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Norbert Linke: Zertifizierungen gehören zur Professionalisierung im Journalismus dazu

Wer Professionalisierung im Journalismus will, muss sie auch für Einrichtungen der Weiterbildung verlangen. Das erklärt Norbert Linke, Gründer der FFH-Academy.

Bad Vilbel - Wie informiert sich jemand, der eine journalistische Fortbildung sucht, ein Seminar, einen Workshop, ein Training?

Oft doch wohl so: Es werden die Webseiten der einschlägigen Einrichtungen gecheckt, Trainer gegoogelt, Kollegen und Freunde gefragt. Die Ergebnisse sind nicht zwangsläufig verlässlich. Wie sollten sie? Jedes einzelne Angebot bis in den letzten Winkel abzuklopfen auf Seriosität und Passgenauigkeit, kann dauern.

 

Norbert Linke ist Gründer der FFH-Academy.

 

Das Problem: Wie die Berufsbezeichnung "Journalist" frei und ungeschützt ist, so kann sich jedermann "Trainer" nennen oder eine Weiterbildungseinrichtung betreiben. Das birgt Risiken.

Denn wo ist der Maßstab, an dem sich die Qualität einer Einrichtung oder eines Trainers messen liesse?

Zertifizierungen sind hier ein erster Schritt. Sie bringen ein Mindestmaß an Verlässlichkeit und Vergleichbarkeit. Der Kunde sieht: Die Einrichtung hat sich der (Über-)Prüfung durch externe Gutachter gestellt und sich messen lassen an definierten, vielleicht sogar branchenübergreifenden Standards. Checks & Balances, sie sind auch im Weiterbildungssektor unerlässlich.

Die Begutachtung nutzt aber auch dem Begutachteten selbst. Im Verlauf des Verfahrens erhält er Rückmeldung über etwaige Defizite seiner Einrichtung. Die er andernfalls erst im Konflikt- oder Problemfall wahrgenommen hätte - mit womöglich weitreichenden wirtschaftlichen Folgen. Das kann niemand wollen.

Zertifizierungen sind also eine gute Sache. Sie sollten freilich nicht beschränkt bleiben auf Einrichtungen, sondern auch für Trainer Standard werden, die nicht im Auftrag und für Einrichtungen unterwegs sind, sondern auf eigene Rechnung.

Der Grund liegt auf der Hand: Ebenso wenig wie ein Fachmann von vornherein eine gute Führungskraft ist, ist ein Experte auch ein guter Trainer. Spezifische Trainingskompetenz sollte gelehrt, gelernt, dokumentiert und eben auch mit Brief und Siegel attestiert sein.

Fragen bleiben: Wer zertifiziert die Zertifizierer? Brauchen wir einen einheitlichen Katalog an Standards journalistischer Weiterbildung? Womöglich eine übergeordnete Institution, die alle (!) Einrichtungen der journalistischen Weiterbildung unter die Lupe nimmt? Wer sollte Träger sein? Und mit welcher Macht (!) sollte sie ausgestattet sein? Wer sollte ihr diese Macht verleihen?

Eine bessere Option: Eine Selbstkontrollinstanz der journalistischen Weiterbildungsbranche. Bevor es andere tun, sollte sich die Branche selbst proaktiv auf Mindest-Standards ihrer Arbeit verständigen.

Aber will sie das wirklich? Sind Zertifizierungen nicht vielmehr eine gern gesehene Grösse im Wettbewerb? Auf Seiten derer jedenfalls, die sich die Mühe einer Zerzifizierung gemacht haben? Ein Instrument also, um den Abstand zum Wettbewerber vor den Augen des Kunden ausdrücklich zu dokumentieren?

Bedeutet das womöglich im Umkehrschluß: Hat, wer Zertifizierungen ablehnt, etwa bloß die Sorge, einer Zertifizierung nicht stand zu halten?

Norbert Linke

Ihre Meinung interessiert uns. Was halten Sie von Zertifizierungen für Weiterbildungen im Mediensektor? Was macht ein gutes Seminar aus? Wie kann die Spreu vom Weizen getrennt werden? Schreiben Sie uns an redaktion@newsroom.de.

Unser Gastautor: Norbert Linke studierte in München Kommunikationswissenschaften, arbeitete zugleich als freier Mitarbeiter für den „Münchner Merkur“. 1986 ging er zum Radio. 1989 wurde er Mitglied der Gründungsredaktion von HIT RADIO FFH, seit 1991 leitete er die Nachrichtenredaktion des Senders. 2009 machte er sich selbständig. Mit seinem Beratungsunternehmen news-n-cast trainiert und coacht er seither NachrichtenredakteurInnen im gesamten deutschen Sprachraum. In zwei Büchern ("Radio-Lexikon", 1997, und "Moderne Radionachrichten", 2007) setzte er sich vertieft mit dem Radio-Metier auseinander. Norbert Linke ist Autor des "Radio-Guidebook", eines Pressekodexes für das Radio (im Auftrag der Bundeszentrale für politische Bildung). 2010 rief der die FFH-Academy ins Leben, die unter anderem offene Workshops für Redakteure, Reporter und Moderatoren im Radio anbietet. Die FFH-Academy ist zertifiziert als "geprüfte Weiterbildungseinrichtung" von "Weiterbildung Hessen e.V.".

 

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