Karriere

"Eine gesunde Distanz zum Unternehmen ist wichtig"

"Eine gesunde Distanz zum Unternehmen ist wichtig" Ingrid M. Haas (c) privat

Schlechte Ratschläge, lehrreiche Fehler, fiese Fangfragen: In einer Serie blicken renommierte PR-Profis auf ihre Laufbahn zurück – und verraten, worauf sie bei Bewerbern achten. Diesmal: Ingrid Haas, PR-Chefin der Deutschen Börse.

Der schlechteste Rat, den ich je bekommen habe war ...

Weshalb sollte ich mir schlechte Ratschläge merken?

 

Mein lehrreichster Fehler in meiner bisherigen Laufbahn war ...

Den lehrreichsten Fehler gab es nicht – es gab lehrreiche Fehler. Gelernt habe ich daraus vor allem eines: Choose your battles wisely.

 

Der wichtigste Mentor/Förderer in meiner Laufbahn war ...
Ich hatte und habe das Glück, mit vielen herausragenden Persönlichkeiten arbeiten zu dürfen. Eine besondere Rolle spielt in der Rückschau sicher Manfred Harnischfeger, dessen Stellvertreterin ich bereits in jungen Jahren bei Bertelsmann war. Er war ein harter und anspruchsvoller Chef und repräsentierte eine Generation von Kommunikationschefs, die heute vielleicht nicht mehr zeitgemäß wären. Aber von ihm habe ich unglaublich viel gelernt – über die Bedeutung der Liebe zum Detail, die bis zur Obsession gehen kann, ebenso wie über Delegation von Verantwortung.

 

Die wichtigste Frage, die Sie in jedem Bewerbungsgespräch stellen, lautet ...

"Haben Sie Geschwister und wenn ja, was würden mir Ihre Geschwister über Sie erzählen, wenn ich sie jetzt anriefe?" Geschwister sind die erbarmungslosesten Kritiker, die es gibt.

 

Dieser Satz von Mitarbeitern nervt am meisten ...

"Ich liebe dieses Unternehmen!" Es ist gut, das Unternehmen für das man arbeitet, wertzuschätzen, aber für unsere Profession ist es immer wichtig, eine gesunde Distanz zu wahren. Ansonsten können wir unsere Frühwarnfunktion nicht angemessen wahrnehmen.

 

Mit Blick auf den Nachwuchs/Young Professionals: Wo sehen Sie die größten Defizite?

In der Eindimensionalität. Die Studiengänge sind inzwischen so verschult, dass man sich für den Blick über den Tellerrand keine Zeit mehr nimmt. Ein breiter Erfahrungshintergrund ist aber eine wichtige Voraussetzung dafür, erfolgreich in Umgebungen zu kommunizieren, die nun einmal mehrdimensional sind.

 

Eine Fähigkeit, die ein moderner Kommunikator unbedingt braucht, aber an der Universität nicht lernt ...

Empathie.

 

Einen miesen Chef erkennt man an ...

... dem Delta zwischen dem, was er sagt und verlangt, und dem was er selbst tut.

 

Die größte Chance der Kommunikationsbranche ist ...

... die Digitalisierung, denn sie überwindet letzte Barrieren und öffnet neue Wege des Dialogs. Und sie gibt uns die Möglichkeit, in Zeiten zunehmender Informationsdichte und Fake News den Grund für eine Renaissance der Information zu bereiten..

 

Das größte Problem der Kommunikationsbranche sind ...

... die abnehmende Aufmerksamkeitsspanne der Adressaten und die bisweilen verschwimmenden Grenzen zwischen reiner Informationsvermittlung und Meinungsmache, die dadurch begünstigt werden – insbesondere in der politischen Kommunikation.

 

Welches Buch sollten Kommunikationsprofis unbedingt gelesen haben und warum?

Oldie but Goldie: "Deutsch für (junge) Profis" von Wolf Schneider. Gut schreiben und sprechen zu können ist eine kaum zu überschätzende Kernkompetenz, an der es in unserer suchmaschinen-optimierten Sprachwelt leider viel zu oft mangelt.

 

Welchen Film sollten Kommunikationsprofis unbedingt gesehen haben und warum?

The King’s Speech – der Film zeigt, wie wichtig die Sprache, die Kommunikation in unserer Welt ist und wie man an ihr verzweifeln kann. Serienfans empfehle ich "Scandal" oder "The Newsroom" – in der TV-Welt amerikanischer Spin Doctors und Nachrichtenredaktionen finden sich zum Teil amüsante Parallelen zur Realität in der hiesigen Wirtschaftskommunikation

 

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