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Zurück auf Start: Wenn Medienprofis immer wieder vor demselben Problem stehen

Zurück auf Start: Wenn Medienprofis immer wieder vor demselben Problem stehen Attila Albert

Immer wieder Konflikte mit dem Chef, bei jeder Beförderung übersehen, von allen Arbeitgebern ausgenutzt: Wer immer wieder dasselbe erleben muss, verzweifelt manchmal an sich und anderen. Mediencoach Attila Albert sagt, wie Sie ständig wiederkehrende Hürden überwinden.

Berlin – Der verantwortliche Redakteur einer Tageszeitung bemühte sich seit Jahren, zum Ressortleiter aufzusteigen, aber vergeblich. Mehrere Kollegen sah er an sich vorbeiziehen, die jünger, geringer qualifiziert und weniger erfahren waren als er. Einige schafften es sogar bis in die Chefredaktion, während er weiter übergangen wurde. Der Redakteur hatte immer viel gearbeitet, Weiterbildungen besucht und intern gewechselt. Aber keiner schien ihm, von der gelegentlichen Urlaubsvertretung abgesehen, echte Verantwortung zuzutrauen.

 

Es ist ungeheuer frustrierend, wenn sich bestimmte Schwierigkeiten ständig wiederholen, wie man sich auch bemüht, es besser zu machen. Als könne man seinem Schicksal nicht entkommen, steht man immer wieder vor der gleichen Hürde. Typische Beispiele aus dem Berufsleben: Immer wieder Konflikte mit dem Vorgesetzten, wo man auch arbeitet, bei jedem Arbeitgeber ausgenutzt, obwohl man endlich Grenzen setzen wollte – oder eben ständig bei Beförderungen übergangen zu werden, wie sehr man sich auch anstrengt.

 

„Der gemeinsame Faktor bist du“, muss man nach jahrelangen Enttäuschungen dann auch noch von anderen hören. „Es muss also wohl an dir liegen.“ Doch das führt höchstens noch zu mehr Selbstzweifeln und löst ganz sicher nicht das Problem. Denn man hat längst schon selbst an diese Möglichkeit gedacht und vielerlei unternommen, um es auf andere Weise zu versuchen – nur eben weiterhin ohne Erfolg. Was also tun, wenn man sich sozusagen immer wieder zurück auf Start begeben muss? Dazu einige Anregungen.

 

Möglichst wenige Schuldzuweisungen

Der erste Schritt ist, sich möglichst wenig mit Schuldzuweisungen aufzuhalten, so entlastend diese auch kurzfristig wirken mögen. Machen Sie weder anderen noch sich Vorwürfe, auch nicht der Allgemeinheit („die Branche“, „die Gesellschaft“, „das System“). Damit würden Sie zwar anfangs Zustimmung bekommen, sich aber in eine Opfermentalität bewegen, die Ihnen langfristig eher schadet. Schreiben Sie Ihre Gefühle einmal nieder, um sie für sich zu ordnen. Reden Sie jedoch nicht ständig darüber, das verstärkt sie nur.

 

Versuchen Sie stattdessen, möglichst neutral in Worte zu fassen, was Ihnen inzwischen mehrfach zugestoßen ist. Beispiel: „Das ist jetzt die dritte Stelle, die ich wegen Erschöpfung aufgeben musste.“ Verzichten Sie auf Vorwürfe im Stil von: „Wieso lasse ich mich auch immer wieder auf so etwas ein?“ Oder: „Die Branche ist heute eine Katastrophe.“ Suchen Sie nach Parallelen. Beispiel: „Ich habe bei allen diesen Stellen zugesagt, obwohl ich schon in den Bewerbungsgesprächen meine Zweifel hatte. Nur hatte nichts Besseres, und dann bin ich länger geblieben, als es für mich war.“

Weitreichendere Veränderungen als bisher

 

Damit eröffnet sich Ihnen die Möglichkeit, über grundlegendere Veränderungen nachzudenken, damit sich das Erlebte nicht ständig weiter wiederholt. Beispiel: Erkennen Sie, dass Sie immer zu viele Zugeständnisse gemacht haben, weil Ihnen die Alternativen fehlten, nutzt Ihnen ein erneuter sofortiger Stellenwechsel nicht viel. Effektiver wäre es, sich erst mehr Optionen zu schaffen (z. B. Zusatzabschluss, Schärfung des Profils, Bereitschaft zum Umzug). Damit können Sie wählerischer und konsequenter sein.

 

„Aber ich habe doch schon alles versucht“, sagt mancher an diesem Punkt und ist ehrlich davon überzeugt. Als Karrierecoach mit mehr als 30-jähriger Branchenerfahrung sage ich Ihnen: Niemand hat schon alles versucht, es gibt immer noch Möglichkeiten. Nur sieht man diese manchmal selbst nicht, traut sich nicht heran oder probiert lieber noch einmal, was vorher schon nicht geklappt hat. Was Sie weiterbringt, ist möglichst viel Offenheit: Was könnten Sie zukünftig ganz anders als bisher angehen? Sammeln Sie frische Ideen.

 

Überzeugungen ändern, die Sie behindern

Häufig zeigt sich dann, dass man vermeintlich „nicht aus seiner Haut kann“. Also an Überzeugungen und Verhaltensweisen festhält, obwohl man weiß, dass sie einen eher behindern als nützlich sind. Beispiel: Das Bestehen auf einem bestimmten Lebensstil (z. B. teure Wohnung plus ständige Urlaube), obwohl man sich wegen der Kosten weder eine Weiterbildung leisten noch einen Wechsel riskieren kann, ja nicht einmal den ewigen Dispo ausgleichen. Auch hier gilt: Verurteilen Sie sich nicht dafür, stellen Sie erst einmal nur fest.

 

Stärken und Schwächen hat jeder, aber selbst tief sitzende Überzeugungen, die Sie Ihr ganzes bisheriges Leben begleitet haben, lassen sich hinterfragen und ändern. Das sollten Sie mit einem Coach oder Therapeuten angehen, allein ist das wenig aussichtsreich. Dabei geht es nicht darum, ein anderer Mensch zu werden, sondern sich neue Perspektiven zu erarbeiten, die Ihnen bisher noch ungewohnt oder fremd sind. Beispiel: Nach langer Festanstellung endlich den Mut zu einem Wechsel zu finden, sich sogar darauf zu freuen.

 

Die Richtung Ihres Lebens erkennen

Keinesfalls heißt all das aber, dass sich jeder Wunsch erzwingen ließe. Wer sich genauer mit wiederkehrenden Hürden in seinem Leben beschäftigt, erkennt darin oft sein persönliches Profil und übergreifende Lebensaufgaben. Beispiel: Die klassische Konzernkarriere klappt nie, selbst wenn Sie sich völlig verstellen. Sie erkennen schließlich, dass Sie eigentlich besser in ein anderes Umfeld passen und selbstständig glücklicher wären. Wenig später ist es für Sie undenkbar, überhaupt noch in einem Konzern zu arbeiten.

 

Hier geht es also um die richtige Balance zwischen Ambition und Akzeptanz: Sich anspruchsvolle Ziele setzen und sie hartnäckig verfolgen, aber auch wachsam genug für Anzeichen zu sein, dass Sie manche Niederlage besser hinnehmen und sich Ziele suchen, die wirklich zu Ihnen passen. Das ist anspruchsvoll, aber Teil der persönlichen Reifung: Zu erkennen, wie Sie persönlich arbeiten und leben wollen, und danach zu handeln. Die einstige Hürde, vor der Sie immer wieder standen und über die Sie sich immer wieder ärgerten, stellt sich dann im Rückblick als entscheidende Wegmarke heraus.

 

Zur vergangenen Job-Kolumne: Heimliche Stellensuche

 

Zum Autor: Karriere-Coach Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der „Freien Presse“, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA. www.media-dynamics.org.