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Journalistin Mikich: ARD-Arztserien "süß parfümierter Hirnschiss"

Die öffentlich-rechtliche Fernsehjournalistin und frühere ARD-Kriegsreporterin Sonia Mikich hat Arztserien in der ARD in einem Interview als "süß parfümierten Hirnschiss" kritisiert.

Hamburg (dpa) - "Diese Arztserien stabilisieren ein Bild der Klinik als sterile Welt, in der alles gut läuft, wo ein Arzt ein Heilsbringer ist und man sich vertrauensselig ausliefern kann", sagte Mikich, die beim WDR die Programmgruppe Inland leitet, dem "Spiegel". "Dieser Kitsch führt dazu, dass die Leute nicht mehr skeptisch sind und Fragen stellen. Aber Skepsis ist auch im Krankenhaus sehr wichtig." Die ARD wollte die Aussagen Mikichs auf Anfrage nicht kommentieren.

Einen eigenen Krankenhausaufenthalt im Jahr 2009 habe sie wegen Fehleingriffen und falscher Entscheidungen von Ärzten als fürchterlich empfunden, sagte Mikich dem Magazin weiter. Damals hätten sich nach einer Operation Erreger in ihrem Bauch ausgebreitet. "So haben sich innerhalb von zwei Wochen meine anfänglich harmlosen Bauchschmerzen in eine fast tödliche Situation verselbständigt."

In dem jetzt erschienenen Buch "Enteignet", das sie gemeinsam mit zwei "Monitor"-Journalisten geschrieben hat, prangert Mikich nach "Spiegel"-Angaben die Ökonomisierung des Gesundheitswesens an, die etwa zu überflüssigen OPs führe. "Nach einem Jahr Recherche weiß ich, dass meine Erlebnisse kein Einzelfall sind." Wettbewerbsdruck könnte nach Mikichs Einschätzung etwa aus dem System verschwinden, wenn jedes fünfte Krankenhaus in Deutschland geschlossen würde. Die Politiker aber drückten sich vor den Missständen einfach weg.