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Er gewann den Reporter-Preis in der Kategorie Interview: Was Journalisten von Bastian Berbner lernen können

Er gewann den Reporter-Preis in der Kategorie Interview: Was Journalisten von Bastian Berbner lernen können Bastian Berbner. Foto: privat

Für ein außergewöhnliches Interview wurde „Zeit“-Autor Bastian Berbner mit dem Deutschen Reporterpreis 2015 in der Kategorie Interview ausgezeichnet. Was Journalisten von ihm lernen können. Von Bülend Ürük.

Hamburg - Zwei Jahre lang buhlte „Zeit“-Autor Bastian Berbner darum, in New York einen ehemaligen Gefangenen der Nusra-Front interviewten zu dürfen. Letztlich interviewte der 31-Jährige auch dessen Zellengenossen – und thematisierte ihr Beziehungsdrama im Terroristenknast. Berbners Lohn war neben dem Honorar von der „Zeit“ auch der Reporterpreis für das "Beste Interview" 2015, obwohl er das Interview ohne Fragen veröffentlichte. „Diese Geschichte musste ich einfach erzählen“, war sich Berbner schnell sicher.

 

Die Reporterpreis-Jury lobte „die durchdachte Dramaturgie und die gelungene Verzahnung der beiden Perspektiven“ als „eine gelungene Ausweitung des Interview-Genres“. Mit dem "Zeit"-Text „Die Hölle, das sind die anderen“  hat Berbner die Chance genutzt, ins „Innere zweier Menschen in einer Extremsituation zu schauen, auf ihre Persönlichkeiten, auf die Essenz ihrer Charaktere“. 

 

Nun lässt Berbner im Gespräch mit Mario Müller-Dofel, der bei der ABZV das Internetportal „Gesprächsführung“ verantwortet, auf seine Arbeitsweise schauen. Journalisten, die den Insiderblick nutzen möchten, um ihr eigenes Handwerkszeug aufzufrischen, bietet Berbner mindestens fünf Lehren:

 

1. Wer einen außergewöhnlichen Interviewpartner anfragt, nicht gleich eine Zusage bekommt und deshalb schon bald die Finger von ihm lässt, verpasst womöglich eine preisverdächtige Geschichte. Berbner beißt sich schon mal zwei Jahre lang erfolgreich fest.  

 

2. Wer meint, es braucht eine ausgeklügelte Fragestrategie, um den einzigen Interviewpreis Deutschlands zu gewinnen, sollte sich mal hinterfragen. Berbner geht ohne ausformulierte Fragen in Printinterviews und findet seine Strategie „intuitiv“.

 

3. Wer denkt, begehrte Interviewpartner sind immer in Eile, weil sie so viele Interviews geben, macht womöglich etwas falsch. Berbner hat seine beiden Protagonisten für den Reporterpreis-Text insgesamt rund zehn Stunden lang interviewt.

 

4. Wer zu faul ist, seine Interviews aufzunehmen, um sie dann zeitsparend vom sogenannten Gedächtnisprotokoll abzutippen, ist bei der „Zeit“ womöglich falsch. Berbner tippt manche heftig lange Interviews sogar wortwörtlich ab, um sie nochmal zu erleben. Eigenhändig!  

 

5. Wer behauptet, seine Interviewtexte wären viel besser, wenn es die umstrittene Autorisierungspraxis nicht gäbe, sollte seine Gesprächspartner davon überzeugen, dass die Autorisierung unnötig ist. Berbner dampfte seine 243.000 Anschläge langen Interviewabschriften mit seinen beiden Interviewpartnern erst alleine auf 45.000 Textzeichen ein. Die vom Preisträger hochgelobten „Zeit“-Redakteure Tanja Stelzer und Wolfgang Uchatius besorgten den Rest bis zum Veröffentlichungsniveau. Eine Autorisierung verlangten Berbners Interviewpartner allerdings nicht.

 

Fazit, an Wolf Schneider angelehnt: Qualität kommt von Qual und wird belohnt.

 

Bülend Ürük

 

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