Baden-Württemberg
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Journalismus und Corporate Publishing: Was beide Seiten eint und was sie trennt

Journalismus und Corporate Publishing: Was beide Seiten eint und was sie trennt

„Wie viel Journalismus steckt in Unternehmensmedien?“ lautete die Leitfrage einer Podiumsdiskussion, die am 25. Oktober an der Universität Hohenheim stattfand. Kommunikationsmanagement-Studierende luden gemeinsam mit dem Fachgebiet Kommunikationswissenschaft und Journalistik sowie der DPRG Landesgruppe Baden-Württemberg zum KommunikationsImpuls ein. Zur Expertenrunde gehörten Sabine Schröder, Leiterin Corporate Publishing der Porsche AG, Michael Gerster, Korrespondent der Automobilwoche, und Matthias Straub, Chefredakteur bei der fischerAppelt, play GmbH. An der Veranstaltung nahmen rund 50 Studierende und DPRG-Mitglieder teil.

Studierende präsentieren Impulse aus der Forschung

Zu Beginn präsentierten die Master-Studierenden in Impulsvorträgen die zentralen Ergebnisse aus Fallstudien. Die erste Arbeitsgruppe hatte sich mit dem Relaunch des Kundenmagazins von Mercedes-Benz beschäftigt und festgestellt, dass sich die Neuauflage weniger an produktzentrierten Themen orientiert, sondern Menschen in den Mittelpunkt stellt und die Markenwelt des Automobilkonzerns betont. Das zweite Team hatte untersucht, wie Kinder das Kundenmagazin „Yummi“ von EDEKA bewerten. Die Ergebnisse zeigen, dass Kinder Unternehmensmedien unkritisch gegenüberstehen und für sie in erster Linie die Inhalte zählen. Der letzte Impulsvortrag stellte heraus, dass Leser durchaus Unterschiede zwischen Unternehmensblogs und journalistischen Online-Medien wahrnehmen. Obwohl Leser die Kürze, Prägnanz und informelle Schreibweise von Unternehmensmedien positiv bewerten, ist ihnen die Berichterstattung der Unternehmen zu einseitig und oberflächlich. Diese Erkenntnisse waren der Impulsgeber für die anschließende Podiumsdiskussion, die die Studierenden Elisa Weber und Daniel Setili moderierten.

Journalismus und Corporate Publishing – ein ungleiches Paar

Unternehmensmedien seien in den letzten Jahren immer wichtiger geworden. Weil klassische Werbung nicht mehr wirke, müssten Unternehmen attraktiven Content kreieren, um Rezipienten für Marken und Unternehmen begeistern zu können, erklärt Matthias Straub. Doch wie viel Journalismus steckt in solchen Unternehmensmedien? Für Michael Gerster ist Corporate Publishing nicht mit Journalismus gleichzusetzen: „Unter dem Deckmantel des Journalismus bedienen sich Unternehmensmedien journalistischer Kompetenzen, um Werbung für das eigene Unternehmen zu machen“, so der Korrespondent der Automobilwoche. Sabine Schröder stimmt dieser Ansicht zu. Die Aufgabe von Corporate Publishing liege darin, mithilfe von journalistischen Kompetenzen schöne Geschichten zu erzählen und ein positives Unternehmensbild in die Welt zu tragen. Corporate Publishing und Journalismus unterscheiden sich für Matthias Straub vor allem in der Zielsetzung: „Unsere Botschaften sind in erster Linie werblich – aber wen juckt’s?“. Er ist der Meinung, dass Rezipienten von Content Marketing weniger an reiner Informationsvermittlung interessiert sind, sondern viel mehr unterhalten, inspiriert und emotional angesprochen werden wollen.

Die Machtverhältnisse verschieben sich zum Vorteil der PR

Dass sich Journalismus und Unternehmenskommunikation immer mehr überschneiden, birgt eine gewisse Gefahr, warnt der Journalist Michael Gerster. Es werde immer schwieriger zwischen einer seriösen Nachricht und einem Unternehmensinhalt zu unterscheiden. Matthias Straub als Chefredakteur einer Kommunikationsagentur sieht dies anders: „Wir sollten die Leser nicht für unmündig halten. Vielen ist bewusst, ob sie Unternehmensinhalte oder Nachrichten konsumieren.“

Unternehmen investieren immer mehr in eigene Medien. Das spürt auch der Michael Gerster. Er berichtet, dass viele seiner Kollegen auf die andere Seite „überlaufen“ und sich die Machtverhältnisse immer mehr in Richtung PR verschieben. Um für die Zukunft gewappnet zu sein, müsse sich der Journalismus auf seine Wurzeln besinnen.

Doch in einem Punkt sind sich alle Experten einig: Journalisten spielen eine zentrale Rolle, um gesellschaftlich relevante Themen aus der Informationsflut zu filtern und diese kritisch zu beleuchten. Corporate Publishing und Journalismus schließen sich nicht aus, sondern können koexistieren, lautet das Fazit der Runde.

Autoren/Fotocredit: Studierende im Master-Studiengang Kommunikationsmanagement, Universität Hohenheim