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Ranga Yogeshwar zur Corona-Krise: Wir Journalisten haben die Signale verschlafen

Ranga Yogeshwar zur Corona-Krise: Wir Journalisten haben die Signale verschlafen Ranga Yogeshwar im Homeoffice.

Regierungen und auch Journalisten hätten zu spät auf das Coronavirus reagiert, findet Ranga Yogeshwar. Medien und Politik müssen nun eine „Kommunikation der Ungewissheit“ lernen, fordert der Wissenschaftsjournalist im Interview mit dem „medium magazin“.

Frankfurt – Das Coronavirus werde durch eine „Selbstverstärkung von Medien, Politik und Experten zu einer hysterischen Welle hochgeschaukelt“ – hatte Ranga Yogeshwar Anfang März kritisiert. Und er sieht das Mitte April auch so, aber unter „Hysterie“ verstehe er „nicht, dass das Virus unterschätzt werden sollte – sondern das Gegenteil von vernünftiger Handlung“, sagt der Wissenschaftsjournalist im Interview mit Annette Milz für das „medium magazin“.

 

Er fordert, das Thema ohne Panikmache und Skandalisierung anzugehen. Es sei wichtiger, Fakten sowie die Maßnahmen und Konsequenzen undramatisch, klar und rational zu erklären. „Nur so können wir den Nebel des Irrationalen durchdringen“. 

 

Anfangs sei die Tragweite der Pandemie gar nicht verstanden worden. „Man hätte beispielsweise viel früher ein ,exponentielles Wachstum' erklären und die Leute warnen müssen. Stattdessen aber wurden die Menschen mit etlichen Schauergeschichten kirre gemacht“.

 

Medien und Politik müssten „eine Kommunikation der Ungewissheit lernen“, erklärt Yogeshwar, denn: „Für Wissenschaftler sind Irrtum und Korrektur Alltag und Basis jeder Forschung. Aber wir als Gesellschaft können mit Ungewissheit nur sehr schlecht umgehen, gefragt ist immer eine Schwarz­Weiß-Berichterstattung mit 100 Prozent Klarheit. Aber so funktioniert die Welt nun mal nicht – erst recht nicht in der Pandemie.“

 

Durchaus selbstkritisch zeigt sich Yogeshwar im Interview: „Wir haben das verschlafen – auch wir Journalisten. Vor einigen Jahren machte ich sogar eine Sendung zu einer solchen – damals hypothetischen – Pandemie. Ja, da hätte man früher hellhörig werden sollen.“

 

Was Journalisten unbedingt wissen müssen und was der Wissenschaftsjournalist freien Journalistinnen und Journalisten rät, lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des „medium magazins“.

 

Weitere Themen im „medium magazin“:

  • Was bleibt von unserem Traumberuf? 66 Journalistinnen und Journalisten aus Österreich, Deutschland und der Schweiz erzählen, warum sie sich für diesen Job entschieden haben, wie es ihnen jetzt geht und wie ihre Zukunft nach Corona aussehen könnte.
  • „Zwischen Schnuller und Schreibtisch“. Was bisher meist in Teilzeit arbeitenden Journalistinnen und Journalisten vorbehalten war, machen jetzt alle: Arbeiten im Homeoffice. Viele sehen darin einen Fortschritt und erhoffen sich eine bleibende Flexibilisierung des Arbeitslebens. Ist das wirklich so? 
  • Von Nestbeschmutzern und Arschlöchern. Tirol und vor allem Ischgl stehen im Zentrum der europäischen Kritik. Peter Plaikner analysiert die Medienberichte über die „Brutstätte“.
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  • Wachsen in der Krise. Der deutsche Lokalzeitungsverleger Robert Dunkmann verzichtet auf Kurzarbeit, hat einen freiwilligen individuellen Lohnverzicht im eigenen Verlag umgesetzt und lobt jetzt „Redaktionshelden“ aus. 
  • 12 Lehren aus dem Drosten-Podcast. NDR-Programmchef Norbert Grundei und Wissenschaftsredakteurin Korinna Hennig über ihre Erkenntnisse aus der Arbeit mit dem „Coronavirus-Update“. 
  • 7 Überlebens-Tipps für Freie. Dazu ein Überblick, wie Österreich, Deutschland und die Schweiz ihren Freien helfen.
  • 10 Inspirationen für den Lokaljournalismus. Recherchieren, wenn alle zu Hause bleiben sollen und Distanz geboten ist? Kreative Ideen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz.