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Neuer „Bild“-Chefredakteur Boie räumt ein: Kritik muss angemessen geübt werden

Neuer „Bild“-Chefredakteur Boie räumt ein: Kritik muss angemessen geübt werden Johannes Boie

Nach dem hitzigen Medien-Comeback von Ex-„Bild“-Chef Julian Reichelt stimmt sein Nachfolger versöhnliche Worte an. „Wir alle müssen gegen die Spaltung wirken“, kommentiert Johannes Boie zur Corona-Lage – und nimmt dabei explizit auch „Bild“ nicht aus. Stefan Niggemeier empfindet Boies Aussagen als „blanken Hohn“.

Berlin – Übermedien-Gründer Stefan Niggemeier hat zuletzt schwere Vorwürfe gegen „Bild“ erhoben: Der journalistische Kurs der Axel Springer-Zeitung habe auch dazu beigetragen, dass die Corona-Lage jetzt noch schlimmer sei, als sie sein müsste, schrieb Niggemeier in einem viel beachteten Beitrag.

 

Niggemeier nun wieder über die „Bild-Zeitung“: „Es ist blanker Hohn, wenn der @Bild-Chefredakteur jetzt von 'Zusammenhalt' spricht und 'Respekt voreinander' fordert. Und es nicht mal schafft, zu sagen, ob die Hetzschlagzeile gegen Wissenschaftler am Samstag nun 'angemessen' war oder nicht“, schreibt Niggemeier auf Twitter.

 

Niggemeier spielt damit auf den aktuellen „Bild“-Kommentar von Chefredakteur Johannes Boie (Das Land zusammenhalten) an. Boie schreibt darin: „Wir alle müssen gegen die Spaltung wirken, egal ob Mann oder Frau, jung oder alt, reich oder arm, berühmt oder unbekannt. Wir gehören zusammen“ – und gibt Tipps, wie es im Alltag gelingen kann: u. a. „Verständnis von uns allen – für uns alle“, „Respekt voreinander“, „Klarnamen-Pflicht im Netz“, „Keine Regeln, die spalten“, „Regeln für soziale Medien“.

 

Vor allem Boies Punkt „Angemessene Kritik üben und aushalten“ sorgt in der Medienszene für Diskussionen:

„Ohne Diskussion – keine Demokratie, keine Freiheit, kein Fortschritt. Wer dieses Land regiert, verändert, über das Leben der Menschen bestimmt, muss Kritik aushalten. Gerade auch von Journalisten. Umgekehrt muss Kritik angemessen geübt werden. Das gilt ausdrücklich auch für ,Bild‘.“

 

Medienjournalist Daniel Bouhs fragt sich, ob das ein „Eingeständis“ des neuen „Bild“-Chefredakteurs sei. „Wenn sich Johannes Boie damit im eigenen Haus durchsetzen würde, wäre jedenfalls schon etwas gewonnen“, meint Bouhs auf Twitter.

 

In seinen „Bild“-Kommentar betont Johannes Boie auch, es sei keine Schande, wenn ein Politiker sage: „Ich weiß es nicht“. Es sei aber unverständlich, wenn Politiker etwas versprechen würden („Keine Impfpflicht“, „nächstes Jahr ist alles vorbei“), und es dann genau anders komme.

 

Julian Reichelt, der Vorgänger von Boie auf dem „Bild“-Chefsessel, hat zu diesem Thema vor ein paar Tagen einen ganz anderen Ton angeschlagen: So ist die Impfpflicht, die nun kommen solle, für Reichelt gar „der größte politische Wortbruch in der Geschichte der Bundesrepublik“.

 

Axel Springer hatte Julian Reichelt am Montag, den 18. Oktober, „mit sofortiger Wirkung“ von seinen Aufgaben entbunden. Reichelts Entlassung ist das Medienthema des Jahres 2021.