneut unter Druck.

Gründer und Chef Mark Zuckerberg und seine rechte Hand Sheryl Sandberg würden sich erst zu dem Fall äußern, wenn interne Untersuchungen abgeschlossen seien, berichtete Bloomberg.

Am Wochenende war bekannt geworden, dass die Datenanalyse-Firma Cambridge Analytica illegal an einige Informationen von bis zu 50 Millionen Facebook-Nutzern gekommen war. Um sie zu sammeln, hatte ein Professor eine Umfrage zu Persönlichkeits-Merkmalen aufgesetzt, die bei Facebook als wissenschaftliche Forschung angemeldet wurde. Die Daten gingen dann ohne Wissen der Nutzer an Cambridge Analytica. Facebook sperrte die Analyse-Firma aus, weil sie die unrechtmäßig erhaltenen Nutzerdaten entgegen früheren Zusicherungen nicht gelöscht habe. Allerdings zeigen sich Politiker entsetzt, dass es für Cambridge Analytica überhaupt möglich war, leicht nicht nur an Informationen der Nutzer zu kommen, die sich an der Umfrage beteiligt hatten, sondern auch von deren Freunden.

Die britische Datenschutzbehörde beantragte einen Durchsuchungsbefehl für die Londoner Zentrale von Cambridge Analytica. Die Firma habe innerhalb einer gesetzten Frist nicht auf eine Anfrage reagiert, so dass die Behörde nun gerichtlich versuche, auf den Systemen der Beratungsfirma Beweise zu sichern, wie das Information Commissioner's Office (ICO) britischen Medien zufolge mitteilte. Facebook habe eine eigene Untersuchung bei der britischen Firma, zu der Berichten zufolge Facebook-Analysten nach London gereist waren, auf Wunsch der Behörde abgebrochen. Der Vorsitzende des britschen Parlamentsausschusses für Digitales und Medien, Damian Collins, forderte Zuckerberg auf, sich Fragen von Abgeordneten zu stellen.

Derweil mahnte der europäische Datenschutzbeauftragte Giovanni Buttarelli grenzübegreifende Lösungen im Umgang mit Internet-Giganten an. „Gesetze sind national, Daten sind es nicht“, sagte Buttarelli am Dienstag in Brüssel. Deshalb müssten auch internationale Lösungen gefunden werden. Dieser Fall sei nur die Spitze des Eisberg, sagte Buttarelli. Er zeige, wie Daten zur Manipulation genutzt werden könnten. „Das Problem ist real und riesig.»

Cambridge Analytica geriet weiter unter Druck, nachdem ihr Chef vor versteckter Kamera mit Erpressungsversuchen von Wahlkandidaten geprahlt haben soll. Ein Reporter des britischen Senders Channel 4 hatte sich für den Vertreter eines potenziellen reichen Kunden ausgegeben, der für den Erfolg mehrerer Kandidaten bei einer Wahl in Sri Lanka sorgen wolle. Cambridge Analytica wurde bekannt als die Firma, deren Datenauswertung Donald Trump zum Sieg bei der US-Präsidentenwahl 2016 verholfen haben soll.

Der Undercover-Reporter traf sich mit Cambridge-Analytica-Chef Alexander Nix und anderen Top-Managern mehrfach in Londoner Hotels von November 2017 bis Januar 2018. An einer Stelle antwortete Nix dem Channel-4-Bericht zufolge auf die Frage nach der Möglichkeit, negative Informationen über politische Opponenten zu beschaffen, seine Firma könne „Mädchen zum Haus des Kandidaten schicken“. Ukrainerinnen seien „sehr schön, ich finde, das funktioniert sehr gut“. Eine weitere Vorgehensweise sei, einem Kandidaten viel Geld für seinen Wahlkampf anzubieten, zum Beispiel mit Land als Gegenleistung − und das ganze auf Video aufzunehmen und später zu veröffentlichen.

Cambridge Analytica erklärte am späten Montag, der Bericht sei irreführend zusammengeschnitten, die Darstellung entspreche nicht der Vorgehensweise der Firma und versuche, den Spieß umzudrehen: Man führe routinemäßig Unterhaltungen mit potenziellen Kunden, um bei ihnen mögliche unethische oder illegale Absichten aufzudecken. Nix erklärte dem „Wall Street Journal“, er habe lediglich in der Konversation „mitgespielt“ und bereue das.

Bei Facebook rumort es unterdessen. Die „New York Times“ berichtete, dass der in Fachkreisen angesehene Sicherheitschef Alex Stamos Facebook verlassen wolle. Er habe sich dafür eingesetzt, offener über die russische Einmischung in den US-Präsidentenwahlkampf 2016 zu informieren, sei aber von anderen Managern abgebügelt worden, schrieb die Zeitung. Stamos habe bereits im Sommer 2016 erste Untersuchungen eingeleitet und zum November klare Hinweise auf die Einmischung aus Russland gehabt. Die Firmenführung habe jedoch damit gezögert, die Informationen öffentlich zu machen. Erst nach Untersuchungen im US-Kongress räumte das Online-Netzwerk schrittweise ein, dass 150 Millionen Nutzer von Facebook und Instagram mit politischer Propaganda aus Russland in Berührung gekommen sein dürften.