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Der Mann, der einen langen Atem hat - Johannes B. Kerner wird 50

Von der "Kernerisierung" im Fernsehen sprach man, als Johannes B. Kerner zum TV-Dauergast in deutschen Wohnzimmern wurde. Inzwischen hat er eine Bildschirm-Abstinenz hinter sich, ist aber wieder da.

Hamburg (dpa) - Nicht nur das Geburtsdatum haben Johannes B. Kerner und Hape Kerkeling gemeinsam - auch Interviewrummel wollten beide vor ihrem 50. nicht. Dabei hätte Kerner, wäre er noch Talkgastgeber, an diesem Dienstag wohl selbst gern die wichtigsten TV-Jubilare des Tages im Studio gehabt: den Komiker, der Beatrix war, und den Moderator, der erst überall und dann nirgendwo mehr zu sehen war.

Fast zwölf Jahre lang Talks allein im ZDF, an vier Abenden pro Woche - von "Kernerisierung" war die Rede. Von 1998 bis 2009 empfing er dort mehr als 5000 Gäste. Bei ihm lieferte sich Werbe-Ikone Verona Feldbusch (heute Pooth) einen Schlagabtausch mit der vor einer "Feldbuschisierung" der Frauen warnenden Feministin Alice Schwarzer - ein TV-Wortgefecht mit rund 30 Prozent Marktanteil, bei dem Kerner kaum zu Wort kam.

Ex-"Tagesschau"-Sprecherin Eva Herman hingegen komplimentierte der Gastgeber einst wieder nach draußen, weil sie sich im Gespräch nicht hinreichend von ihren in Kritik geratenen Äußerungen zu familiären Werten im Nationalsozialismus distanzierte. Auftritt und Abgang sorgten 2007 für Gesprächsstoff und Kritik, und waren auch jüngst wieder Thema, als Kerner im Jubiläumstalk "3nach9" Gast war.

Zum Thema "Durchhalten" wurde er dort befragt - genau das habe er nach seinem Wechsel vom ZDF (wo Markus Lanz übernahm) zu Sat.1 2009 auch getan, erzählte Kerner. "Die Quoten schmierten ab", sagte er. Ganz schnell sei klar gewesen, dass das nichts wird, aber er habe das dann "einfach ertragen". Nach zwei Jahren talkte er zum letzten Mal.

Immerhin konnte er bei dem Privatsender auch noch die Champions League präsentieren. Mit Fußball bei Sat.1 ("ran") hatte die Moderationskarriere für den gebürtigen Bonner - nach einem Betriebswirtschaftsstudium ohne Abschluss und einem Jahr als SFB-Reporter - in den 90er Jahren begonnen. Dort wurde er auch zum "Daily Talker".

Kritisiert wurden seine Gespräche immer wieder. Vielen galt er als netter Schwiegersohn-Typ fürs Seichte. 2002 sagte Harald Schmidt die Teilnahme an einer von Kerner moderierten Preisverleihung ab - wegen der "jüngsten medialen Außenwirkungen des Herrn Kerner". Konkret zielte das auf dessen Sondersendung aus Erfurt am Tage des Amoklaufs am Gutenberg-Gymnasium. Dort hatte er einen Elfjährigen als Augenzeugen befragt.

Mit seinen Werbeaktivitäten geriet er als Gesicht des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ebenfalls in die Kritik. Doch Kerner bewies auch im TV einen langen Atem - wie beim Laufen. In Hamburg, wo er mit seiner Frau - Ex-Hockey-Nationalspielerin Britta Becker - und den vier Kindern lebt, joggt er um die Außenalster. Bei seinen ersten der etwa 7,5 Kilometer langen Runden habe er immer "20 Mark Taxigeld" dabei gehabt, es aber nie benötigt, sagte er bei "3nach9". Mit Fußverletzung ("beim Laufen umgeknickt") und Entzugserscheinungen vom Sport ("werde auch ungemütlich") saß er in der Sendung.

Inzwischen ist Kerner mehrmals Marathon gelaufen, wie er in der Sendung berichtete - und seit 2013 auch auf dem Bildschirm zurück. Beim Marathon habe er das vermeintliche Glücksgefühl nach der Ziellinie noch nie erlebt, sagte er. Auch das Glücksgefühl nach der ZDF-Rückkehr dürfte getrübt gewesen sein. Seine Show "Deutschlands Beste" entpuppte sich als Betrug: Rankinglisten wurden manipuliert.

Drei Monate später war er aber mit der ZDF-Geburtstagsgala zum 80. von Udo Jürgens wieder am Start. Nach der Spendenshow "Ein Herz für Kinder" vom Samstag feiert er "Weihnachten mit dem Bundespräsidenten" (24.12./18 Uhr) und startet mit neuen TV-Plänen ins nächste Jahr.

Von Dorit Koch, dpa