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Große Karriere mit Regionalzeitungen: Dirk Ippen wird 80

Eigentlich wäre Dirk Ippen gerne Historiker geworden − doch schon früh zog ihn die Welt der Zeitungen an. Wie er zu einem der größten Verleger in Deutschland wurde.

München (dpa) − Er liebt Regionalzeitungen. Und sie machten ihn reich. Über gut ein halbes Jahrhundert hinweg baute Verleger Dirk Ippen aus von Nord bis Süd verstreuten lokalen und regionalen Blättern eine der größten Zeitungsgruppen Deutschlands auf: Vom „Fehmarnschen Tageblatt“ im Norden bis zum „Münchner Merkur“ samt seinen vielen südbayerischen Heimatzeitungen und der Boulevard-Schwester „tz“. Mehr als 850 000 Zeitungsexemplare sind es täglich.

 

Ippens Credo bis heute zu seinem 80. Geburtstag am kommenden Dienstag (13. Oktober): „Der Leser muss im Zentrum der Zeitung stehen. Der Leser ist der eigentliche Diktator der Zeitung, nicht der Chefredakteur und auch nicht der Verleger“, sagt er der Deutschen Presse-Agentur. „Gute Zeitungsartikel müssen so etwas wie „Liebesbriefe“ an die Leser sein“, schreibt Ippen auch in seiner Autobiografie „Mein Leben mit Zeitungen“.

 

Schon mit 27 Jahren begann der promovierte Jurist beim „Westfälischen Anzeiger“ in Hamm sein Verlegerleben, vermittelt durch den ebenfalls in der Branche tätigen Vater. „Am meisten habe ich von meinem Vater gelernt. Der war ein sehr kluger Mann und eine echte Persönlichkeit“, erinnert sich Ippen. In seinem Münchner Büro hängt auch ein Bild seines zweiten wichtigen Mentors: Erich Brost, Mitgründer der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ («WAZ»).

 

Mit dem Einstieg beim „Münchner Merkur“ und der „tz“ stieß Ippen Anfang der 1980er Jahre mit einem Schlag in eine neue Größenordnung vor. Und die Zukäufe gehen angesichts der Konzentration in der Branche weiter: Erst vor rund zwei Jahren kamen die „Frankfurter Rundschau“ und die „Frankfurter Neue Presse“ hinzu.

 

Auch wenn München und das Umland schon lange Lebensmittelpunkt sind: „Als meine Heimat würde ich das Ruhrgebiet bezeichnen“, sagt Ippen. Dort wuchs er auf, geboren wurde er in Rüdersdorf bei Berlin. In der Schule lernte Ippen Altgriechisch und Latein, er wäre auch gern Historiker geworden.

 

Zum Geburtstag gibt es in Corona-Zeiten keine rauschende private Party, aber einen Empfang für Belegschaft und Gäste aus den Regionen seiner vielen Heimatzeitungen. „Gerade die kleineren Titel liegen mir am meisten am Herzen. Das ist der Boden, auf dem wir eigentlich stehen.»

 

Aus eigener Erfahrung gibt Ippen Ratschläge wie sie in Start-ups angesagt sind, in seinem Buch etwa: „Wenn es beim ersten Mal nicht klappt, dann ist das kein Versagen oder gar eine Schande.“ Konsequentes Sparen und Sanieren stand jedoch bei vielen Zukäufen genauso auf dem Programm. Der einerseits so überzeugte Wirtschaftsliberale pflegt zugleich ohne viel Aufhebens sein soziales Engagement und Mäzenatentum.

 

Wichtige Anregungen holte sich Ippen von Beginn an in den USA − auch dort besonders bei Reisen zu Lokalzeitungen. Einer seiner frühen US-Importe war der moderne Foto- statt Bleisatz.

 

Werbe- und Anzeigengeschäft verband der Unternehmer stets finanziell geschickt mit dem gesellschaftlichen Anspruch eines Verlegers. Früh waren für die Leser kostenlose Anzeigenblätter wesentlicher Teil des Erfolgs, dann ähnliche Rubrikengeschäfte im Internet.

 

Der rasante Einbruch der Printbranche bei Werbung und Kleinanzeigen machte Ippen schnell klar: „Wettbewerber sind nicht mehr die Nachbarverlage, sondern marktbeherrschende Weltunternehmen wie Google, Facebook oder Ebay“, wie er im Buch schreibt. Auch selbstkritisch wurmt Ippen, gegen die US-Riesen dieses Geschäft weitgehend verloren zu haben.

 

Weil Größe im Digitalen oft entscheidet, verband die Ippen-Gruppe seit den 2000er Jahren ihre verstreuten Blätter im Internet in einem engen Netzwerk zahlreicher Ausspielplattformen. Der Architekt dahinter: Ippens ältester Sohn Jan. Bis zu Erfolgen war es ein langer Weg, auch finanziell, räumt Senior Ippen ein. „Ich habe nur gedacht: Man muss die jungen Leute machen lassen.»

 

Durchaus Zweifel hatte Ippen auch bei den „Frankfurter“-Übernahmen 2018. „Ich war in der Tendenz eher dagegen“, sagt er angesichts der Herausforderungen dort. Die Entscheidung überließ er der nächsten Generation: Neffe Daniel Schöningh führt seit Längerem das operative Geschäft. Trotzdem arbeitet Ippen nur eine Tür weiter im Münchner Büro in der Regel noch immer täglich. Dort schreibt er auch weiterhin seine Kolumne „Wie ich es sehe“ und die ihm wichtigen Antworten auf viele Leserbriefe.

 

Knapp die Hälfte der Verlagsgruppe gab er bisher an Schöningh, Sohn Jan sowie den langjährigen Mitarbeiter und Vertrauten Harald Brenner ab. „Ich plane schon, auch weitere Anteile zu verschenken und habe in meinem Testament entsprechende Regelungen getroffen“, sagt Ippen der dpa. „Es wird keinen Ausverkauf geben.»