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«Monitor»-Mann Klaus Bednarz wird 65

Als «Monitor»-Moderator und «Tagesthemen»-Kommentator ist Bednarz zum Inbegriff des Mahners im deutschen Fernsehen geworden.

Köln (dpa) - Im Büro von Klaus Bednarz hängt ein Foto, das zeigt, wie Heinrich Böll dem Politik-Magazin «Monitor» eine Kerze schenkt. Die Kerze sei der Heiligen Anna geweiht, erzählt Bednarz, Böll habe sie mit den Worten überreicht: «Die haben wir als Kinder angezündet, wenn ein Gewitter heraufzog und die Gefahr bestand, dass der Blitz einschlägt. Vielleicht hilft sie euch.» Gewitter zogen über dem WDR- Mann Bednarz häufig auf in seinen 18 «Monitor»-Jahren. «Und trotzdem hat der Blitz nie so eingeschlagen, dass wir vom Seil gestürzt sind», sagt Bednarz, der an diesem Mittwoch 65 Jahre alt wird.

Als «Monitor»-Moderator und «Tagesthemen»-Kommentator ist Bednarz zum Inbegriff des Mahners im deutschen Fernsehen geworden. Wo auch immer es eine Wunde gab in Politik oder Wirtschaft, Gesellschaft oder Kirche - er legte den Finger hinein. «Über unserer Redaktionsarbeit hing unausgesprochen das Motto "Den Mächtigen unbequem sein"», sagt Bednarz. «Monitor», das er von 1983 bis 2001 leitete, wurde zum Thema im Bundestag und zur Zielscheibe zahlreicher Klagen vor Gericht.

Einmal gab Bednarz der Hoffnung Ausdruck, dass möglichst viele Soldaten desertieren mögen, falls es in Europa jemals wieder Krieg gäbe. Ein strafbarer Aufruf zur Fahnenflucht sei dies nicht, befand die Justiz. Ein anderes Mal beschuldigte er in einem Kommentar nach dem Brandanschlag von Solingen einige Politiker und Medien, die Ausländerfeindlichkeit angeheizt zu haben. «Ich habe zu Hause ganze Ordner mit Protestbriefen nach Kommentaren. Das war schon heftig.»

Bednarz wurde 1942 im brandenburgischen Falkensee geboren und kam mit 13 Jahren mit seiner Familie in den Westen. In Hamburg, Wien und Moskau studierte er Theaterwissenschaft, Slawistik und Osteuropäische Geschichte. 1971 gründete er das ARD-Fernsehstudio in Warschau und leitete von 1977 bis 1982 das ARD-Studio Moskau. 1983 moderierte er die «Tagesthemen». «Ich hätte das gerne weitergemacht, aber "Monitor" war ein Angebot, das ich nicht ablehnen konnte.» 18 Jahre blieb er, seit 2001 ist er Chefreporter des Westdeutschen Rundfunks.

Leben und Arbeit an Werten auszurichten ist Bednarz wichtig. «Ich habe das Glück gehabt, Menschen kennen zu lernen, die Zivilcourage gelebt haben.» Seine Großväter zählt er dazu. Der eine, ein Bauer und Pietist, gehörte zu den wenigen im Dorf, die nicht in die NSDAP gingen, weil er Hitler für den Teufel hielt. Der andere hisste am Tag der Machtergreifung an seiner Berliner Wohnung nicht die Hakenkreuz- Fahne, sondern die schwarz-rot-goldene der Republik. Und als den wichtigsten Lehrer seines Lebens bezeichnet Bednarz den sowjetischen Schriftsteller und Regimekritiker Lew Kopelew, der sein Freund wurde.

Die Zuschauer kennen Bednarz, wie er fast unbeweglich in die Kamera schaut, selten lächelt, eindringlich ist, ohne laut zu werden. Bei einem Vorwurf aber wird auch er heftig, wenn es nämlich heißt, es habe dem «Monitor»-Team Freude gemacht, anzuprangern, es sei Bednarz ein Bedürfnis, zu kritisieren: «Wir waren keine Nestbeschmutzer. Wir hätten uns auch ein Land gewünscht, in dem es die Probleme, über die wir berichten, nicht gibt. Wenn uns dieses Land nicht so am Herzen gelegen hätte, dann hätten wir uns doch gar nicht so engagiert!»

Engagement bedeutet für Bednarz auch, Partei zu ergreifen. Die Forderung von Hanns Joachim Friedrichs, ein Journalist dürfe sich nicht mit einer Sache gemein machen, auch nicht mit einer guten, interpretiert Bednarz so: «Die Fakten werden wertfrei wiedergegeben, ob sie mir gefallen oder nicht.» Aber da er Grundwerte akzeptiert, gibt es Dinge, mit denen er sich bewusst gemein macht: «Ich stehe als Journalist nicht an der Seite der Mächtigen, sondern an der Seite der Ohnmächtigen. Es geht darum, für die Rechte von Minderheiten einzutreten, die sich sonst wenig Gehör verschaffen können.»

Das hat Bednarz nicht nur Anfeindungen, sondern auch Respekt und Auszeichnungen beschert, vom Grimme-Preis bis zur Carl-von-Ossietzky- Medaille. Seit sechs Jahren widmet er sich wieder dem Ausland. Seine dreiteilige Sibirien-Reportage wurde auch als Buch ein Erfolg. 2006 lieferte er mit Gerd Ruge und Fritz Pleitgen eine Serie über die Rocky Mountains ab. Und Weihnachten wird er Karelien vorstellen.

Auch nach seinem Geburtstag arbeitet er weiter. «Ich höre ja nicht auf, Journalist zu sein, nur weil ich die Pensionsgrenze erreiche. Ich kann mir jetzt noch ungebundener journalistische und andere Träume erfüllen.» Welche «anderen» Träume, das verrät er nicht - sein Privatleben blieb immer privat: «Es gibt von mir keine Homestory.»