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dpa

Bundespräsident mahnt: „Journalismus ist lebenswichtig“

Zum Abschied des scheidenden ZDF-Intendanten Bellut schlägt Bundespräsident Steinmeier mahnende Töne in Sachen Pressefreiheit an. Auch zum russischen Krieg gegen die Ukraine findet er erneut deutliche Worte.

Mainz (dpa) − Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat bei der feierlichen Verabschiedung von ZDF-Intendant Thomas Bellut ein eindringliches Plädoyer für Journalismus und Pressefreiheit gehalten. Mit Blick auf die jüngsten, drastischen Einschränkungen für Medien in Russland wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine, sagte das deutsche Staatsoberhaupt am Donnerstag in Mainz, dass Pressefreiheit sei ein hart erkämpfter und immer noch umkämpfter Wert sei. „Ohne sie können Demokratien nicht überleben, mit ihr können Autokratien auf Dauer nicht überleben.“

 

Journalismus sei oft lebensgefährlich, so Steinmeier. „Aber Journalismus ist eben auch überlebenswichtig, und zwar für uns alle, für die liberale Demokratie. Deshalb danke ich Ihnen für Ihre mutige Arbeit.“

 

Im Zuge des Angriffskrieg gegen die Ukraine hatte das russische Parlament Gesetze erlassen, mit denen nun die Verbreitung angeblicher Falschinformationen über die russischen Streitkräfte mit hohen Geldbußen und bis zu 15 Jahren Haft bestraft werden kann. Zahlreiche ausländische Medien haben daraufhin vorerst ihre Korrespondenten aus Russland abgezogen.

 

Begriffe wie „Krieg“, „Invasion“ oder „Angriff“ seien seither in Russland verboten, sagte Steinmeier und fügte hinzu: „Wer das Licht der Information aussperren muss, der braucht offenbar Finsternis für das, was er tut. Berichterstattung zu verbieten, ist aus meiner Sicht ein Zeichen von Schwäche.“ Dies Gesetze und die damit verbundenen Drohungen seien ein ganz tiefer Einschnitt.

 

Steinmeier betonte: „Russland führt einen brutalen, menschenverachtenden Angriffskrieg gegen die Ukraine und die russische Bevölkerung soll nichts davon erfahren.“ Es sei der Krieg einer politischen Führung in Moskau gegen ein Volk, das eben noch ein Brudervolk gewesen sei. „Und er stützt sich auf Lüge, Propaganda, absurde Geschichtsklitterung und eine eiskalte Zensurmaschine.“ Wer in Russland für die Wahrheit kämpfe, verdiene Respekt und Unterstützung.

 

Es brauche nun eine kluge Diskussion darüber, wie mit den Gefahren von Fake News, Verschwörungstheorien, Desinformation, aber auch mit der Gefahr russischer Propaganda umgegangen werde, sagte das deutsche Staatsoberhaupt. Für die Pressefreiheit brauche es ein komplexes Netz von Bedingungen, das sie schütze.

 

Steinmeier würdigte auch die Arbeit der Berichterstatter aus den Kriegsgebieten. Sie riskierten ihr Leben, damit die Opfer des Krieges gesehen und nicht vergessen würden. „Das Smartphone ist heute oftmals Davids Steinschleuder gegen Goliaths Zensurmaschine. Der Mut von Journalistinnen und Journalisten ist die Steinschleuder gegen Unterdrückung und Propaganda.“

 

Auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hob hervor, dass Desinformation und Fake News eine Bedrohung für die Demokratie seien. Deshalb ist für mich Medienpolitik auch, vor allem und immer Demokratiepolitik.“ Das ZDF sei mit verlässlichen Angeboten und Informationen im Netz gut aufgestellt. Das sei für den scheidenden Intendanten Bellut immer ein wichtiger Punkt gewesen, sagte Dreyer.

 

Bellut wurde nach zehn Jahren als Intendant des Zweiten Deutschen Fernsehens vor rund 200 geladenen Gästen verabschiedet. Ob als Journalist, Programmmacher oder Medienmanager: Thomas Bellut hat das ZDF in vielen Rollen mitgeprägt.

 

Der in Osnabrück geborene Bellut hatte in den 1980er Jahren zunächst eine journalistische Laufbahn eingeschlagen, nach seinem Studium arbeitete er für die „Westfälischen Nachrichten“ in Münster. 1984 kam er zum Fernsehen und absolvierte ein Volontariat beim ZDF.

 

Später leitete er diverse ZDF-Redaktionen und war für Sondersendungen im Bereich Innenpolitik zuständig, bevor er 1997 Leiter der ZDF-Hauptredaktion „Innenpolitik“ wurde. In dieser Zeit war er auch regelmäßig als Moderator im ZDF zu sehen. 2002 wechselte er hinter die Kamera und wurde Programmdirektor. In dieser Zeit schob er Erfolgsformate wie „Der Bergdoktor“ oder die Nachrichtensatire „heute-show“ an. 2012 wurde er zum Intendanten gewählt.

 

Als Chef des ZDF hatte Bellut, der von Wegbegleitern als ruhig und ausgeglichen beschrieben wird, einige schwierige Entscheidungen zu fällen. So musste er Hunderte Stellen bei dem Sender einsparen. Auch das zwischenzeitliche Aus für das einstige Flaggschiff „Wetten, dass..?“ fiel in seine Ägide. Zuletzt erlebte die Sendung ein Revival mit guten Quoten, weshalb nun zumindest in diesem Jahr und 2023 noch jeweils eine weitere Show folgen soll. Insgesamt hatte das ZDF mit seinem Hauptprogramm in den letzten Jahren die höchsten Marktanteile unter den TV-Sendern in Deutschland.

 

Der neue Intendant Norbert Himmler (51) hat eine ähnliche Karriere wie Bellut hingelegt. Er wurde vom Volontär zum Programmdirektor und nun zum Intendanten − er wird der insgesamt sechste in der ZDF-Geschichte sein. Himmler wurde im Juli 2021 vom ZDF-Fernsehrat gewählt. Seine Gegenkandidatin Tina Hassel hatte sich nach zwei Wahlgängen, in denen keiner der beiden auf die erforderliche Mehrheit gekommen war, zurückgezogen. Offiziell übernimmt Himmler kommenden Dienstag (15.3.) den Intendantenposten.