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Ein People-Magazin ist kein Streichelzoo

Ein People-Magazin ist kein Streichelzoo Patricia Riekel wird 70. Foto: Archiv

Vor drei Jahren gab Patricia Riekel den Job auf, den sie für den „tollsten“ in der Medienwelt hält. Sie trat als Chefredakteurin der „Bunte“ ab. Jetzt wird sie 70 Jahre alt − und wechselt die Branche.

München (dpa) − In Patricia Riekels Münchner Büro steht ein Foto von Angela Merkel. Die Bundeskanzlerin lächelt darauf gemeinsam mit Riekel und deren Lebensgefährten, dem „Focus“-Gründer Helmut Markwort, in die Kamera. „Ich habe Frau Merkel immer unterstützt“, sagt Riekel im Interview der Deutschen Presse-Agentur. „Ich glaube, in der historischen Nachbetrachtung werden viele sagen: Das waren goldene Zeiten.»

 

Zwölf Interviews hat Riekel nach eigenen Angaben in ihrer langen Karriere mit Merkel geführt − eine Homestory hat sie trotzdem nie in ihr Blatt, die „Bunte“ gekriegt, die sie rund zwei Jahrzehnte lang als Chefredakteurin geleitet hat. „Genau das ist etwas, wofür ich Frau Merkel bewundere“, sagt Riekel. „Sie weiß natürlich sehr genau, wie gefährlich das ist, wenn man als Spitzenpolitikerin private Einblicke gibt. Das öffnet Tür und Tor, führt zu Spekulationen und Klatsch.»

Riekel wird in wenigen Tagen 70 Jahre alt, Klatsch war jahrelang ihr Geschäft: Gekrönte Häupter, Promis und Politiker, Reiche, Schöne und Mächtige. „Ein People-Magazin ist kein Streichelzoo“, sagt sie im dpa-Interview. „Neben schönen Geschichten über Hochzeiten, Taufen und neue Lieben berichtet „Bunte“ auch über Skandale, über Prominente, die abstürzen.“ Sie habe da allerdings immer eine Regel gehabt: «Wenn du über eine prominente Person etwas schreibst, versetze dich in ihre Lage. Überlege, was die Geschichte für dich, deine Freunde, deine Familie, für deinen Arbeitgeber bedeuten würde.“

Geboren wurde Riekel in Haarlem in den Niederlanden. Sie wuchs am Starnberger See auf − heute noch ihr Zufluchtsort am Wochenende, wenn sie eine Pause braucht von der Stadt. Auf ihrem Instagram-Account zeigt sie sich paddelnd auf dem See und sehr oft ihre Hunde.

Ihre journalistische Karriere begann sie Ende der 60er Jahre beim „Münchner Merkur“. Anschließend arbeitete sie für verschiedene Zeitschriften, seit 1997 für die „Bunte“. Vor drei Jahren überließ sie ihrem Nachfolger Robert Pölzer dort das Steuer.

Obwohl Promis und ihre Fans heute dank Instagram und Co. auch ohne „Bunte“ und Co. zueinander finden, glaubt Riekel an die Zukunft der Zeitschrift: «Das beunruhigt mich überhaupt nicht. Natürlich nutzen Stars die sozialen Medien für ihre eigenen Imagekampagnen aus. Heidi Klum zelebriert ihre Liebesgeschichte mit Tom Kaulitz auf Instagram und steigert so ihren Marktwert“, sagt sie. „Für Fans mag das genug sein, aber es gibt ja auch Menschen, die Wert auf eine unabhängige Berichterstattung legen.»

Unter ihrer Führung hat die „Bunte“ keine Bilder von Merkel im Badeanzug gezeigt, wie Riekel betont, aber beispielsweise aufgedeckt, dass der heutige Prinz Albert ein uneheliches Kind hat. „Das konnte sich damals niemand vorstellen, aber die Mutter des Kindes führte mit uns ein Interview, mit dem Ergebnis, dass Albert sich öffentlich zu der Vaterschaft bekannte.“

Kritiker warfen Riekel in ihrer aktiven Zeit unter anderem Spitzelmethoden bei Recherchen zum Privatleben des SPD-Politikers Franz Müntefering vor. Der war deswegen vor den Presserat gezogen. „Wir sind Berichter, nicht Richter. Aber natürlich haben wir bei „Bunte“ sicher auch das eine oder andere Mal Grenzen überschritten und Menschen verletzt“, sagt Riekel heute, kurz vor ihrem 70.

In Riekels Büro steht nicht nur ein Foto der Kanzlerin − es weht auch das Fähnchen der FDP. Riekel ist inzwischen Ortsvorsitzende der Liberalen in ihrem Stadtteil Bogenhausen und will bei den Kommunalwahlen im kommenden Jahr in den Stadtrat − „weil ich seit 50 Jahren in München lebe“. Dass Neubaugebiete so hässlich und charakterlos seien, rege sie auf − und dass es einfach zu wenig Wohnungen gibt in dieser Stadt. Mit Ehrgeiz habe das alles nichts zu tun, betont Riekel: «Ich werde jetzt 70. Ich habe den tollsten Job gehabt, den man in meiner Branche haben kann. Ich muss nichts mehr werden, nichts mehr beweisen.»

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