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6 Jobtrends, die Medienprofis auf Stellensuche beachten müssen

6 Jobtrends, die Medienprofis auf Stellensuche beachten müssen Attila Albert

Spezialisten statt Generalisten, Fokus auf kulturelle Passung und keine Zeit mehr für Einarbeitung: Wer nach langer Zeit wieder eine neue Stelle sucht, findet eine veränderte Arbeitswelt vor. Mediencoach Attila Albert über sechs aktuelle Trends und was sie für Medienprofis bedeuten.

Berlin – Wer die Erwartung hat, dass sich die Arbeitswelt nicht wesentlich verändern sollte, wurde bisher noch zu jeder Zeit enttäuscht. Ältere Medienprofis erinnern sich noch an Kollegen, die sich einst der Einführung des Computers verweigerten und stattdessen lieber in die vorgezogene Rente gingen. Jüngere kennen Teammitglieder, die bis heute mit dem Internet und den sozialen Medien fremdeln. Andere ärgern sich jeden Tag, dass sie ins Großraumbüro müssen und nicht mehr ihren festen eigenen Schreibtisch haben.

 

Auch die Arbeitssuche hat sich ständig verändert, und hier kann man ebenso darüber streiten, was besser oder schlechter geworden ist. Gleichwohl steht jeder, der heute eine neue Stelle sucht oder berufllich aufsteigen will, wieder einmal vor veränderten Realitäten. Sechs Trends – neben den technologischen Neuerungen wie KI-Unterstützung bei Textproduktion und Management-Entscheidungen – stechen dabei heraus. Wer sie zur Kenntnis nimmt und akzeptiert, kann sich darauf vorbereiten und sogar für sich nutzen.

 

1. Bessere Karrierechancen als Spezialist
Grundsätzlich braucht es in Unternehmen sowohl Spezialisten (z. B. Reporter mit populärem Fokusthema, SEO- oder KI-Experten) wie Generalisten (z. B. Redakteur im Newsroom ohne festes Themengebiet, Mittelmanager). Allerdings sind die Spezialisten seltener, damit stärker gesucht und besser bezahlt. Tendenziell suchen Unternehmen heute Mitarbeiter mit klar definierten Kompetenzprofilen, während sie die Stellen der Generalisten abbauen.

 

Was das für Sie bedeutet: In den ersten Berufsjahren ist es sinnvoll, verschiedene Aufgabenfelder auszuprobieren – innerhalb einer Stelle (z. B. als Redakteur, der über mehrere Themenfelder schreibt und gelegentlich die Desk-Leitung übernimmt) oder nacheinander. So finden Sie heraus, was Sie wirklich interessiert und zu Ihnen passt. Spezialisieren Sie sich dann aber, um Ihre Karrierechancen und Ihr Gehalt zu steigern.

 

2. Stärkere Fokus auf kulturelle Passung
Jedes Unternehmen hat seinen bevorzugten Führungs- und Kommunikationsstil und Erwartungen, wie Sie auftreten und arbeiten sollen. Um spätere Missverständnisse, Konflikte oder Enttäuschungen zu vermeiden, wird heute früh geprüft, ob Sie zur Unternehmenskultur passen. Praktisch geschieht das durch mehrere Gesprächsrunden mit verschiedenen Vorgesetzten und Teammitgliedern sowie einige Testaufgaben.

 

Was das für Sie bedeutet: Langfristig ist es auch für Ihren Erfolg und Ihre Zufriedenheit vorteilhaft, wenn Sie in einem Unternehmen arbeiten, dessen Ziele und Werte Sie teilen. Lassen Sie sich deshalb offen darauf ein, sie kennenzulernen und für sich zu prüfen. Das Ergebnis kann sein, dass Sie noch im Bewerbungsverfahren oder spätestens in der Probezeit absagen – oder sich entscheiden, zukünftig lieber selbstständig zu arbeiten.

 

3. Menschlich angenehm und unkompliziert
Die heutigen Aufgaben sind zu anspruchsvoll, die Abläufe zu komplex und die Teams zu klein, um sich unnötige Konflikte und personelle Ausfälle wegen interner Streitigkeiten leisten zu können. Deshalb achten Arbeitgeber auch verstärkt darauf, dass Mitarbeiter unkompliziert und verträglich sind. Sie sollen freundlich, respektvoll und verbindlich sein, keine schwierigen Attitüden (z. B. Aggressivität) zeigen und sich gut ins Team einfügen.

 

Was das für Sie bedeutet: Rechnen Sie damit, dass Sie schon im Bewerbungsprozess gefragt werden, wie Sie „als Mensch‟ sind. Einige Aussagen über Ihre private Seite (Familie, Herkunft, Hobbys) genügen, Sie müssen nicht ins Detail gehen. Auch Assessments sind üblich. Beschäftigen Sie sich dafür gelegentlich mit Ihrem Wesen und Ihrem Auftreten. Holen Sie sich professionelles Feedback ein: Wie treten Sie auf, wie wirken Sie auf andere?

 

4. Zielorientiertes Führen und Gehalt
Grundsätzlich werden Angestellte nach der geleisteten Arbeitszeit bezahlt, nicht nach konkreten Ergebnissen. In den Unternehmen gibt es aber heute die Tendenz, Mitarbeiter auf spezifische Resultate verpflichten zu wollen und das Erreichte auch finanziell zu berücksichtigen. Praktisch meist, indem ein Teil des Gehalts davon abhängt, ob die betrieblichen Ziele erreicht wurden. Typisch auf Führungsebene: Zehn Prozent.

 

Was das für Sie bedeutet: Achten Sie bei Ihren Vertragsverhandlungen darauf, dass Sie erfolgsabhängige Gehaltsbestandteile möglichst nur akzeptieren, wenn Sie einen Einfluss auf die genannten Faktoren haben. Ansonsten sind Sie weitgehend von anderen abhängig. Begrenzen Sie den flexiblen Anteil so weit, dass Sie auch finanziell klarkommen würden, wenn einmal nichts gezahlt würde, weil z. B. das Geschäftsjahr schlecht gelaufen ist.

 

5. Mehrfach verplante Mitarbeiter, keine Reserven
Um Personalkosten zu senken, verplanen viele Unternehmen ihre Mitarbeiter mehrfach (z. B. Zugriff auf einen Redakteur durch mehrere Ressortleiter), zudem ohne Reserven für erwartbare Abwesenheiten (Urlaub, Krankheit, Weiterbildung). Führungskräfte sollen gleichzeitig strategisch leiten und operativ umsetzen. Das führt zu Verteilungskonflikten und der Situation, es nie allen recht machen zu können und nie fertig zu werden.

 

Was das für Sie bedeutet: Achten Sie schon bei der Vertragsverhandlung darauf, dass die Stellenbeschreibung oder die Zielvereinbarung Ihre wichtigsten Aufgabengebiete nennen und ihnen möglichst prozentual Arbeitsanteile zuweisen (z. B. 10 Prozent für Strategie- und Konzeptarbeiten, 20 Prozent für Mitarbeiterführung). Gibt es beides nicht oder will man sich nicht festlegen, können Sie den Job trotzdem annehmen, sind aber vorgewarnt.

 

6. Keine Zeit mehr für die Einarbeitung
Wegen der hohen Belastung und Fluktuation sind viele Unternehmen heute nicht mehr willens und fähig, neue Mitarbeiter über längere Zeit zu schulen und aufzubauen. Die Erwartung ist, dass sie sich schnell ins Team einfügen und sofort Leistung zeigen, auch wenn die Bedingungen (z. B. Dokumentation der Arbeitsprozesse) unzureichend sind. Geschieht das nicht innerhalb weniger Monate, kann es schon in der Probezeit unangenehme Gespräche geben und bald eine „Trennung in beiderseitigen Einverständnis‟.

 

Was das für Sie bedeutet: Richten Sie sich vorsorglich darauf ein, dass Sie in der neuen Stelle weitgehend auf sich gestellt sein werden, sich vieles selbst aneignen und schnell einarbeiten müssen. Beschäftigen Sie sich dafür ab Vertragsabschluss mit den wichtigsten Themen, nehmen Sie möglichst an Besprechungen teil, auch wenn sie offiziell noch nicht dabei sind. Das reduziert später Ihre Einarbeitungszeit und erhöht Ihre Chance auf Erfolg.

 

Für manchen ist die veränderte Arbeitswelt auch Anlass, seine persönlichen Präferenzen herauszuarbeiten und ihnen zu folgen. Beispiel: Statt im nächsten Konzern bei einem inhabergeführten Mittelständler oder projektbezogen selbstständig zu arbeiten, etwa als Subunternehmer mit Rahmenvertrag. Denn auch wenn die genannten Trends den heutigen Arbeitsalltag prägen, sind Sie ihnen nicht ausgeliefert. Sie können, wenn Ihnen bestimmte Aspekte zuwider sind, immer auch einen anderen Weg wählen.

 

Zur vergangenen Job-Kolumne: Viel Erfahrung

 

Zum Autor: Karriere-Coach Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der „Freien Presse“, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA. www.media-dynamics.org.