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Neue DJV-Chefin: "Internet spornt zu noch mehr Genauigkeit an"

Als freie Journalistin arbeitet die 37-jährige Ine Dippmann hauptsächlich für "MDR INFO". Im NEWSROOM-Interview spricht die neue Vorsitzende vom DJV Sachsen über die Möglichkeiten des Internets, freie Journalisten als Unternehmer und dem neuen Tarifvertrag.

Leipzig - Ine Dippmann folgte Sabine Bachert-Mertz von Quirnheim, die den DJV Sachsen 20 Jahren lang geführt hat. Dippmann ist passionierte Rundfunkjournalistin, hat in Leipzig Journalistik und Kulturwissenschaften studiert. Sie ist verheiratet und Mutter von zwei Kindern. Nach Praktika beim ZDF, der "Thüringer Allgemeinen" und bei "WOUB TV" in Athens/Ohio in den USA absolvierte Dippmann ihr Volontariat bei Sachsens erstem Privatradio PSR. Seit 2001 arbeitet sie als freiberufliche Radiojournalistin, zuerst bei "MDR JUMP", heute hauptsächlich bei "MDR INFO".

NEWSROOM: Frau Dippmann, was macht heute guten Journalismus aus?

Ine Dippmann: Unter den Bedingungen der digitalen Medien ändern sich sicher die Gewohnheiten der Zuschauer, Zuhörer, Leser und Nutzer. Darauf müssen Journalisten reagieren. Aber grundsätzlich erkennt man guten Journalismus an gut recherchierten, gut aufbereiteten und gut präsentierten Informationen. Daran hat sich nichts geändert.

NEWSROOM: Sie erwähnen die Möglichkeiten des Internets. Schließlich war es noch nie so einfach wie heute, sein eigener Verleger zu werden, Berichte einer größeren Gruppe zur Verfügung zu stellen. Gibt es eigentlich noch einen Unterschied zwischen Bloggern und Journalisten?

Ine Dippmann: Es gibt eine Schnittmenge von bloggenden Journalisten und Bloggern, deren Texte journalistische Kriterien erfüllen. Doch soweit ich das überschaue, lebt die Mehrzahl der Blogger nicht vom Verkauf ihrer Texte. Und die Mehrzahl der Journalisten bloggt nicht. Daher gibt es da schon noch Unterschiede. Schauen wir uns das von der Seite der Nutzer an. Es gibt Nutzer, die suchen ganz nach Interessenslage aus, von wem sie sich informieren lassen. Oft haben Blogger sehr große Expertise für ein ganz bestimmtes Thema und finden darüber ihre Leser. Hier ergänzen sie das journalistische Angebot. Dessen Stärke ist und bleibt, in der Informationsflut Themen aus allen Bereichen des Lebens zu sichten, wichtige von unwichtigen Themen zu trennen und je nach Medium zielgruppengenau aufzuarbeiten. Dieser gute Journalismus wird auch weiterhin seine Zuschauer, Hörer, Leser und Nutzer finden.

 

Ine Dippmann, neue Vorsitzende DJV Sachsen. Foto: Archiv

 

NEWSROOM: In Sachsen haben "Leipziger Volkszeitung" und "Dresdner Neueste Nachrichten", zwei Blätter aus dem riesigen Madsack-Reich, an dem die SPD über ihre Medienholding beteiligt ist, schon im vergangenen Jahr den Flächentarif verlassen. Und auch andere Medien sparen beim Personal. Haben die Medienhäuser überhaupt noch Interesse an guten Journalisten?

Ine Dippmann: Wenn die Medienunternehmen an ihren Journalisten sparen, dann sparen sie an ihrem Produkt. Das kann auf Dauer nicht gut gehen. Es ist ja zum Glück auch nicht so, dass alle Medienhäuser ihre wirtschaftlichen Ergebnisse auf dem Rücken der Kollegen zu verbessern versuchen. Am Ende wird sich Qualität durchsetzen. Da bin ich sehr optimistisch.

NEWSROOM: Sie arbeiten als freie Rundfunkjournalistin. Wie hat sich Ihre Arbeit in den vergangenen Jahren verändert?

Ine Dippmann: Wir bereiten heute viele unserer Beiträge bei "MDR INFO" auch für das Internet auf. Die Audiofiles selbst sind sieben Tage in der Mediathek verfügbar. Unsere Arbeit ist so für den Hörer länger präsent. Das ist schön und spornt zu noch mehr Genauigkeit an.

NEWSROOM: Macht das freie Arbeiten heute überhaupt noch Spaß?

Ine Dippmann: Mir macht es Spaß. Journalistin zu sein, ist für mich eine Berufung. Ich empfinde es als großes Privileg, dank meines Berufs fast jeden fast alles fragen zu dürfen, mich immer wieder in neue Themen einzuarbeiten. Ich schätze die Abwechslung, zum Beispiel auch mal  Podiumsdiskussionen moderieren zu können. Darüber hinaus kann ich selbst bestimmen, wie viel ich arbeite. Das ist gerade mit Familie komfortabel. Auf der anderen Seite neigt man als Freier auch zur Selbstausbeutung. Aufträge abzulehnen, fällt sehr schwer. Und dann ist die schöne Freiheit dahin. Zum finanziellen muss ich sagen: es stimmt, viele Freie haben Probleme, ihre Arbeit angemessen bezahlt zu bekommen.

NEWSROOM: Wie schwierig ist es für junge Kollegen, heute im Journalismus in Sachsen Fuß zu fassen?

Ine Dippmann: Es ist sicher, wie in anderen Berufen auch, leichter über ein Praktikum in den Beruf hineinzuschnuppern. Und gute Praktikanten sind in Redaktionen willkommen. Der Schritt zum Vollzeitberuf ist allerdings kein einfacher. Selbst für Volontäre ist es schwer, eine feste Stelle zu bekommen. Die meisten jungen Kollegen müssen also erst einmal die Hürde überwinden, als Freie sowohl journalistisches als auch unternehmerisches Geschick zu beweisen.

NEWSROOM: Um welche Themen werden Sie sich als neue Vorsitzende des DJV Sachsens besonders kümmern?

Ine Dippmann: Natürlich steht aktuell das Urheberrecht im Fokus. Eine andere Baustelle sind die Vergütungsregelungen für freie Printjournalisten. Wir haben sie erkämpft, aber bislang werden sie noch viel zu selten angewendet. Im MDR, unserem größten Tarifpartner, haben wir die Verhandlungen zum verbesserten Tarifvertrag für freie Mitarbeiter abgeschlossen. In Kraft tritt der allerdings nur, wenn wir uns auch beim Bestandsschutz für freie Mitarbeiter, die nicht programmgestaltend arbeiten, einig werden. Da stehen wir ebenfalls kurz vorm Abschluss.

Mit Ine Dippmann, neue Vorsitzende des DJV Sachsen, sprach NEWSROOM-Chefredakteur Bülend Ürük.