Neues Buch "Gekaufte Journalisten" von Udo Ulfkotte: Mehr als 1.000 Rezensionsexemplare verschickt, aber Buchbesprechungen Fehlanzeige
Weil niemand sein Buch rezensiert, fühlt sich der frühere Tageszeitungsredakteur Udo Ulfkotte ignoriert und wütet auf Twitter und Facebook über „gleichgeschaltete“ Medien. Applaus bekommt er von Menschen, die sich in den Massenmedien nicht mehr wiederfinden. Von Bülend Ürük.
Salzburg - Würde es einen Preis für die ungewöhnlichste Vermarktung eines Buches geben, das sich laut unterschiedlichen Bücher-Charts gut verkauft, dieser Preis würde ohne Zweifel Udo Ulfkotte zustehen. Mit Angriffen auf andere Journalisten und auf seinen früheren Arbeitgeber buhlt Ulfkotte derzeit mächtig um Aufmerksamkeit.
Es geht um das Buch „Gekaufte Journalisten – Wie Politiker, Geheimdienste und Hochfinanz Deutschlands Massenmedien lenken“, das in den Verkaufscharts des Onlineversandhändlers Amazon bereits einen der vorderen Plätze einnimmt. In dem Werk erinnert sich Ulfkotte unter anderem, wie er als Redakteur der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" Berichte anderer unter seinem Namen ins Blatt gehoben hat und wirft mehreren hundert Journalisten in Deutschlands Redaktionsstuben namentlich vor, wie er damals korrupt zu arbeiten.
Um es korrekt zu verstehen, die Leute, denen er Korruption vorwirft, die laut ihm unterwandert sind von Geheimdiensten, Geheimbünden und Wirtschaftsverbänden, die sollen jetzt auch gefälligst aufschreiben, dass sie schlecht sind, dass sie nichts taugen.
Auch ich war einmal ein FAZke - heute bin ich resozialisiert...
Mehr als 1.000 Rezensionsexemplare habe sein Verlag, Kopp aus Rottenburg am Neckar, von seinem neuen Buch „Gekaufte Journalisten“ verschickt, so Udo Ulfkotte zu Newsroom.de. Bis heute seien aber kaum Rezensionen von seinem Buch erschienen, sein Buch werde ignoriert, dürfe nicht besprochen werden.
Im Netz sind inzwischen viele Verschwörungstheorien im Umlauf, die Medienbranche sei ein „Meinungskartell“, andere Äußerungen seien nicht geduldet.
Erhellend sind dabei die Kommentare der Leser-Rezensenten auf der Amazonseite. Dort heißt es "Udo Ulfkotte hat meinen Gutglauben an die Zunft der Journalisten gründlich zerstört!" oder auch "Udo Ulfkotte ist einer, der weiß wovon er spricht und jetzt spricht er es aus. Was viele eigentlich schon lange wissen, wird von ihm nur noch einmal kompakt in einem Werk zusammengefasst. In seinem Buch erzählt er keine "Geschichten", sondern berichtet aus eigener Erfahrung oder beruft sich (wie es sich für seinen Beruf gehört) auf überprüfbare Quellen. In diesem Buch hat er eigentlich nur das getan, was jeder Journalist tun müsste: Die Wahrheit verkündet!!! Eigentlich müssten ihm seine Kollegen dankbar sein, denn hier erkennen wir, was guter Journalismus ausmacht und wie seine Kollegen arbeiten sollten."
Rezensionen in Traditionsmedien bleiben aus
Aber warum ignorieren Journalisten denn dann das Buch von Udo Ulfkotte, wenn sie doch ein Rezensionsexemplar bestellen, also selbst aktiv werden, sich beim Kopp-Verlag melden und um die Zusendung eines Buches bitten?
Mal ehrlich: Bestätigen Journalisten nicht alle Verschwörungstheorien, wenn sie weiter über das Ulfkotte-Buch schweigen? Kopp hin oder her.
Auf Newsroom.de-Nachfrage nennt der Autor einige Journalisten „aus dem Gedächtnis“: „Die Kollegen werden zum Teil nicht begeistert sein, aber sie wollten das Buch haben. Ich könnte Ihnen aber sicher rund 1000 weitere Namen raussuchen lassen“, so Udo Ulfkotte zu NEWSROOM.
Exemplarisch hat Newsroom.de bei einigen, die auf der Liste von Udo Ulfkotte stehen, nachgefragt, warum sie denn ein Buch bestellen, das sie überhaupt nicht rezensieren wollen.
Unter anderem wollten wir wissen:
„Der Autor beklagt öffentlich, dass Journalisten zwar zahlreich sein Buch zur Rezension bestellt haben, es aber nicht rezensieren.
Mich würde interessieren, was Sie daran hindert, eine Rezension über das Buch von Herrn Ulfkotte zu verfassen? Ist es tatsächlich so, wie der Autor es vermutet, dass die Medien sich abgesprochen haben, nicht über das Werk zu berichten? Oder hat die Nicht-Rezension andere Gründe?“
Facebook hat mich noch immer ausgesperrt - stecken etwa FAZkes dahinter?
Aus der „Landeszeitung für die Lüneburger Heide“ heißt es auf NEWSROOM-Anfrage: „Wir haben von Herrn Ulfkotte unaufgefordert ein Buch zugesandt bekommen. Dort sollten Passagen über die Uni Lüneburg enthalten sein. Das ist nicht der Fall. Eine Rezension ist nicht vorgesehen.“
Der Fernsehsender ServusTV erklärt: „Wir sind interessiert an den Erkenntnissen von Hr. Ulfkotte und haben dementsprechend tatsächlich ein Rezensionsexemplar geordert. Ob, wann und wie wir das Thema aufgreifen, liegt aber im Ermessen der Redaktion. Von einer wie auch immer gearteten Absprache, wie Hr. Ulfkotte sie laut Ihnen vermutet, haben wir keine Kenntnis.“
Es melden sich immer mehr Ex-FAZ-Kollegen, die nach dem Lesen von http://t.co/eit117KbGa im Falle eines Prozesse aussagebereit wären.
Blogger Thomas Knüwer sagte auf NEWSROOM-Nachfrage, dass es ihm an der Zeit fehle, das Buch zu besprechen: „Ein Rezensionsexemplar "bestellt" habe ich übrigens nicht - Herr Ulfkotte hat es mir aufgedrängt. Er kontaktierte mich sogar unter falschem Namen und verriet erst im Telefonat wer er ist. Auch da hat er es tunlichst vermieden, den Namen seines Verlags zu erwähnen, wohl wissend, dass der Kopp-Verlag mehr als problematisch ist.
Beim Hineinblicken in das Buch bin ich - möglicherweise rein zufällig - gleich auf problematische Stellen gestoßen, die typisch sind für die Verschwörungstheorieliteratur: Ein unbestreitbarer Fakt wird genommen und darum herum gibt es Konstruktionen wie "aber man hört" oder "kann man das glauben?". Wer eine andere Meinung als Ulfkotte vertritt, ist automatisch gekauft. Es ist ermüdend, das zu lesen, weil es so voreingenommen und langweilig ist.
Ein Beispiel - wie gesagt, es brauchte zwei Minuten um das zu finden - wie Ulfkotte arbeitet. Da wird 2009 dem britischen Wirtschaftsminister Lord Mandelson das Zitat "The banks are fucked, we're fucked, the country's fucked" in den Mund gelegt (S. 257). Die Fußnote verweist auf den Guardian. Der aber schreibt das ein klein wenig anders: "Privately, something close to desperation is starting to develop inside government. After watching the slide in bank shares on Friday, one cabinet minister did not altogether joke when he said: "The banks are fucked, we're fucked, the country's fucked."
Im Absatz danach taucht Mandelson auf, er wird jedoch aus einer Rede bei einer öffentlichen Veranstaltung zitiert. Wer schreibt ihm das Zitat zu? Verschwörungsseiten und Kommentatoren in Foren.
Die generelle Arbeitsweise von Ulfkotte unterscheidet sich hier nicht von der Art, wie die AfD ihre Kommunikation ausrichtet.
Und wenn man dann auf die im Buch empfohlene Seite des Kopp-Verlags blickt und dort diesen Unfug liest...
"Wer auf der Webseite der New York Times nach einer Erwähnung von Udo Ulfkotte und seinem Bestseller Gekaufte Journalisten sucht, geht leer aus. Kein einziger Link. Fehlanzeige. Dasselbe Ergebnis bei der Los Angeles Times und der Washington Post. Der Zeitungs-Mainstream in den USA ignoriert das Buch völlig, obwohl es detailliert das weit verzweigte und engmaschige Spinnennetz beschreibt, das US-Geheimdienste und Lobbygruppen, aber auch das Big Money der Wall Street, über die Massenmedien ausgeworfen haben – auch in den USA."
.... dann ist die Sache einfach durch. Das heißt nicht, dass ich nicht nochmal was über das Buch machen werde. Aber wir beurteilen Menschen eben auch danach, in welcher Gesellschaft sie sich bewegen. Und wessen Buch im Kopp-Verlag erscheint, der umgibt sich nicht mit vertrauenswürdigen Personen.
Keine Absprachen zwischen Medien
Es gibt keine Absprachen zwischen Medien, über das Buch nicht zu berichten. Die sind gar nicht nötig. Denn durch Ulfkottes Herangehensweise ist es nicht ausmachbar, was wahr, was Manipulation und was schlicht falsch ist", so Thomas Knüwer.
Medienboykott von http://t.co/eit117KbGa wird durchbrochen: In 14 Tagen bekommen 30 Mio Haushalte Informationen über das Buch
Dietrich Krauss von der Redaktion der Live-Kabarett-Sendung „Die Anstalt“ im ZDF erklärte gegenüber NEWSROOM, dass er das Buch mit Interesse gelesen habe: „Herr Ulfkotte kam von sich aus auf die Anstalt zu, um auf die Veröffentlichung hinzuweisen, weil wir die Verflechtung von führenden Journalisten, mit transatlantischen Organisationen, die auch Ulfkotte thematisiert, bereits in einer Sendung im April in einer Nummer verarbeitet haben.“ Da Medienkritik aber ein fester Bestandteil der Anstalt sein soll, „ist es nicht ausgeschlossen, dass wir Fakten aus Ulfkottes Buch zum Thema machen.“
„Ich habe das Buch "Gekaufte Journalisten" nicht bestellt, das Buch landete unverlangt auf meinem Schreibtisch. Ich kann Ihnen auch versichern, dass es zumindest von Seiten des Standard keine Absicht gibt, das Buch zu verschweigen“, antwortete dagegen Doris Priesching, Redakteurin im Ressort Etat/Kommunikation bei der österreichischen Zeitung „Der Standard“.
Wie Geld sparen? Leitmedien abbestellen - Mainstream-Journalisten arbeitslos machen, die gute Tat...
In seinem Buch greift Ulfkotte auch massiv seinen früheren Arbeitgeber an, die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Im Werbetext für das Werk heißt es unter anderem: „Der Journalist Udo Ulfkotte schämt sich heute dafür, dass er 17 Jahre für die Frankfurter Allgemeine Zeitung gearbeitet hat. Bevor der Autor die geheimen Netzwerke der Macht enthüllt, übt er konsequent Selbstkritik. Er dokumentiert hier zum ersten Mal, wie er für seine Berichterstattung in der FAZ geschmiert und die Korruption gefördert wurde. Und er enthüllt, warum Meinungsführer tendenziös berichten und wie der verlängerte Arm der NATO-Pressestelle Kriege medial vorbereitet. Wie selbstverständlich wurde auch der Autor in die Netzwerke amerikanischer Eliteorganisationen aufgenommen, erhielt im Gegenzug für positive Berichterstattung in den USA sogar eine Ehrenbürgerurkunde. In diesem Buch erfahren Sie, in welchen Lobbyorganisationen welche Journalisten vertreten sind.
Ein guter Tag: Viele mailen mir, dass sie die FAZ gekündigt haben und nie wieder anfassen werden... DANKE für die gute Entscheidung !
Der Autor nennt Hunderte Namen und blickt auch hinter die Kulissen jener Organisationen, welche unsere Medien propagandistisch einseitig beeinflussen, etwa: Atlantik-Brücke, Trilaterale Kommission, German Marshall Fund, American Council on Germany, American Academy, Aspen Institute und Institut für Europäische Politik. Enthüllt werden zudem die geheimdienstlichen Hintergründe zu Lobbygruppen, die Propagandatechniken und die Formulare, mit denen man etwa bei der US-Botschaft Fördergelder für Projekte zur gezielten Beeinflussung der öffentlichen Meinung in Deutschland abrufen kann. Wenn die CIA vorgibt, was geschrieben wird Können Sie sich vorstellen, dass Geheimdienstmitarbeiter in Redaktionen Texte verfassen, welche dann im redaktionellen Teil unter den Namen bekannter Journalisten veröffentlicht werden? Wissen Sie, welche Journalisten welcher Medien für ihre Berichterstattung geschmiert wurden?“
Die Bonner Fachanwältin #BeatrixHüller bereitet die Klagen gegen die FAZ vor, heißt: In Frankfurt bitte schon mal Rücklagen bilden ! DANKE !
Sollte sich bei diesen harschen Worten dann zumindest nicht die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" mit dem Buch auseinandersetzen und auf die Vorwürfe eingehen?
Eine Sprecherin der FAZ erklärte NEWSROOM auf Nachfrage, dass die Traditionszeitung der "Schmähschrift" eine "offenkundig gewünschte Bühne" nicht bauen möchte:
„Die Frankfurter Allgemeine Zeitung steht seit Jahrzehnten für Qualitätsjournalismus. Sie nimmt die journalistische Sorgfaltspflicht ernst. Die Redaktion folgt seit Gründung der Zeitung dem Grundsatz: „Die Frankfurter Allgemeine Zeitung ist in voller Unabhängigkeit von Regierung, Parteien und Interessengruppen auf freiheitlich-staatsbürgerlicher Grundlage zu führen“. Die Unabhängigkeit wird durch das Herausgebergremium und die FAZIT-Stiftung garantiert. Die F.A.Z.-Redaktion ist diesen Grundsätzen und den Regeln journalistischer Professionalität verpflichtet. Die Leser der Zeitung können sich davon täglich selbst überzeugen.
Qualitätsmedien? Warum ich mich rückblickend dafür schäme, dass ich 17 Jahre für die FAZ gearbeitet habe http://t.co/ozoQ3Ex71d
Udo Ulfkotte bezichtigt sich in seinem Buch „Gekaufte Journalisten – Wie Politiker, Geheimdienste und Hochfinanz Deutschlands Massenmedien lenken“, diese Grundsätze als Redakteur der F.A.Z. missachtet zu haben. Seine Behauptung, dies sei bewusst geduldet oder gar von ihm verlangt worden, ist vollkommen absurd. Dies gilt auch für viele andere beleglose Darstellungen in diesem Werk. Ulfkotte, von dem die F.A.Z. sich im Jahr 2003 trennte, ist während seiner Dienstzeit wiederholt aufgefordert worden, sich an die journalistischen Standards zu halten. Wir weisen seine haltlose Behauptung, auch andere Redakteure hätten sich durch Einladungsreisen oder durch die bloße Mitgliedschaft in Organisationen wie der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik zu Gefälligkeitsberichterstattung verleiten lassen, entschieden zurück.
Das Zerrbild, das in diesem Werk von der F.A.Z. gezeichnet wird, hat mit der Wirklichkeit dieser Zeitung nichts zu tun. Das kann jeder Leser erkennen, der nicht auf groteske Behauptungen vertraut, sondern das Blatt liest. Wir wollen dieser Schmähschrift nicht die vom Autor offenkundig gewünschte Bühne bauen, behalten uns aber vor, rechtlich gegen den Verfasser und den Verlag vorzugehen.“
Bülend Ürük
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