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BR-Fernseh-Chefredakteur Sigmund Gottlieb: "Niemand ist mehr eine Insel"

Erstmals bezieht Sigmund Gottlieb, Chefredakteur Fernsehen, Stellung zu den Auswirkungen der Programmreform im Bayerischen Rundfunk. Von Bülend Ürük.

München - Für Sigmund Gottlieb steht fest: "Wir richten in der Informationsdirektion eine Rechercheabteilung ein, was ich für einen überfälligen Schritt halte."

Gottlieb sagte im Interview mit Maria Goblirsch und Michael Anger für den "BJV-Report" (die neue Ausgabe erscheint kommende Woche), dass in den Redaktionen auch zukünftig Fachleute gefragt sind. Aber: "Natürlich braucht es im aktuellen Geschäft auch eine eierlegende Wollmilchsau: Den Reporter, der redaktionell und technisch so gut ausgebildet ist, dass er heute nach Rom fährt und uns vom Hotelzimmer aus einen Beitrag ins Netz oder in die Rundschau einspielt.“

Und er fügt hinzu: "Er muss texten können, drehen und schneiden und alle technischen Fazilitäten drauf haben. Daneben benötigen wir aber mehr und mehr auch die Spezialisten. Die gibt‘s im Hörfunk und die gibt‘s beim Fernsehen. Leute, die ihr Fachwissen nicht nur als Experten beispielsweise in der Rundschau einbringen können, sondern in ihrem Bereich auch dauerhaft recherchieren."

Dazu soll auch eine eigene Rechercheinheit geschaffen werden, bestätigt Sigmund Gottlieb: "Wir richten in der Informationsdirektion eine Rechercheabteilung ein, was ich für einen überfälligen Schritt halte. Daneben brauchen wir natürlich in Zukunft sowohl für den Hörfunk als auch für das Fernsehen den Chef vom Dienst und den Redakteur, der die Ausspielwege wie bisher bedient. Trimedialität heißt, dass die Planung gemeinsam erfolgt. Damit erhöhen wir die publizistische Schlagkraft. In der Aktualität sitzen Kolleginnen und Kollegen aller drei Ausspielwege ja schon an einem Tisch und tauschen sich aus. Und das funktioniert bestens. Wir haben viele erstklassige Experten im BR. Sie sind Fachleute auf den unterschiedlichsten Themengebieten. Sie müssen verstärkt zum Einsatz kommen."

Wie die Rechercheeinheit funktionieren soll, erklärt Gottlieb Maria Goblirsch und Michael Anger so: "Die Entwicklung im journalistischen Bereich hat zur Folge, dass fast alle Medien nach neuen Wegen suchen. Am Ende dieses trimedialen Prozesses müssen wir unsere Recherchekraft – bisher punktuell im Haus verteilt, etwa bei Report München, Kontrovers oder dem Funk-Streifzug – gesteigert haben, und zwar durch das Zusammenführen von Kompetenzen. Jeder hat das bisher auf seiner Insel gemacht. Der trimediale Prozess aber bedeutet: Niemand ist mehr eine Insel. Wir müssen die Kompetenz, die wir im Hörfunk haben, mit der im Fernsehen zu Rechercheeinheiten zusammenlegen. Es ist ja doch gerade das Privileg des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, dass wir uns das noch leisten können."

Sigmund Gottlieb, Jahrgang 1951, ist seit 1995 Chefredakteur des Bayerischen Fernsehens. Der preisgekrönte Journalist hat beim "Münchner Merkur" volontiert.

Bülend Ürük

Newsroom.de-Service: Das ganze Interview gibt es im neuen BJV-Report.