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„Die 500“: Annett Patzschkes Traumberuf war Lehrerin

Wer sind die Kolleginnen, die die Medien bewegen? Newsroom.de präsentiert „Die 500“, Medienmacherinnen aus den verschiedenen Bereichen, bei denen Leidenschaft für Medien mit dem Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zusammenkommt. Dazu gehört Annett Patzschke.

Halle - Für Annett Patzschke ist das Radio weiterhin ein ideales Nachrichtenmedium: "Trotz des vermeintlich übermächtigen Internets ist Radio noch immer das schnellste Medium, um Information und Service in der Fläche zu verbreiten."

Zur Person: Annett Patzschke, 41, CvD Radio Brocken.

 

"Ob Musik, Unterhaltung oder Information: Radio ist in jeder Minute neu", sagt Annett Patzschke. "Und das Schönste daran: Es ist immer auch emotional, denn es wird von Menschen gemacht."

 

 

Ausbildungsweg und berufliche Stationen

• 1989-1991 Studium Grundschullehramt

• 1991-1994 Studium Sozialpädagogik

• 1994-1996 Volontariat Radio Brocken

• 1996-2003 Freie Redakteurin (landesweite Radiostationen und Stadtfernsehen), daneben Off Air-Moderation

• seit 2004 angestellt im Funkhaus Halle als Nachrichtenredeakteurin, Nachrichtenleiterin,

CvD Radio Brocken


Auszeichnungen

Beteiligt im Redaktionsteam für den:

Rundfunkpreis Mitteldeutschland: „Das Radio Brocken Wahl Spezial zur Landtagswahl 2011“

Rundfunkpreis Mitteldeutschland: „Der Radio Brocken Osterspaziergang 2013“

Welche Erwartungen standen am Auftakt Ihrer beruflichen Laufbahn?

Annett PatzschkeMein Traumberuf: Lehrerin.

Radio oder Fernsehen: Unerreichbar.

Meine Leidenschaft war die Bühne: Mit der Mutter sang ich jedes Wochenende selbst komponierte Volksmusik und moderierte unsere Programme, seit ich 13 war.

„Bewirb dich doch mal beim Radio, du sprichst so gut“ sagten Verwandte.

„Kann ich ja mal probieren“, sagte ich. Und dachte: `Das wird sowieso nichts`.

Besprach eine Kassette unter Bettdecke (damit es nicht so hallte) und schickte diese zu Radiosendern im Umkreis - in Halle, Magdeburg und Leipzig.

Es folgten drei Vorstellungsgespräche und drei Einladungen zum Praktikum.

Aus logistischen Gründen entschied ich mich für den Sender in meiner Stadt: Radio Brocken in Halle. Ich hatte schließlich eine dreijährige Tochter, die ich in den Kindergarten bringen musste.

Das Praktikum war der Eintritt in eine neue Welt: Alles sehr wichtige Menschen mit großem Selbstbewusstsein und sehr laut.

Ich lernte, eher leise, Texte schreiben und Beiträge mit der Bandmaschine schneiden und auch, dass junge Frauen mit Kind in einer Redaktion als Verrückte galten. Aber ich war hartnäckig und so fasziniert von dem Medium, dass ich es schaffte, 10 Stunden Arbeit plus Kind zu organisieren, auch im darauf folgenden Volontariat. Désirée Nosbusch und Dagmar Berghoff waren meine Vorbilder. Aber dass ich selbst einmal on Air sein würde, hätte ich damals nicht zu träumen gewagt.

Was bewegt und motiviert Sie heute in Ihrem Beruf?

Annett PatzschkeEs gibt nichts Spannenderes (aber auch Stressigeres) als Tagesaktuelles Arbeiten. Trotz des vermeintlich übermächtigen Internets ist Radio noch immer das schnellste Medium, um Information und Service in der Fläche zu verbreiten. Das fordert mich täglich aufs Neue, fordert meine Konzentration und Multitasking-Fähigkeit. Und hält mich jung.

Ob Musik, Unterhaltung oder Information: Radio ist in jeder Minute neu. Und das Schönste daran: Es ist immer auch emotional, denn es wird von Menschen gemacht. Unsere Hörer in ihrer Lebenswelt abzuholen, ihre Befindlichkeiten aufzuspüren und ihre Themen zu transportieren – das liebe ich an meinem Job. Wenn die Sachsen-Anhalter von ihrer Tätigkeit ablassen, weil sie gerade etwas Spannendes bei uns im Radio hören, dann sage ich zufrieden: Alles richtig gemacht!

Und daneben ist es natürlich der Redaktionsalltag im Großraumbüro mit all seinen kleinen und großen Katastrophen, der wahnsinnig viel Spaß macht. So viele unterschiedliche Menschen auf einem Haufen – und alle mit dem gleichen Ziel: Ein gutes Programm machen und immer schneller und besser sein als die „anderen“. Es wird nie langweilig!

Schreiben, sprechen, planen, anleiten, motivieren, brainstormen, trösten… all das macht meine tägliche Arbeit aus. Mit und für Menschen etwas tun – ich liebe es.

Wer wäre Ihre Wunschverabredung für ein Geschäftsessen? Was stünde ganz oben auf der Gesprächsagenda?

Annett PatzschkeIch habe drei Wunsch-Gesprächspartner:

Mit Harald Schmidt würde ich über seine Tätigkeit als (ehrenamtlicher) Moderator der Depressionskongresse in Leipzig sprechen. Depression (oder Burnout) ist in unserer Branche eine tot geschwiegene Gefahr und ein Thema, über das offen gesprochen werden muss.

Mit Angela Merkel würde ich darüber reden, wie es ihr ging, als sie sich und ihre Enkelkinder auf Paparazzi-Fotos in der Bildzeitung sehen musste, die suggerierten: Merkel kann nicht Oma. Mir persönlich hätte das sehr wehgetan.

Würde Isabell Allende meiner Einladung folgen, spräche ich mit ihr übers Schreiben, über Chile und über Männer☺.

 

Newsroom.de präsentiert im Rahmen der Aktion "Die 500" engagierte Medienfrauen aus Journalismus, Verlagswesen, Medienmanagement, Öffentlichkeitsarbeit, PR und Marketing, aus Print, TV, Web und Hörfunk. Ein Baustein für den Erfolg von Frauen in der Medienbranche ist auch ihre Sichtbarkeit. Diese Sichtbarkeit der Medienmacherinnen wollen wir mit "Die 500" steigern.

 

 

Ein Meilenstein meines bisherigen Lebens war...

Annett Patzschke…die Zeit nach meiner Trennung. Ich wohnte mit beiden Kindern allein in einer unsanierten Altbauwohnung mit Ofenheizung. Und musste darauf vertrauen, dass meine damals 13-jährige Tochter nicht vergaß, morgens die Kachelöfen zuzudrehen und ihren 5 Jahre jüngeren Bruder und sich selbst pünktlich schulfertig zu machen.

Ich hatte zu dieser Zeit täglich ab 4 Uhr morgens Nachrichtenschicht und war lange im Sender, bevor die beiden aufstanden. Zum Glück waren meine tollen Kinder so selbständig!

Das Positive der Morgenshow: Nachmittags, wenn die Kinder aus der Schule kamen und ich einen kurzen, komatösen Mittagsschlaf hinter mir hatte, hatte ich Zeit für viel Schönes miteinander.

Es war eine sehr anstrengende Zeit, in der ich Verletzungen VERarbeitet und im Job und zu Hause hart GEarbeitet habe. Aber es war auch eine sehr intensive Zeit, die uns als Dreierteam fest zusammengeschweißt hat.

Man sagt mir nach, ich sei...

Annett Patzschke: ……kreativ, spritzig, zielstrebig, jung geblieben und empathisch. Ich könne andere begeistern, gut zuhören und hätte ein Gespür für Themen und Stimmungen. Ich könne motivieren, konstruktiv kritisieren und hätte ein großes Herz.

Mitunter bezeichnet man mich auch als straighte Powerfrau, die sich die „Jobjacke“ im Privatleben aber immer wieder ausziehen kann.

MaNN sagt dagegen, ich sei ein „überengagierter Kümmerer“ und ein „Holzkopf“… was ich mal als Kompliment sehe☺.

Frauen sind die...

Annett Patzschkee: …besseren Führungskräfte, weil sie ganzheitlich führen: Mit Kopf UND mit HERZ - vor allem dann, wenn sie selbst Mütter sind.

Frauen haben die feineren Antennen für Befindlichkeiten und Stimmungen, ohne dabei ihre Professionalität oder ihr Ziel zu vernachlässigen.

Frauen können gleichzeitig einen Text verfassen, eine Mail lesen, den Einkaufszettel schreiben, an die Elternsprechstunde denken und nebenbei noch dem Kollegen zuhören, und das sogar zwischen den Zeilen. Außerdem sind Frauen auch die größeren Organisationstalente.

Ein angenehmes Arbeitsklima und motivierte (weil dann gute) MitarbeiterINNEN sind uns Frauen wichtiger als Macht und Geld. Profilneurosen haben wir auch seltener.

Wir Frauen sorgen für die Wärme im knallharten Business und haben nicht nur das große Ganze, sondern auch die Details im Blick. Und wir lachen und loben mehr.

Die Fragen an Annett Patzschke stellte Newsroom.de-Chefredakteur Bülend Ürük.

 

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