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Arbeiten, ohne auszubrennen: So finden Medienprofis ihre Motivation wieder

Arbeiten, ohne auszubrennen: So finden Medienprofis ihre Motivation wieder Attila Albert

Wer sonntags Bauchweh vor dem Wochenstart hat, verliert langfristig Energie und Freude. Karrierecoach Attila Albert erklärt, wie Journalistinnen und Journalisten ihre Motivation zurückgewinnen und ihre Arbeit wieder als Bereicherung erleben können.

Berlin – Meist braucht es gar nicht viel Nachdenken, um für sich zu entscheiden, ob man sich an seinem Arbeitsplatz wohlfühlt. Man spürt, ob man freitags erschöpft und nur froh ist, dass die Arbeitswoche endlich vorbei ist – oder zwar geschafft, aber auch dankbar und stolz darauf, was man erreichen konnte. Ebenso nach dem Wochenende: ob man sich sonntags wieder auf seine Kollegen und die Arbeit freut – oder am liebsten nie mehr hingehen würde. Langweilige oder sogar stumpfsinnige Aufgaben, schwierige Chefs oder Kollegen, eine chaotische, überforderte Organisation demotivieren auf Dauer jeden.

 

„Aber muss Arbeit überhaupt Freude machen?“, kann man zu Recht fragen. Meine Antwort wäre: Muss sie nicht – aber da sie für die meisten Medienprofis schon aus finanziellen Gründen unvermeidlich ist und zudem viel Lebenszeit einnimmt, wäre es empfehlenswert. Zyniker würden entgegnen: „Am Ende ist jede Arbeit eine Pflicht.“ Es gibt aber unzählige Berufstätige, die gern zur Arbeit gehen und Freude an dem haben, womit sie sich dort beschäftigen – vielleicht nicht jeden Tag, aber weit überwiegend. Gerade wer sich an seine Anfangsjahre erinnert, denkt oft: „Das hat mir hier doch einmal Spaß gemacht!“

 

Was einen beruflich motiviert, ist dabei individuell unterschiedlich und ändert sich zudem, je nach Lebensphase, immer wieder einmal. Stehen zu Karrierebeginn oft interessante Aufgaben, ein attraktives Gehalt und Aufstiegschancen im Mittelpunkt, können es zu einem späteren Zeitpunkt die gute Vereinbarkeit mit familiären Verpflichtungen, der Freiraum für eigene Projekte oder mehr Sinnhaftigkeit sein (ausführlich dazu in meinem Ratgeber Ich brauch keinen Purpose, sondern Geld). Sie müssen also nicht zwingend „intrinsisch“ – aus innerem Antrieb oder durch Anreize aus der Tätigkeit selbst – sein.

 

Ursache der Demotivation klären
Bei einer mehrmonatigen oder -jährigen Motivationsschwäche ist entscheidend, die genaue Ursache zu klären, eventuell mit Hilfe eines Mentors oder Coaches. Nur so sind sinnvolle nächste Schritte möglich, um möglichst bald wieder Freude an seiner Arbeit zu haben. Meist fällt die Ursache der Demotivation in eine dieser Kategorien:

  • Erschöpfung: Wer beruflich oder privat überlastet ist, schafft seine Arbeit kaum noch und freut sich verständlicherweise nicht mehr darauf. Ebenso gilt das bei ständigen Konflikten am Arbeitsplatz. Hier helfen anfangs mehr Erholungsphasen und eventuell eine Reduzierung der Arbeitszeit (Teilzeit), langfristig meist nur ein Stellenwechsel.
  • Langeweile: Die meisten Tätigkeiten erschöpfen sich nach einer gewissen Zeit. Man wird nicht mehr herausgefordert und lernt wenig dazu, bleibt aber aus Risikoscheu oder mangels Alternativen. Eine Weiterbildung, aber zielführend ausgewählt, hilft hier bei einem Neuanfang. Danach: auf anspruchsvollere Positionen bewerben.
  • Neue Prioritäten: Mit den Jahren verändern sich die persönlichen Ziele und Werte, aber auch die Lebensumstände (z. B. Heirat, Kinder, Pflege von Angehörigen). Auf einmal erhält der Beruf einen anderen Stellenwert oder soll einem neuen Zweck dienen. Wichtig hier: der Mut zu Klarheit und konsequenten Entscheidungen.


Die präzise Unterscheidung der Gründe ist wichtig, um nicht durch eine falsche Strategie noch unnötig Zeit zu verlieren und wertvolle Chancen zu vergeben. Beispiel: Sie sind nicht mehr motiviert und meinen, es liege an Ihrem – tatsächlich schwierigen – Chef und der Firmenkultur. Aber eventuell ist der Hauptgrund, dass Sie aus Ihrer bisherigen Stelle herausgewachsen sind und neue, anspruchsvollere Aufgaben bräuchten, die Sie intellektuell wieder herausfordern. Reagieren Sie stattdessen darauf, indem Sie ein Sabbatical ansetzen, verschleppen Sie das Problem nur und binden sich zudem weiter an die alte Stelle.


Wiederholte kleine Ärgernisse demotivieren

Gelegentlich lassen sich wiederkehrende Ärgernisse identifizieren, die für sich allein wenig bedeutsam erscheinen, aber durch die ständige Wiederholung demotivieren. Beispiele: eine launische Chefin, die Sie regelmäßig ungerecht behandelt; Lärm und Unruhe im Newsroom; eine chaotische Arbeitsorganisation, wegen der Sie immer wieder Überstunden leisten müssen. Hier stehen Sie vor einer Grundsatzfrage: Kann ich es ändern oder mich zumindest damit arrangieren? Wenn nicht: Es hat wenig Sinn, sich immer wieder über das Gleiche zu ärgern oder zu beklagen. Irgendwann braucht es dann Konsequenzen.


Eine grundlegende Unzufriedenheit, weil die Tätigkeit beispielsweise persönliche Werte verletzt, baut sich schnell auf und entlädt sich manchmal abrupt (z. B. eigene Kündigung). Demotivierung kommt dagegen häufig schleichend, so wie man sich im Privaten manchmal über die Jahre „auseinanderlebt“. Hier und da kleine Enttäuschungen, schließlich entdeckt man interessantere Betätigungsfelder anderswo (z. B. Freizeit, Hobby, Nebenjob). Auf einmal wird die einst freiwillig eingegangene Bindung zu einer lästigen Pflicht, schließlich zu einem Zwang, der einen von der eigenen Entfaltung zurückhält.


Schon die Aussicht auf Verbesserung kann neu motivieren. Wer nur noch ein schwieriges Projekt abschließen muss und sich dann auf eine neue Aufgabe freuen kann, wer eine spannende Weiterbildung begonnen hat, die ihm neue Perspektiven eröffnen wird, wer eine bessere Stelle in Aussicht hat – der ärgert sich nicht mehr über das Bestehende, sondern fokussiert sich auf das Kommende. Neue Motivation erfordert dabei nicht zwingend einen Bruch mit dem Bestehenden, aber den Mut und die Kraft, die aktuelle Situation (z. B. Aufgabengebiet, Stellenprofil, Gehalt) anzugehen und zu verändern.

 

Zur vergangenen Kolumne: Wenn Teams zerbrechen

 

Zum Autor: Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der Freien Presse, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA.

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