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Ex-„Vogue“-Chefin Christiane Arp spricht im „Spiegel“ offen über ihre Depression

Ex-„Vogue“-Chefin Christiane Arp spricht im „Spiegel“ offen über ihre Depression Christiane Arp

Sie war 18 Jahre lange Chefredakteurin der deutschen „Vogue“. Im Dezember 2020 verließ Christiane Arp Condé Nast. Im Spiegel-Interview gibt die Führungskraft einen tiefen Einblick in ihr Seelenleben: ihre Angst, im Job zu versagen, das permanente An-die-Grenzen-Gehen und die Diagnose Depression.

Hamburg – Im aktuellen „Spiegel“-Interview gibt die langjährige Führungskraft einen tiefen Einblick in ihr Seelenleben:

„Als ich 2003 Chefredakteurin der Vogue wurde, fühlte ich mich wie das Kaninchen vor der Schlange. Ich glaubte, ich wäre dem nicht gewachsen. Weil ich - und das ist immer noch so - zu viel Angst vor dem Versagen habe. Ich befürchtete, dass man mich irgendwann als Hochstaplerin enttarnen würde, weil sich herausstellt, dass ich kein fundiertes Wissen habe“, sagt Arp im „Spiegel“-Gespräch mit Alexander Kühn und Sebastian Späth.

 

Die Angst habe mit dem Nimbus der Vogue zu tun gehabt, erklärt Arp. Sie sei in ihr aufgestiegen, sobald sie ihren Vertrag unterschrieben hatte. Sie hatte damals ein Gratulationsfax vom legendären S.I. Newhouse bekommen, dem Condé Nast gehörte. „Ich hatte nie in meinem Leben so viel Angst“, so Arp.

 

Im Sommer 2020 habe sie die Diagnose Depression erhalten und nicht mehr arbeiten können. „Es war eine Zwangspause, verordnet vom Arzt. Meine Redaktion trug mich durch diesen Teil der Krankheit", erinnert sich die ehemalige Vogue-Chefin. Bei Depressionen gehe es um Urangst und Flucht. "Irgendwann habe ich aus einem Reflex heraus gesagt: Ich höre auf. Aber im nächsten Augenblick war mir klar: Nein, das wäre falsch. Ich möchte an den Moment, in dem ich gegangen bin, immer mit einem guten Gefühl denken.“

 

Arp sagt im „Spiegel“-Interview, dass sie sich vorstellen könne, dass die Pandemie sei getriggert und ihre Erkrankung mit ausgelöst habe. „Das war bei vielen so, die aus diesem Hamsterrad kamen und im Homeoffice weiter ihren Job erfüllen mussten.“

 

Ihre Depression beschreibt Christiane Arp so:

„Im Nachhinein sage ich, es gab Tage, an denen ich nicht vor die Tür wollte. Aber die zusammenzubringen mit einer Depression, darauf wäre ich nie gekommen. Ich habe mich wahrscheinlich immer stärker gefühlt, als ich es war. Das permanente An-die-Grenzen-Gehen ist eine Art von Selbstüberschätzung: Selbstverständlich schaffe ich dieses noch, und jenes kriege ich auch noch hin. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal die Diagnose Depression bekommen würde.“ Heute sei sie ein Mensch, der fröhlich und beieinander ist, aber eine ganz andere Geschichte habe - so sei das Leben.

 

Als „Vogue“-Chefredakteurin sei sie nicht stabil genug gewesen, um damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Aber sie hatte sich damals bereits vorgenommen, es zu tun, wenn sie in der Lage sei. „Wenn Sie Chefredakteurin eines Magazins sind, das auch über Depression schreibt und darüber, dass wir aufhören müssen mit der Stigmatisierung - dann dürfen Sie doch, wenn Sie selbst betroffen sind, daraus kein Geheimnis machen. Sie müssen rausgehen, aufklären, andere ermutigen, ebenfalls von ihrer Krankheit zu erzählen“, gibt Arp auch einen Rat an andere Führungskräfte.

 

Christiane Arp, Jahrgang 1961, studierte Modedesign in Hamburg. Ihre journalistische Karriere begann sie bei der Strick-Zeitschrift „Nicole“. Nach Stationen bei „Brigitte“, „Amica“ und „Stern“ wurde Arp 2002 zunächst stellvertretende Chefredakteurin der deutschen „Vogue“, von 2003 bis Dezember 2020 war sie Chefredakteurin. Seit 2021 leitet sie den Fashion Council Germany, der die Interessen der Modeindustrie vertritt und dem Unternehmen wie Zalando oder H&M angehören.