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dpa

Verbotene Internetplattform „linksunten“ zeitweilig wieder im Netz

Am Freitag wird eine linksextremistische Website verboten. Am Samstag ist sie wieder da. Auf der Seite ist eine Stellungnahme verlinkt, in der das Verbot und die damit verbundenen Razzien als „massive Eskalation staatlicher Unterdrückung“ bezeichnet werden.

Freiburg/Berlin (dpa) − Die verbotene linksextremistische Internetplattform „linksunten.indymedia.org“ ist vorübergehend im Netz wieder zugänglich gewesen. „Wir sind bald wieder zurück“, war am Samstag auf der Homepage zu lesen. „Der Cyberspace liegt nicht innerhalb Eurer Hoheitsgebiete. Glaubt nicht, Ihr könntet ihn gestalten, als wäre er ein öffentliches Projekt. Ihr könnt es nicht“, schrieben die nicht namentlich genannten Verfasser. Am Sonntag war die Plattform nicht mehr erreichbar: «Wir sind zur Zeit offline“, erschien beim Aufruf der Adresse.

 

Bei dem Text vom Samstag handelt es sich um Auszüge der 1996 von John Perry Barlow veröffentlichten „Unabhängigkeitserklärung des Cyberspace“. Der Netzpionier und Bürgerrechtler hielt darin ein Plädoyer für Freiheit und gegen staatliche Kontrolle im Internet.

„Das Bundeskriminalamt beobachtet das“, sagte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums am Samstag auf Anfrage. In dem Moment, wo die Seite trotz des Verbots weiter betrieben werde, machten sich die Verantwortlichen strafbar. Dabei spiele es keine Rolle, ob dort neue oder alte Inhalte eingestellt würden. Die Betreiber der Seite hätten einen Monat Zeit, um dagegen zu klagen. Nach Ablauf dieser Frist habe das Verbot Bestand.

Das Bundesinnenministerium hatte die Internetplattform sieben Wochen nach den Krawallen am Rande des G20-Gipfels verboten. Die Seite sei die bedeutendste Plattform für gewaltbereite Linksextremisten in Deutschland, begründete Minister Thomas de Maizière (CDU) den Schritt am Freitag in Berlin.

Bei den Durchsuchungen im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen „linksunten.indymedia“ waren am Freitag zahlreiche Waffen gefunden worden. Darunter seien Messer, Schlagstöcke, Rohre und Zwillen, hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) gesagt. Die Waffen seien in Objekten gefunden worden, die „mit dem Betrieb der Plattform und dem Betreiberkreis in unmittelbarem Zusammenhang stehen“. Sein Ministerium wies am Sonntag Medienberichte zurück, in denen es heißt, die gefährlichen Gegenstände könnten nicht den Betreibern von „linksunten.indymedia.org“ zugeordnet werden: „Wem die Waffen zuzuordnen sind, ist Gegenstand der Ermittlungen“, sagte eine Sprecherin auf Anfrage.

Nach dem Verbot wurde die Unter-Domain „linksunten.indymedia.org“ von einem Server in Frankreich auf Rechner in Kanada umgezogen. Die Haupt-Domain „indymedia.org“ gehört einem Verein zur „Demokratisierung der Kommunikation“ (Associacao Brasileira pela Democratizacao da Comunicacao) in Sao Paulo (Brasilien). Das Verbot des Innenministeriums bezieht sich nur auf den „linksunten“-Bereich.

Nach einem Bericht der „Welt am Sonntag“ befürchtet das Bundeskriminalamt „Solidaritäts- und Vergeltungsaktionen“ gegen den sogenannten staatlichen Repressionsapparat als Folge des Verbots. Das könne von einfacher Sachbeschädigung bis zu schwerer Brandstiftung reichen. Auch bei politischen Veranstaltungen wie im Wahlkampf seien Aktionen einzukalkulieren.

Am Samstagabend demonstrierten in Freiburg etwa 300 Menschen gegen das Verbot der Internetplattform. Sie hatten Transparente dabei, auf einem Protestschild stand „Kein Forum ist illegal!“. Die Polizei sprach von einem unangemeldeten, aber friedlichen Protest ohne besondere Vorkommnisse.