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Wirtschaftsjournalist Marc Beise für sein Lebenswerk ausgezeichnet

Wirtschaftsjournalist Marc Beise für sein Lebenswerk ausgezeichnet Marc Beise (Foto: Oliver Welke)

Er hat in 26 Jahren den Wirtschaftsteil der „Süddeutschen“ geprägt. Warum die „Wirtschaftsjournalist:in“-Jury den Juristen und Volkswirt ehrt.

München – Marc Beise geht zum Jahresende in Rente. Pünktlich zu diesem Schritt zeichnet ihn die Jury der „Wirtschaftsjournalist:in“ für sein Lebenswerk aus. Roland Karle hat ihn porträtiert. Ein Auszug aus dem Artikel „Der Marc regelt das schon“:


„Marc Beise hat – und das ist wahrlich kein Begriff, der zu ihm passt – das „gesetzliche Renteneintrittsalter“ erreicht. An Silvester ist für ihn Schluss bei der „Süddeutschen Zeitung“. 
Die vergangenen drei Jahre hat Beise als Italien-Korrespondent für die SZ in Rom verbracht. „Ich wollte zum Abschluss meiner Laufbahn gerne noch ins Ausland gehen.“ Was nimmt er mit aus dem Nachbarland, in das er privat schon so oft gereist war? „Die Italiener sind unzufrieden mit der Politik und schimpfen viel“, sagt Beise, „aber sie genießen das Leben. Diese Leichtigkeit imponiert mir.“


(...)


Vor seiner langen Karriere als Wirtschaftsjournalist nahm er einen Abzweig in die Forschung und kehrte für rund sechs Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter an die Uni Tübingen zurück. Falls es einer Gewissheit bedurfte, hatte er sie nach dieser Zeit. „Mein Herz hängt am Journalismus, ich will mich jeden Tag informieren, etwas Neues lernen und darüber schreiben“, so Beise.

Beim „Handelsblatt“ traf er auf Chefredakteur Rainer Nahrendorf, der ihn forderte und (be)förderte. Als Ressortleiter Wirtschaftspolitik beim wichtigsten Business-Blatt der Republik befand sich Marc Beise in aufgerückter Position und auf bestem Wege, weshalb nur wenige dort verstanden, weshalb er 1999 dem Ruf von Hans Werner Kilz und der „Süddeutschen Zeitung“ folgte. 

Für einen kreativen Geist wie Marc Beise ein Grund mehr, die Offerte aus München anzunehmen. Zumal ihn die „Süddeutsche“ als tägliche Begleiterin früh gepackt hatte. Sein Vater, ein Jurist, las seit jeher die FAZ, Sohn Marc dagegen leistete sich schon als Schüler ein SZ-Abo. Dort nun einsteigen und arbeiten zu können, „war für mich auch emotional eine große Sache“, so Beise. 

Das SZ-Wirtschaftsressort leitete damals Nikolaus Piper, Bestsellerautor („Felix und das liebe Geld“) und einer der fähigsten Wirtschaftserklärer überhaupt. „Nik war der Beste. Mein absolutes Vorbild, ein großer Denker und Autor, klug, wissend. Und vor allem ein feiner Mensch“, sagt Marc Beise über seinen im letzten Jahr verstorbenen Wegbegleiter.

Als Piper 2007 für die SZ nach New York ging, übernahm Beise zusammen mit Ulrich Schäfer die Ressortleitung. Und er verfolgte weiter ehrgeizig seinen Plan: Wirtschaft anders anzupacken, lebendiger zu machen, unterhaltsamer zu erzählen und vor allem so gekonnt zu vermitteln, dass „jeder Beitrag im Wirtschaftsteil für gebildete Menschen, also die Kernleser der SZ, auch ohne ökonomisches Vorwissen zu verstehen ist“. So entstanden auch neue Formate, das wohl bekannteste und erfolgreichste: „Reden wir über Geld“. Initiiert von Alexander Hagelüken, inzwischen Wirtschaftspolitik-Chef, erscheint es seither jeden Freitag. Beise erinnert sich gut an das erste Interview der Reihe – mit Rapper Bushido. „Das hat auch intern einige Wellen ausgelöst“, sagt er schmunzelnd. „Aber unsere Leser lieben diese Rubrik.“ 

Beise war stets ein kommentierfreudiger und meinungsstarker Autor, der für eine marktwirtschaftlich geprägte Ordnungspolitik steht, aber im direkten Kontakt sowohl mit dem Arbeitgeberlager als mit Gewerkschaften gut kann. Weil er offen für konträre Positionen ist und Lust am Widerspruch hat. Mit dem TV-bekannten Professor Hans-Werner Sinn ist er privat befreundet, was ihre beiderseitige Streitlust in Fachfragen nicht schmälert. Und Sarah Wagenknecht hat er, als sie noch die PDS anführte, zum SZ-Wirtschaftsgipfel eingeladen, sie interviewt und auch mit Unternehmern diskutieren lassen. „Sie hat mich mal ihren Lieblingsgegner genannt, das hat mir gut gefallen“, sagt Beise. 

Zu seinen Verdiensten zählt sicher, dass er besagten SZ-Wirtschaftsgipfel gegründet und ausgebaut hat. Die mittlerweile dreitägige Veranstaltung fand gerade zum 19. Mal im Berliner Adlon statt und ist zu einem Treff- und Anziehungspunkt für Größen aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft geworden. „Der Wirtschaftsgipfel hat einen gehörigen Anteil meiner Zeit beansprucht, ebenso wie die Führung des Ressorts“, sagt Beise. Er habe stets Wert auf guten Teamgeist gelegt. „Meine Leute sollten sich miteinander wohlfühlen.“ Vom Stamm des 30-köpfigen Kernressorts hat er bis auf wenige Ausnahmen alle selbst eingestellt. 

Hans-Jürgen Jakobs, der 2011/12 mit ihm zusammen das Ressort leitete, bewunderte an ihm, wie er auch „noch kurz vor Redaktionsschluss seinen Humor bewahrt“. Und die Abschiedszeitung für ihren Chef, die ihm sein Team anlässlich seines Wechsels nach Rom gestaltete, machte auf mit: „Der Marc regelt das schon.“ Die Zeile gefällt ihm. „Ich glaube, sie passt ziemlich gut.“ 

 

 

Must-Reads in der neuen „Wirtschaftsjournalist:in“

  • Ausgezeichnet. Die „Wirtschaftsjournalistinnen und -journalisten des Jahres“
  • Waffen und Worte. Wie man Fehler beim Schreiben über das Thema Defense vermeidet
  • Finanzjournalismus. Wenn Empfehlungen ins Werbliche kippen
  • Recherche. Wie Journalisten Ex-Wirecard-Chef Jan Marsalek auf die Spur kamen
  • „Haltungsjournalisten sind ein Problem“. Wie Ex-Wirtschaftsjournalist Till Mansmann als Politiker auf die Medienbranche blickt
  • Leitfaden. Schritt für Schritt ein Buch entwickeln
  • KI-Browser im Check. ChatGPT Atlas und Perplexity Comet im Praxis-Einsatz
  • „Der Marc regelt das schon“. Lebenswerk-Preis für Marc Beise
  • Branchennews. Preis für Cum-Ex, Folgen von KI, Brillen für „Brand eins“
  • 3 Fragen an. Silke Steinheimer

 

 

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