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Wut und Frust beim RBB-Personal: Verdi-Verantwortlicher Manfred Kloiber spricht von Katastrophe

Wut und Frust beim RBB-Personal: Verdi-Verantwortlicher Manfred Kloiber spricht von Katastrophe Manfred Kloiber

Nach dem Rücktritt von Intendantin Patricia Schlesinger stehen im Sender die Zeichen auf Sturm.

Berlin – Nach dem Rücktritt von RBB-Intendantin Patricia Schlesinger stehen im Sender die Zeichen auf Sturm. Auf einer für den 9. August kurzfristig einberufenen Personalversammlung ging es hoch her. „Ich habe selten ein Forum erlebt, das so wütend, erschüttert, bestürzt, sauer, fassungslos war wie heute“, berichtet Dagmar Bednarek von Senderverband ver.di.

 

Die verbliebene Geschäftsleitung sei von den Anwesenden mehrfach zum Rücktritt aufgefordert worden, so Bednarek weiter, die zugleich Mitglied der Freienvertretung ist.

 

Für Manfred Kloiber, Bundesvorsitzender der ver.di-Fachgruppe Medien, Journalismus und Film, sind die skandalösen Vorgänge im RBB „eine Katastrophe“. Denn: A„lles, wofür die festen und freien Mitarbeitenden im öffentlich-rechtlichen Rundfunk engagiert arbeiten – nämlich für ein gutes Programm und glaubwürdigen Journalismus - wird mit einem Schlag in Frage gestellt.“

 

Am Fall RBB zeigten sich „ausnahmsweise mal vor den Augen einer breiteren Öffentlichkeit die strukturellen Probleme der Gremienaufsicht: Mangelnde Professionalität, mangelnde Personal- und Sachmittel, Ämterhäufung sowie mangelndes Selbstbewusstsein“, konstatiert Leonard Novy, Direktor des Kölner Instituts für Medienpolitik im Branchendienst „epd Medien“. Die durch die Affäre ausgelöste Krise könne, so hofft er, als „Katalysator für eine überfällige Weiterentwicklung der Gremien und somit eine neue Legitimation der Sender genutzt werden“.

 

Im Sender entlade sich nach Wochen immer neuer Enthüllungen eine Mischung aus Wut und Frust. Schließlich seien es die Reporter und andere Beschäftigte, die bei ihrer Arbeit und privat mit Fragen nach den Zuständen im Sender konfrontiert würden, heißt es bei Verdi. Nach dem Doppelrücktritt der Intendantin hätten Kamerateams und Journalisten anderer Medien den RBB-Haupteingang in der Berliner Masurenallee auf der Suche nach O-Tönen belagert. Dass mit dem „Business Insider“ ausgerechnet ein Organ des Springer-Konzerns die Enthüllungswelle losgetreten habe, wurmt nicht wenige RBB-Kollegen. „Luxus und Pomp auf Kosten der Gebührenzahler“ – solche „Bild“-Schlagzeilen täten weh. Vor allem denen, die sich trotz Sparpolitik der Intendanz bemühten, den öffentlich-rechtlichen Informationsauftrag zu erfüllen.

 

Kein Wunder, dass die Unzufriedenheit in den Belegschaften zunimmt, meint ver.di-Mann Manfred Kloiber. „Unerträgliche Arbeitsverdichtung und massiver Honorardruck – damit schlagen sich die Beschäftigten seit Jahren rum, weil KEF und Medienpolitik den öffentlich-rechtlichen Rundfunk unter Druck setzen. Anstatt Rückendeckung bekommen sie von den Chefetagen zu hören, sie seien zu viele und zu teuer - und jetzt das! So wird der Rundfunk von außen und von innen demontiert.“

 

Alarmiert sind nach Verdi-Angaben vor allem die freien Mitarbeiter: Durch Schlesingers Rücktritt dürfe „kein Entscheidungs- und Handlungsvakuum im Sender“ entstehen, so die RBB-Freienvertretung in einer Stellungnahme. Die freien Kollegen dürften „nicht zu Opfern der von ihnen nicht zu verantwortenden Situation werden“. Die Vertretung fordert eine Fortsetzung der Tarifverhandlungen für die Beschäftigungssicherung langjähriger freier Kollegen und die „überfällige Weiterentwicklung“ des Honorarrahmens Programm. Nach Jahren der Ungleichbehandlung von Freien und Festen müsse endlich der Grundsatz „Gleiches Geld für gleiche Arbeit“ umgesetzt werden.

 

Wie geht es weiter? Auf der Personalversammlung am 9. August seien die Mitglieder der verbliebenen Geschäftsführung von den wütenden Beschäftigen mächtig in die Zange genommen worden. Der geschäftsführende Intendant Brandstäter kündigte an, seinen im nächsten Jahr ablaufenden Vertrag nicht zu verlängern. Den nötigen Neuordnungsprozess wolle er aber noch mitgestalten. Für die Belegschaft sei jedoch klar, dass dies nicht in kleinen Kungelrunden passieren dürfe, berichtet Verdi.

Dagmar Bednarek vom ver.di-Senderverband gibt die Forderung unter den Versammelten wieder: „Jede Neuordnung muss unter Beteiligung der Mitarbeitenden stattfinden“. Ein Beispiel, das möglicherweise in der gesamten ARD Schule machen könnte.

 

„Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sollte sich ehrlich machen“, findet ver.di-Fachgruppenchef Manfred Kloiber. „Wer glaubwürdig und kompetent über Kungeleien in der Politik, Missstände auf dem Arbeitsmarkt oder fehlende Nachhaltigkeit berichten will, der muss zu 100 Prozent unangreifbar sein. Da gibt es ganz offenbar Nachholbedarf – auch das zeigen die aktuellen Vorfälle beim RBB.“