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dpa - Deutsche Presseagentur GmbH

„Nie die Lust aus den Augen verlieren“ − Ulrich Wickert wird 75

15 Jahre lang war Ulrich Wickert „Mr. Tagesthemen“, 2006 verabschiedete er sich. Aber nicht, um in Rente zu gehen: «Ich bin nicht pensioniert, ich habe nur beim Fernsehen aufgehört.“

Hamburg (dpa) − Eigentlich hätte Ulrich Wickert jetzt ein anderes Buch vorlegen sollen. „Der Verlag meinte, ich müsste meine Biografie schreiben, aber ich interessiere mich nicht für meine Vergangenheit“, sagt der in Hamburg lebende Journalist und Autor. „Ich bin wirklich jemand, der immer nach vorne denkt.“ Dafür ist nun zu seinem 75. Geburtstag am Samstag (2. Dezember) eine neue Arbeitsbiografie erschienen: «Nie die Lust aus den Augen verlieren“ versammelt Texte aus seiner Feder. „Nie die Lust aus den Augen verlieren − das war mein Leben lang einer der Antriebe für mich: Ich mache nur das, wozu ich Lust habe“, betont er. 


Genau so habe es für ihn einst begonnen: «Ich bin aus Lust Journalist geworden“, erzählt er. „Als ich 16 war, wollte ich noch Diplomat werden“, sagt Wickert, der als Diplomatensohn in Tokio geboren wurde, in Heidelberg und Paris zur Schule ging und als Teenager schon seinen ersten Bericht über den Eiffelturm schrieb. Also habe er Jura studiert. „Nur während des Studiums, besonders während meiner Zeit in Amerika, merkte ich: Beamter − das ist nicht dein Ding. Nach dem ersten Staatsexamen habe ich meine juristische Karriere beendet.“

 

1969 kam Wickert zum Fernsehen, später wurde er Auslandskorrespondent, war in Washington und Paris. „Mein Wunsch war früher immer, in New York zu arbeiten. Irgendwann hatte ich das riesige Glück und der WDR schickte mich dahin“, erinnert er sich. Bald danach bot man ihm an, das Studio in Paris zu übernehmen. Viele Bücher widmete der Bonvivant Frankreich. Mit seinem jüngsten Werk „Frankreich muss man lieben, um es zu verstehen“ ist er gerade auf Lesereise.

 

Mit Seriosität und Charme, Witz und verschmitztem Lächeln war Wickert einst fürs TV-Publikum zum „Mr. Tagesthemen“ geworden. 1991 nahm er auf dem Moderatorenstuhl im „Tagesthemen“-Studio Platz. „Die „Tagesthemen“ habe ich 15 Jahre lange gemacht, jeden Tag bis zum letzten mit großem Vergnügen. Am ersten Tag danach habe ich mir gesagt: Jetzt schreibst du weiter Bücher.“

 

Der erste Tag danach − das war der 1. September 2006. „Ich bin nicht pensioniert, ich habe nur beim Fernsehen aufgehört“, sagt Wickert. „Ich mache das weiter, wozu ich Lust habe.“ Seit langem gehört dazu auch seine Krimireihe über den Pariser Untersuchungsrichter Ricou. „Mal schauen, wann der Richter wieder dran ist“, sagt er. „Mein letztes Frankreich-Buch hat mich viel Kraft gekostet, ich musste wahnsinnig viel daran arbeiten. Jetzt mache ich tatsächlich erst mal Pause.“ An Buchideen mangele es ihm nicht. „Ich muss 110 werden, damit ich wenigstens die Ideen umsetzen kann, die ich jetzt habe.“

 

In dritter Ehe ist Wickert mit Gruner+Jahr-Chefin Julia Jäkel verheiratet, 2012 wurden sie Eltern von Zwillingen, eine erwachsene Tochter hat er aus erster Ehe. Seinen 75. Geburtstag will er „ganz entspannt“ feiern.