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KNA

Reporter ohne Grenzen warnen vor Druck auf Öffentlich-Rechtliche

In vielen europäischen Ländern versuchen autoritäre Politiker, öffentlich-rechtliche Medien zu beeinflussen – oft mit Erfolg. Auch in Deutschland fehlt Transparenz, kritisieren die Reporter ohne Grenzen in einem Bericht.

Berlin (KNA) – Die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) warnt vor zunehmendem Druck auf öffentlich-rechtliche Medien in Europa. Ein am Montag veröffentlichter Bericht kritisiert zunehmende politische Einflussnahme – auch in Deutschland. Vor allem intransparente Besetzung von Aufsichtsgremien, überhöhte Gehälter des Spitzenpersonals und starker Einfluss parteinaher Akteure bedrohten die Unabhängigkeit der Anstalten. Trotzdem sei der Schutz in Deutschland vergleichsweise hoch, so die Organisation.

 

Sorgen bereiten ROG die medienpolitischen Forderungen der AfD, die die faktische Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vorsehe. Das von der AfD vorgeschlagene Modell, bei dem der Rundfunkbeitrag abgeschafft und die Aufsichtsgremien von Zuschauern gewählt werden sollen, würde die freie und umfassende Meinungsbildung nicht mehr gewährleisten und das duale Rundfunksystem aushöhlen.

 

„Gerade in Zeiten von Desinformation und gezielter Einflussnahme braucht es starke öffentlich-rechtliche Medien, deren Unabhängigkeit durch klare Regeln abgesichert ist“, erklärt Anja Osterhaus, Geschäftsführerin von Reporter ohne Grenzen Deutschland. Es sei erschreckend, dass öffentlich-rechtliche Medien in Ländern wie Ungarn und der Slowakei zu Sprachrohren der Regierung umgebaut oder, wie in Liechtenstein, gleich ganz abgeschafft wurden. „Das duale System aus privaten und öffentlich-rechtlichen Medien hat sich in Deutschland bewährt und muss gestärkt werden“, so Osterhaus weiter.

 

Propagandawerkzeug der Regierung

In vielen anderen europäischen Ländern sei die Lage besorgniserregend, so ROG. Das neu geschaffene Rundfunknetzwerk MTVA gilt in Ungarn als Propagandawerkzeug der Regierung von Viktor Orbán, in dem die politische Kontrolle weit in die Redaktionen hineinreiche. In der Slowakei fahre die Regierung unter Ministerpräsident Robert Fico einen ähnlichen Kurs. Die italienische Regierungschefin Giorgia Meloni nutze ihre Einflussmöglichkeiten, um dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen ein konservatives Profil zu geben.

 

Doch es gibt auch Hoffnung: Positive Entwicklungen sieht ROG in Schweden, Tschechien und der Schweiz. Letzterer drohe aber eine drastische Budgetkürzung durch eine Volksinitiative, die die Rundfunkgebühren senken möchte.

 

Plattformsteuer erwägen

Um politische Einflussnahme zu vermeiden, fordert ROG starke rechtliche Garantien für die unabhängige Besetzung von Führungspositionen in den Anstalten. Außerdem sollen die interne Pluralität der Sender durch die EU-Medienaufsichten kontrolliert und unabhängige Gremien zur Ermittlung des Finanzbedarfs eingesetzt werden. Auch eine Plattformsteuer für Big-Tech-Player solle zur Finanzierung öffentlich-rechtlicher Angebote in Erwägung gezogen werden.

 

Am 8. August werden die Vorgaben der Europäischen Union aus dem Medienfreiheitsgesetz (EMFA) verpflichtend. Das Gesetz sieht vor, die redaktionelle und strukturelle Unabhängigkeit öffentlich-rechtlicher Medien abzusichern. ROG fordert eine konsequente Umsetzung der Regelungen.