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Zu müde für Bewerbungen? Wie Journalistinnen und Journalisten mit neuer Kraft nach einem Job suchen

Zu müde für Bewerbungen? Wie Journalistinnen und Journalisten mit neuer Kraft nach einem Job suchen Attila Albert

Die Suche nach einer neuen oder besseren Stelle kann Monate oder sogar Jahre dauern. Vielen Medienprofis geht dabei die Kraft aus. Mediencoach Attila Albert nennt die wichtigsten Gründe dafür und wie Sie sie überwinden.

Berlin – Die Chefin vom Dienst einer großen Regionalzeitung wollte sich schon seit mehreren Jahren beruflich verändern. Aber bisher hatte es nie geklappt. Sie hatte mehrere Job-Newsletter abonniert, sich aber nur wenige Male beworben – und dann eher halbherzig. Einige Zeit dachte sie, dass es wohl daran läge, dass sie kaum eine Stellenanzeige wirklich begeisterte. Das stimmte, aber der Hauptgrund lag tiefer: Sie fühlte sich zu müde für Bewerbungen. Sie überlegte schließlich, ohne Alternative zu kündigen. Um sich zu erholen, gedanklich zu ordnen und dann mit neuer Klarheit und Kraft auf Jobsuche zu gehen. Eine gute Idee?

 

Kaum eine berufliche Veränderung geschieht von allein. Zwar gibt es manchmal wirklich das ganz unerwartete Angebot, das kaum noch eigene Anstrengungen erfordert. Beispiel: Ein ehemaliger Chef meldet sich, der zu einem neuen Arbeitgeber gewechselt ist und dort Unterstützung braucht. Im Normalfall aber heißt es über Monate oder sogar Jahre: Sich regelmäßig bewerben, an passenden Stellen ins Gespräch bringen, Branchenkontakte fortlaufend pflegen und erweitern – bis es endlich einmal klappt. Vielen Medienprofis geht dabei allerdings die Kraft aus. Um Gründe und Auswege soll es heute gehen.

 

Verständliche Gründe, entmutigt zu sein

Grundsätzlich sind Bewerbungen nicht besonders anspruchsvoll. Auch der Zeitbedarf ist bei systematischer Erledigung überschaubar (dazu gleich mehr). Was ist es dann, das Medienprofis nach einiger Zeit so müde macht, dass sie fast aufgeben?

 

1. Der Gedanke an den Aufwand für die Erstellung: Schon wieder ein Anschreiben formulieren und darin behaupten, dass man besonders geeignet für die Stelle wäre, äußerst interessiert dazu. Lebenslauf anpassen, Dokumente zusammenstellen und mailen oder unzählige Formularfelder in einem Bewerbungsportal ausfüllen. 
2. Der Gedanke an die Realität der ausgeschriebenen Stelle: Nach einigen Berufsjahren weiß man, was sich hinter den schönfärberischen Beschreibungen in Stellenanzeigen verbirgt. Allein die Vorstellung, dort arbeiten zu müssen, kann dann schon lähmend wirken, auch wenn eine Bewerbung vernünftig erscheint.
3. Der Gedanke an die vielen enttäuschten Hoffnungen: Jeder denkt auch an all die Bewerbungen, auf die es eine freundliche, aber unpersönliche Standardabsage oder gar keine Antwort gegeben hat. An all die Vorstellungsgespräche, die doch scheinbar gar nicht schlecht gelaufen waren, aber am Ende zu nichts geführt hatten.

 

All das lähmt und entmutigt verständlicherweise. Wer sich dem überlässt, schreibt bald nur noch sporadisch eine Bewerbung, wenn er seinen Traumjob ausgeschrieben sieht, den aber natürlich auch alle anderen wollen. Oder wechselt zwischen Phasen mit fast wahllosen Bewerbungen auf jede irgendwie denkbare Stelle – und solchen, in denen er es aufgegeben hat und gar nichts mehr unternimmt. All das sind Überreaktionen, die man durch einen moderaten Ansatz dazwischen vermeiden sollte. Dazu einige Empfehlungen.

 

1. Aufwand für eine Bewerbung reduzieren: Hinterlegen Sie ein gelungenes Anschreiben, Ihren Lebenslauf und Ihre gescannten Dokumente (alle Beurteilungen, Zeugnisse und Arbeitsproben in einem PDF) in Google Docs. So haben Sie darauf von überall Zugriff, können schnell anpassen, zusammenstellen und versenden.

2. Gesunder Mittelweg bei der Anzahl der Bewerbungen: Abonnieren Sie ein bis zwei Job-Newsletter (z. B. von Kress.de oder Newsroom.de) und bewerben Sie sich fortlaufend. Mal eher konventionell, mal eher gewagt in Ihren Ambitionen. Legen Sie am besten für sich eine Mindestanzahl an Bewerbungen fest, z. B. fünf pro Monat, und planen Sie eine feste Zeit dafür ein, z. B. immer freitags eine Stunde.

3. Sehen Sie auch Ihre bisherigen Erfolge: Bedenken Sie bei Absagen auch, wie weit Sie im Berufsleben bereits gekommen sind, dass sich Ihre Mühe trotz vieler Rückschläge insgesamt ausgezahlt hat. Sie arbeiten nun am nächsten Schritt, und je entwickelter und spezieller Ihr aktuelles Profil ist, desto anspruchsvoller ist das.

 

Mit ein wenig innerer Distanz sehen

Wer Bewerbungen eher spielerisch oder sogar mit ein wenig Humor sehen kann, nimmt sie leichter. Denn auch auf Seiten der Unternehmen läuft vieles schief: Das Bewerberportal hat technische Probleme, die Anforderungen der Fachabteilung an das HR ändern sich ständig. Bewerber sagen nach der Zusage wieder ab oder kündigen in der Probezeit wieder. Zudem ist den meisten Unternehmen selbst klar, dass ihr Angebot seine Schwächen hat, die man mit ein wenig Täuschungslyrik zu überdecken versucht.

 

In meinem aktuellen Buch habe ich das ironisch so beschrieben: „Bei den Stellenanzeigen hat es sich eingeschlichen, unter ,Wir bieten' noch einmal das Gleiche aufzuführen wie bei den Anforderungen, nur anders formuliert. Viel Arbeit (,anspruchsvolles Umfeld, großer Handlungsspielraum'), unterbesetztes Team (,flache Hierarchien, kurze Entscheidungswege'), endlose Meetings (,inspirierender Austausch mit großartigen Kollegen'), Jahresvertrag mit sechs Monaten Probezeit (,langfristige Perspektiven').“ Wer gedanklich darauf vorbereitet ist, ärgert sich kurz und kann danach darüber lächeln.

 

Kündigung ohne Alternative gut vorbereiten

Empfiehlt sich die Kündigung ohne neuen Job, um mehr Zeit und Kraft für Bewerbungen zu haben? Der Wunsch ist nachvollziehbar, insbesondere, wenn Sie aktuell stark überlastet sind oder sich als sehr fremdbestimmt empfinden. Dann ist es oft fast unmöglich, überhaupt noch zu wissen, was man selbst will und was einen wieder begeistern könnte. Wenn Sie diesen Schritt erwägen, sollten Sie ihn gut vorbereiten: Mit einem Plan, wie Sie die Auszeit genau verbringen und finanzieren wollen. Damit die Zeit nicht einfach nur verloren geht (erst reisen, dann die Wohnung renovieren) und Sie anschließend arbeitslos dastehen.

 

Bewerbungen sind eine fortlaufende Notwendigkeit, man muss sich und sein Angebot regelmäßig gut präsentieren. Als Angestellter ebenso wie als Freier, etwa auch für Kunden- und Auftragsaquise, Ausbau des Netzwerks an potenziellen Arbeitgebern, Partnern, Informanten. Sehen Sie Bewerbungen daher nicht als lästige Pflicht, die Sie möglichst schnell hinter sich bringen wollen. Sondern als andauernden Dialog innerhalb und außerhalb Ihrer Branche zum beidseitigen Vorteil, der sogar Spaß machen kann.

 

Zur vergangenen Job-Kolumne: Macht-Fragen im Büro

 

Zum Autor: Karriere-Coach Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der „Freien Presse“, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA. www.media-dynamics.org.