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Bernhard Remmers: "Ich setze weiter auf die Freiheit des Journalismus"

Zu Zertifizierungsgedanken der journalistischen Ausbildung hat Bernhard Remmers, journalistischer Direktor des Instituts zur Förderung publizistischen Nachwuchses (ifp) in München, eine klare Meinung: Er lehnt sie ab.

München - „Wir sind zertifiziert nach …“:  Ein anerkanntes Qualitätszeichen für eine hervorragende Ausbildung zum Beruf der Journalistin, des Journalisten. Das klingt ziemlich gut.

Endlich ein Qualitätsstandard, der jungen Leuten eine Orientierung gibt unter den unzähligen Ausbildungsangeboten von Hochschulen, Journalistenschulen und Akademien. Und die erhoffte Sicherheit, dass hier nach allgemein anerkannten Standards ausgebildet wird. So schön, so gut.

Trotzdem mag ich mich mit dem Gedanken an ein deutschlandweites Zertifikat für Journalistenschulen nicht anfreunden. Warum?

 

Bernhard Remmers, Journalistischer Direktor des Instituts zur Förderung publizistischen Nachwuchses (ifp) in München.

 

 

„Zertifiziert nach …“, da scheint die schöne deutsche Abkürzung DIN durch, früher als Deutsche Industrie-Norm bekannt.

Industrie und Norm, das passt für mich nicht zu einem lebendigen, freien und manchmal auch chaotisch, anarchischem Journalismus.

Aus gutem Grund hat sich in Deutschland nach den schlimmen Erfahrungen mit einer nationalsozialistischen Reichspressekammer die Einsicht durchgesetzt, dass der Zugang zum Journalismus frei ist. Niemals wieder sollten staatliche oder andere übergeordnete Stellen darüber das Sagen haben, wer diesen Beruf ausüben darf.

Diese „Unordnung“ in der Journalistenausbildung ist ein Teil der Pressefreiheit in einer demokratischen Gesellschaft.

Ganz praktisch stellt sich die Frage der Vergleichbarkeit der verschiedenen Ausbildungswege.

Allein die Journalistenschulen wie die DJS in München, die Henri-Nannen-Schule in Hamburg, die Evangelische Journalistenschule in Berlin und das katholische ifp in München bilden nach höchst unterschiedlichen Modellen aus.

Alle haben sie hervorragende Journalistinnen und Journalisten hervorgebracht, doch lassen sich die verschiedenen Bildungskonzepte tatsächlich einem einheitlichen Zertifikat unterordnen, ohne dass wir Äpfel mit Birnen vergleichen?

 

Unser Gastautor: Bernhard Remmers ist seit dem 1. Juni 2013 Journalistischer Direktor des ifp. Geboren 1958 in Münster, aufgewachsen in Westfalen und im Emsland. Studium der Geschichte und Sozialwissenschaften in Bonn, Volontariat im Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag, danach landespolitischer Korrespondent in Kiel. Von 1994 bis 2007 war Remmers Chefredakteur der Verlagsgruppe Bistumspresse (Osnabrück). Von 2008 bis 2013 betrieb er als selbstständiger Journalist und Medienberater die Medienwerkstatt am Rosenplatz in Osnabrück - in dieser Zeit Korrespondent der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" und Medienberatung für die Friedel & Gisela Bohnenkamp-Stiftung. Er ist Vorstandsmitglied in der Gesellschaft Katholischer Publizisten Deutschlands e.V. (GKP), Mitglied im Deutschen Journalisten-Verband (DJV)  und war von 2003 bis 2010 Mitglied der Jury für den Katholischen Medienpreis.

 

Vor allem aber: Wer kontrolliert die Einhaltung der vereinbarten Standards und sanktioniert mögliche Verstöße? Gewerkschaften, Verlegerverbände oder Hochschulkonferenzen?

Schwer vorstellbar, dass sich alle Ausbildungseinrichtungen einer solchen Kontrolle unterwerfen wollen.

Beispiel Bayern: Hier sammelt der MedienCampus erste Erfahrungen mit einem Qualitätssiegel in der Aus- und Fortbildung für Medienberufe.

Auch Journalistenschulen und Akademien nutzen diese Chance zum Feedback, zur Diskussion mit externen Fachleuten über die eigenen Ansprüche. Als verbindliches Zertifikat der Journalistenausbildung kann aber ein Siegel nur schwerlich dienen, das von einer Einrichtung  verliehen wird, deren Vorsitzender ein Staatssekretär der bayerischen Staatsregierung ist.

So setze ich weiter auf die Freiheit des Journalismus.

Und die bedeutet auch in der Journalistenausbildung zuallererst Verantwortung. Die verschiedenen Anbieter schulden ihrem journalistischen Nachwuchs eine professionelle Ausbildung.

Dem dient zum Beispiel die im Rahmen der Initiative Qualität im Journalismus von vielen Schulen und Hochschulen bereits unterzeichnete Selbstverpflichtung.

Und in diesem Sinne ist auch die von Oscar Tiefenthal vorgeschlagene „Qualitäts-Charta“ für Journalistenschulen ein interessanter Ansatz, den es weiter zu diskutieren gilt.

Das sorgt dann vielleicht auch für eine höchst mögliche Transparenz, die den interessierten jungen Leuten eine Orientierung möglich macht.

Den möglichen Berufseinsteigern sei vor allem eine gute Recherche empfohlen: Schaut nach den Dozenten und Trainern der verschiedenen Anbieter, studiert die Seminarkonzepte und Lehrpläne und fragt erfahrene Berufskollegen nach ihren eigenen Erfahrungen.

Denn der verlässlichste Qualitätsnachweis einer Journalistenschule sind immer noch erfolgreiche und gute Journalisten.

Bernhard Remmers

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