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DPA/Von Andrea Wimmer

«Ich kann mich nicht sonderlich leiden» - Herbert Feuerstein wird 70

Damit auch wirklich niemand zu seinem Geburtstag kommt, hat er «Ausladungen» verschickt, wie der gebürtige Österreicher mit Wohnsitz in Brühl bei Köln betont. Spätestens seit «Schmidteinander», als er mit Harald Schmidt als dessen Prügelknabe Furore machte, ist der Journalist und Experte für intellektuellen Blödsinn aus deutschen Medien nicht mehr wegzudenken.

Köln (dpa) - Den Kölner Karneval mag er gar nicht, Partys hasst er, Geselligkeiten überhaupt. Und von sich selbst scheint Herbert Feuerstein auch nicht übertrieben viel zu halten. «Ich kann mich nicht sonderlich leiden», sagt er. Jede Menge Fans hat er trotzdem. Spätestens seit «Schmidteinander», als er mit Harald Schmidt als dessen Prügelknabe Furore machte, ist der Journalist und Experte für intellektuellen Blödsinn aus deutschen Medien nicht mehr wegzudenken. Am nächsten Freitag (15. Juni) wird Grimme-Preisträger Feuerstein 70. Doch Geburtstage mag er auch nicht.

«Mir fehlt die Einsicht, dass ein Geburtstag was Besonderes sein soll.» Gefeiert habe er noch nie. «Unglaublich blöd und verlegen» käme er sich vor, würde er jetzt plötzlich eine Party veranstalten. Damit auch wirklich niemand kommt, hat er «Ausladungen» verschickt, wie der gebürtige Österreicher mit Wohnsitz in Brühl bei Köln betont.

Unter anderem an Harald Schmidt, in dessen Sendung er kürzlich wieder extra widerborstig aufgetreten ist. Trotzdem wird Schmidt im Fernsehen der einzige prominente Gratulant sein. Das WDR-Fernsehen widmet den beiden am Feuerstein-Geburtstag ein Special. Bei der Aufzeichnung der Sendung auf einem Rheinschiff wurde Feuerstein von einem Sternekoch bewirtet, obwohl er sagt: «Eigentlich bin ich kein Genussmensch. Normalerweise kann man mich jagen mit edlem Essen.»

Zu den wenigen Dingen, die Feuerstein mag, gehört sein Job, den er nie «Beruf» nennen würde. «Das wäre unfair den Leuten gegenüber, die frühmorgens in die Arbeit losziehen und abends zurückkehren», meint er. «Ich bin ein freier Mensch, ich gehe meiner Neugier nach, und die andern sind so lieb und bezahlen mich dafür.» Hart für Geld arbeiten muss er nicht mehr, seit er 20 Jahre bis Ende 1991 die Satirezeitschrift «MAD» geleitet hat. Für das Fernsehen war er erstmals 1984 als Autor der «Michael-Braun-Show» (WDR) tätig, dann mit «Wild am Sonntag» (1986), später mit Harald Schmidt bei «Pssst...» (1989-1995) und «Schmidteinander» (1990-1995).

Der 1,65 Meter «große» Brillenträger ist weit mehr als ein TV- Komiker, den er beispielsweise als historischer Stuntman «Spartakus» in der «Wochenshow» gab. Eigentlich ist er unvergleichlich, ein Unikum, das in verschiedenen Medien zu Hause ist, ob als Ratefuchs bei der Wiederauflage von «Was bin ich?» und in «Genial daneben» oder als Berichterstatter in «Feuersteins Reisen». Er hat vier Bücher geschrieben mit Titeln wie «Frauen fragen Feuerstein und sieben andere F-Wörter». Rund 200 Lesungen hat er in den vergangenen fünf Jahren gehalten.

Er tritt in Opern auf, als Amtsdiener Frosch in der «Fledermaus» oder als Erzähler in Brechts «Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny». Sehr gern präsentiert er im Hörfunk oder auf Festival-Bühnen klassische Konzerte. Er ist «dilettantischer Fachmann», wie er sich selber nennt, in Rückschau auf sein abgebrochenes Musikstudium in den 50er Jahren am Salzburger Mozarteum.

Manches, was er erzählt, klingt eher traurig. Das Musikstudium sei neben dem Priesterseminar die einzige Möglichkeit gewesen, dem düsteren Elternhaus zu entkommen. 1960 zog er nach New York, wo er als Journalist begann. «Die Kindheit war furchtbar. Die zehn Jahre in New York waren interessant, aber schwierig.» Feuerstein sieht sich vor allem als Journalist. Obwohl er auch viele Schauspiel-Auftritte hatte - beispielsweise als Kidnapper von Mutter Beimer in «Entführung aus der Lindenstraße» oder zuletzt als «kleiner Mann» im Kinofilm «Vollidiot». Er sei «nicht sonderlich begabt» meint er, aber: «Ich kann zu jedem Thema irgendwas Sinnloses sagen. Und die meisten Leute glauben, es sei lustig.»

Er ist ziemlich ausgebucht, aber nicht gestresst, solange er die Chance zum Rückzug hat. Während des Karnevals beispielsweise meidet er Köln konsequent, sonst leidet er «wie ein Tier». Falls ihm das die Kölner übel nehmen sollten - der nächste Film wird sie versöhnen: In «Crazy Race IV» spielt er den Dombischof, «eine entscheidende Rolle, denn ohne mich würde der Dom abgerissen. Ich rette ihn.»