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dpa - Deutsche Presseagentur GmbH

„Irgendwann werde ich alles verschenken“ − Verleger Ippen wird 75

"Entweder online, schlafen oder tot" − mehr Existenzformen gibt es nicht. Ausgerechnet der Zeitungsverleger Dirk Ippen hat das bei den Münchner Medientagen 2013 gesagt. Seitdem ging die digitale

Revolution weiter. Doch Ippen bleibt Optimist.

München (dpa) − In der Liste der 500 reichsten Deutschen stand er

2013 noch mit 550 Millionen Euro. Ein Jahr später waren es nach der

Erhebung des „Manager Magazins“ weniger als halb so viel. Was war

passiert? „Ich habe die Hälfte verschenkt“, sagt der Verleger Dirk

Ippen. „Aber die Angaben sind ohnehin naiv und sehr theoretisch.“

Fakt ist: Ippen hat in den vergangenen Jahrzehnten viele kleine, oft

sanierungsbedürftige Lokalzeitungen übernommen und auch einige

größere Blätter wie die „Hessische/Niedersächsische Allgemeine“, den

„Münchner Merkur“ und die „tz“. Seine Mediengruppe kommt auf eine

Gesamtauflage von 800 000 Exemplaren. Die Hälfte der Gruppe hat Ippen

an seinen Neffen Daniel Schöningh übertragen, der die Geschäfte des

Münchener Zeitungs-Verlags führt, und an den langjährigen Mitarbeiter

Harald Brenner.

 

„Was ist meine Mehrheitsbeteiligung am Münchener Zeitungs-Verlag

wert?“, fragt Ippen. „Wie wollen Sie das messen? Ich würde ja gar

keinen Käufer finden, wenn ich die heute verkaufen wollte. Die

Wettbewerber − die „Süddeutsche“ zum Beispiel − dürfen es nicht

kaufen.“

 

Am Dienstag (13. Oktober) wird der in Rüdersdorf bei Berlin geborene

Regionalzeitungsfürst 75 Jahre alt. „Irgendwann werde ich alles

verschenken, was ich habe“, sagt er. „Denn Petrus wird mich nicht

fragen, wie viele Zeitungen ich mitgebracht habe.“ Wie es dann mit

der Mediengruppe weitergehen wird, steht noch nicht genau fest, aber

Schöningh und Brenner sollen auch künftig die Geschicke lenken.

„Niemand muss Unternehmer werden, und man soll es nur tun, wenn man

den Willen hat zu Gestaltung und Risiko“, sagt Ippen. „So etwas kann

man nicht vererben, und da muss man auch nicht in Generationen

denken.“ Zwei der drei Söhne haben kein Interesse am Mediengeschäft:

Einer lebt in München, der andere als Taekwondo-Meister auf Hawaii.

Der älteste Sohn Jan arbeitet dagegen im Digitalbereich der Gruppe

und bekam auch Anteile vom Vater.

 

Dirk Ippen erbte von seinem Vater Rolf Ippen den „Westfälischen

Anzeiger“ in Hamm. Danach schaute er sich um: Wo sind in anderen

kleinen Städten bezahlbare Familienzeitungen mit Nachfolgeproblemen?

„Als ich das gemacht habe, haben mich viele bedauert oder

bemitleidet“, sagt er rückblickend. „Da hieß es damals schon − vor 40

Jahren: Die kleineren Zeitungen werden sterben. So dass ich auch

damals keinen Wettbewerber hatte. Es gab keinen, der sich für diese

kleinen Zeitungen interessiert hat.“

 

Seinen Hauptfehler sieht Ippen darin, vor 20 Jahren die Bedeutung des

Internets nicht rechtzeitig erkannt zu haben: „Wir hätten früher in

die digitalen Rubriken-Märkte einsteigen müssen.“ Doch trotz des

unaufhaltsamen Auflagenschwunds ist ihm um die Zukunft der Zeitungen,

die sich zu multimedialen Medienhäusern weiterentwickelt haben, nicht

bange: «Wir sind in Deutschland keine sterbende Branche bisher. Ich

sehe auch in Zukunft nicht ein plötzliches Zeitungssterben.“ Gerade

mit lokalen und regionalen Themen seien Zeitungen weiter gefragt.

Als ein Nestor der Branche ist Ippen vielfach gefragt. Doch seine

eigene Rolle spielt er eher herunter. Er wirkt ruhig und bescheiden

und deutlich jünger als 75. Dass in ihm weiterhin viel Energie

brodelt, machen aber seine Finger deutlich, mit denen er im Gespräch

sehr oft leise auf den Tisch trommelt.

 

Der promovierte Jurist, der in seiner Freizeit gerne wandert, ist

auch Schöngeist und Stifter − als Herausgeber von Gedichtbänden

produziert er Bestseller, als Förderer von Kulturprojekten und

journalistischem Nachwuchs pflegt er Mäzenatentum ohne viel

Aufhebens. Er schreibt auch selbst gern und meldet sich immer wieder

mit Verleger-Beiträgen zu aktuellen Themen zu Wort.