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Michael Spehr: "FAZ wird dienstags wegen Technik und Motor gekauft"

"Die Nachfrage für guten Technikjournalismus ist in den vergangenen Jahren geradezu explodiert", so Michael Spehr.

Berlin - "Technik hat derzeit ein größeres Publikum als manches klassische Ressort", weiß der erfahrene Journalist.

Zur Person: Michael Spehr wurde 1964 im ostwestfälischen Rietberg geboren. Naturwissenschaftliches Abitur 1983 in Paderborn, anschließend Studium der Geschichte, Philosophie und Soziologie in Bielefeld.

 

Seit Januar 1999 ist Michael Spehr Redakteur in Frankfurt. Bei FAZ/FAS betreut er die Themen Mobilfunk, Kommunikation, Internet, Computer, IT-Technik, Unterhaltungselektronik, Kommunikationstechnik im Auto, Navigation und GPS.

 

 

Seit 1987 arbeitet Michael Spehr als freier Journalist, zunächst als Autor des Markt & Technik-Verlags. Später, noch während des Studiums, Mitarbeiter der Gong-Gruppe und etlicher Computer-Fachzeitschriften. Nach dem Examen 1992 PR-Chef eines mittelständischen Unternehmens.

1994 erfolgte die Rückkehr an die Universität Bielefeld. Dort wurde im Sommer 1998 die Promotion über Maschinenstürmer im 19. Jahrhundert abgeschlossen, sie erschien 2000 als Buch „Maschinensturm. Protest und Widerstand gegen technische Neuerungen am Anfang der Industrialisierung“, Münster, Verlag Westfälisches Dampfboot.

Die Berichterstattung für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ reicht bis 1997 zurück. Zum 1. Januar 1999 holte ihn die Redaktion als Wirtschaftsredakteur nach Frankfurt. Seither schreibt er über Telekommunikation, Computer, Unterhaltungselektronik und das Internet. Er kümmerte sich ferner um „Technik und Motor“ in der Sonntagszeitung und ist bis heute Redakteur beider Publikationen. Alcatel- SEL-Journalistenpreis 2004. Zuletzt erschien von Michael Spehr: „Die Daten-Enteignung: Wie Big Data unser Leben verändert“, Frankfurt 2014.

Was macht für Sie guten Technikjournalismus aus?

Michael Spehr: Guter Technikjournalismus ist die Quadratur des Kreises: die Darstellung soll allgemein verständlich sein und zugleich auf höchstem Niveau den aktuellen Stand der Technik oder sogar Wissenschaft widerspiegeln. Sie soll das Neue angemessen darstellen und gleichzeitig die Einordnung zum bestehenden Alten vornehmen. Sie soll Begeisterung wecken aber keine PR sein, sie soll alle wichtigen Aspekte enthalten aber tunlichst nicht zu lang sein. Der Autor soll mittendrin sein in den aktuellen Diskussionen und die wichtigsten Personen kennen und zugleich soll er distanziert auftreten, keine eigenen Interessen verfolgen und den Blick von oben auf das Ganze haben.

Technik ist heute überall. Ab wann sagen Sie, dass Sie ein Thema aufgreifen müssen?

 

Dr. Michael Spehr bei Twitter

 

 

Michael Spehr: In einer so großen Redaktion wie der FAZ wird nahezu jedes relevante Technikthema zumindest diskutiert. Wenn es nicht ins Blatt kommt, ist das allein dem fehlenden Platz geschuldet. Beobachtet wird immer.

Wenn Sie Zeitungen, Zeitschriften lesen, Radio hören oder Fernsehen schauen - glauben Sie, dass alle Journalisten, die über Technik berichten, auch die Technik verstehen?

Michael Spehr: Nein. Ich bin oft erschrocken, ich ärgere mich über Inkompetenz, über das Abschreiben von PR-Meldungen, über unreflektierte Schnellschüsse. Meist liegt es an der Knappheit der beiden Ressourcen Zeit und Personal. Aber häufig muss man auch sagen: Diese Formate und diese Kollegen sind ungeeignet für die Darstellung technischer Themen.

Was war für Sie das eindrucksvollste Erlebnis bei einer Technik-Recherche?

Michael Spehr: Eindrucksvoll sind immer wieder Recherchen in Supersportwagen mit mehr als 600 PS. Jenseits einer gewissen Geschwindigkeit wird bekanntlich an erster Stelle der Geist bewegt, nicht der Körper.

Wie reagieren eigentlich Ihre Leser auf Ihre Beiträge? Gibt es viele, die schimpfen, dass man nicht akkurat genug berichtet hat? Und - wie genau muss man eigentlich berichten, damit man alle Nutzer zufriedenstellt?

 

"Was guten Technikjournalismus ausmacht", heißt die Titelgeschichte vom neuen "Technikjournalist".Das NEWSROOM-Schwesterblatt kann direkt hier bestellt werden.

 

Michael Spehr: Unsere Leser kritisieren sehr wenig und loben viel. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung wird dienstags wegen „Technik und Motor“ gekauft, wie das kurzzeitige Experiment einer Verlegung des Erscheinungstags auf den Samstag zeigte. Unsere Leser achten stark auf den Autor, sie suchen oft die persönliche Beratung. Während kritische Stimmen zum dienstäglichen Print-Produkt selten sind, gibt es beim Onlineauftritt mehr Widerspruch, aber auch mehr Polemik.

Bei welchem Thema würden Sie gerne intensiver recherchieren können?

Michael Spehr: Journalisten sollten bei jedem Thema die Zeit und die Ressourcen für intensive Recherche haben.

Warum sollten sich jüngere Kollegen aus Ihrer Sicht heute für den Technikjournalismus entscheiden? Oder sollen Sie lieber in einem anderen journalistischen Feld arbeiten?

Michael Spehr: Die Nachfrage für guten Technikjournalismus ist in den vergangenen Jahren geradezu explodiert. Technik hat derzeit ein größeres Publikum als manches klassische Ressort. Je mehr sich Medien nach Zuschauer- oder Klickzahlen aufstellen (müssen), was man bedauern kann, um so wichtiger wird die Rolle der Technik. Ein Blick nach Amerika zeigt eindrucksvoll, wie der neue Technikjournalismus im Internet aussieht.

Die Fragen an Michael Spehr, Redakteur der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" und der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", stellte Newsroom.de-Chefredakteur Bülend Ürük.

 

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