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Warum Veit Dengler beim Umbau von Bauer keine Tabus kennt

Warum Veit Dengler beim Umbau von Bauer keine Tabus kennt Veit Dengler.

Yvonne Bauer hatte Veit Dengler 2018 in die Konzerngeschäftsleitung der Bauer Media Group geholt. Im April machte die Eigentümerin ihn zum COO - als Nachfolger von Jörg Hausendorf. Im Interview sagt Dengler, wie sich Bauer Media jetzt ändert, warum er Powerpoint verbannt hat und warum man mit Podcasts kein Geld verdient.

Hamburg – Von 2013 bis 2017 hat Veit Dengler den Wandel der Gruppe rum die Neue Zürcher Zeitung vorangetrieben. Im Vergleich zu seinem jetzigen Arbeitgeber sagt Dengler: Bauer habe mehr unternehmerischen Mut und sei schlicht größer. „Yvonne Bauer leitet das Unternehmen, wir haben im Executive Board extrem kurze Entscheidungswege, das heißt, die Governance unterscheidet sich maßgeblich. Es herrscht ein sehr offenes Gesprächsklima, alles ist auf die Sache fokussiert, es gibt keine Politik. Einen Verwaltungsrat oder Aufsichtsrat gibt es nicht. Im Übrigen zählt der Glamourfaktor hier nicht. Das ist kein Ego-Betrieb“, so Dengler im Interview mit dem „Handelsblatt“. 

 

Dengler bringt als COO von Bauer Media wenig Erfahrung im Zeitschriftengeschäft mit, was er nicht als Hindernis sieht: „Wir wollen Wachstum jenseits des Mediengeschäfts. Da braucht man eine Mischung von Menschen mit vielen Fähigkeiten.“ Manchmal helfe der „fremde Blick“.

 

Die Bauer Media Group befindet sich aktuell in einer Umbruchphase: Das Unternehmen entwickelt sich vom reinen Verlagshaus zu einem Portfolio-Unternehmen mit verschiedenen Geschäften aus Medien- und Nichtmedienbereichen. Publishing sei weiter ein extrem solides Geschäft, genauso wie Bauers mehr als 100 Radiobeteiligungen in vielen Ländern, sagt Dengler zum „Handelsblatt“.

 

Insgesamt gehe es darum, fallende Umsätze bei klassischen Medien durch neue Aktivitäten zu kompensieren. „Dabei setzen wir auf Onlinevergleichsportale sowie auf digitale Services für Klein- und Mittelunternehmen, in Zukunft möglicherweise auch andere. Vielleicht haben wir in einigen Jahren nicht vier, sondern fünf, sechs Geschäftsfelder.“

 

Bauer jage keinen Moden nach. Wichtig sei der nüchterne Blick, die Stärken der Gruppe lägen im Exekutieren: „Im Internet sind wir vielleicht spät dran, haben aber auch viele Fehler vermieden. Wir wollen intelligente Manager sein, die dazukaufen, wenn wir Chancen sehen - die aber auch verkaufen, wenn es nicht mehr anders geht“, erklärt Dengler.

 

Bauer sei sind ein europäisches Medienunternehmen mit 70 Prozent Auslandsumsatz, das über Grenzen hinweg handele: „Früher managten wir nach Ländern, inzwischen managen wir nach Geschäftsbereichen, und zwar über Staatsgrenzen hinweg. Wir klären vieles in Gesprächen und schreiben Memos. Powerpoint haben wir verbannt.“ Neu eingeführt habe man zum Beispiel eine International Publishing Group: „In zehn Arbeitsgruppen tauschen wir uns über Ländergrenzen hinweg aus, etwa zu Quiz- oder TV-Magazinen und deren Synergiepotenzialen sowie zu lokalen Learnings. Wir reden viel stärker als früher über Silogrenzen hinweg über unsere Formate.“ Das Ziel sei eine technische Infrastruktur, mit der man unkompliziert über Länder hinweg zusammenarbeiten oder Content teilen könne. 


70 Prozent der Umsätze der Bauer Media Group kommen laut Dengler aus dem Publishing. Und für fast die Hälfte davon sorge Deutschland. Kostensenken sei dabei keine Strategie, sondern Alltag: „Wir müssen produktiver werden und überlegen uns dafür im Rahmen des Transformationsprozesses neue Arbeitsweisen. Hierfür investieren wir unter anderem in ein neues Redaktionsmanagementsystem. Irgendwann wollen wir dann auch Machine-Learning einsetzen“, kündigt der Bauer-COO im „Handelsblatt“ an. 

 

Beim Zeitschriftengeschäft sei es das Wichtigste, sich schnell anzupassen. Tabus kennt Veit Dengler beim "Anpassen" nicht: „Tabus haben mit Religion zu tun, religiös sind wir nicht“. Die Rückgänge im Werbemarkt seien einfach schneller als die im Lesermarkt. 

 

Im Interview mit Hans-Jürgen Jakobs  und Catrin Bialek sagt Dengler auch, dass er den Digitalsierungsanteil als Kennzahl für Unternehmen für „grundfalsch“ hält: Die Kennzahl sei für den Kapitalmarkt erfunden worden und solle zeigen, wie cool ein Unternehmen sei, wie wenig es sich mit dem langweiligen Papiergeschäft beschäftige. Bauer hingegen sei immer beides - analog und digital, so wie die Kunden.

 

Und auch bei Podcasts senkt Dengler den Daumen: Diese explodierten zwar von der Hörerzahl, aber niemand verdiene damit Geld: „Podcasts sind nicht mehr als eine zusätzliche Dienstleistung, die zunehmend auch kostengünstig automatisiert erstellt werden kann. Das ist nichts für uns als losgelöstes Geschäftsmodell.“