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„taz“: Redaktionsversammlung lehnt Frauke Böger ab

Die „taz“-Chefredaktion wollte sie, der „taz“-Vorstand unterstützte sie und der „taz“-Redaktionsrat legte zumindest gegen die Berufung von Frauke Böger kein Veto ein.

Berlin - Das übernahm am Mittwochabend die Redaktionsversammlung der „taz“, mit deutlicher Mehrheit votierte die Redaktion gegen die Berufung der Online-Chefin der „taz“ zur stellvertretenden Chefredakteurin der linksalternativen "tageszeitung".

Nach Informationen von Newsroom.de stimmten bei der Wahl 40 für die Berufung von Frauke Böger, 49 Wahlberechtigte lehnten sie ab, sieben Wahlberechtigte enthielten sich.

 

Mist. Wär ich mal zum Boxen gegangen heute Abend.

— Frauke Böger (@frau_boe) April 9, 2014

Eigentlich wäre der Weg für Frauke Böger vorher schon frei gewesen. "Wie bei hausinternen Vorschlägen festgelegt, kann eine Abstimmung über den Personalvorschlag des Vorstandes beantragt werden. Frauke möchte sich einer solchen Abstimmung stellen", heißt es in einer E-Mail des Redaktionsrats, die Newsroom.de vorliegt. 

Stimmberechtigt waren "alle fest angestellten RedakteurInnen, fest angestellten KorrespondentInnen und fest angestellten AutorInnen einschließlich der Chefredaktion“.

Die Entscheidung gegen Frauke Böger ist eine Niederlage für die „taz“-Chefredakteure Ines Pohl und Andreas Rüttenauer. Sie zeigt aber auch, wie selbstbewusst die „taz“-Redaktion auftritt, oder wie es der frühere „tazzwei“-Redaktionsleiter David Denk gegenüber kress.de formulierte: im Haus herrscht eine „vergiftete Atmosphäre“.

Jetzt muss der Vorstand einen neuen Kandidaten suchen.

 

taz-Redaktion stimmt gegen Frauke Böger als stell. Chefredakteurin. Nicht nur dick & gemütlich, auch dumm & bräsig. Und Angst vorm Internet.

— Deniz Yücel (@Besser_Deniz) April 9, 2014

"taz - die tageszeitung" erscheint in einer verkauften Auflage von 58.121 Exemplare (laut IVW, 4/2013). Das links-alternative Blatt wird von einer Genossenschaft getragen, Geschäftsführer ist Karl-Heinz Ruch. taz.de gehörte mit 4.531.720 Visits im Februar zu den 26 größten Online-Nachrichtenangeboten Deutschlands.

Die „taz“-Chefredaktion war am Abend für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Reaktionen auf Twitter

Auf Twitter nahm Frauke Böger die Entscheidung der Redaktionsversammlung sportlich. Sie twitterte selbstbewusst: "Mist. Wär ich mal zum Boxen gegangen heute Abend."

Deniz Yücel, Autor, Seite-Eins-Redakteur und Redakteur für Sonderprojekte bei der "taz", der kürzlich das Buch "Taksim ist überall - Die Gezi-Bewegung und die Zukunft der Türkei" (Edition Nautilus, Verlag Lutz Schulenburg) veröffentlicht hat, kann die Entscheidung der Redaktionsversammlung überhaupt nicht verstehen. Offensichtlich mit Bezug auf die "taz"-Werbekampagne für das Wochenend-Abo schrieb er auf Twitter: "taz-Redaktion stimmt gegen Frauke Böger als stell. Chefredakteurin. Nicht nur dick & gemütlich, auch dumm & bräsig. Und Angst vorm Internet."

Doch Deniz Yücel, der für seine deutlichen Worte nicht nur in seiner Kolumne "Besser Deniz" bekannt ist, zeterte weiter, beschrieb die "taz" als "SZ für Arme", notierte "Heute gibt's die Diktatur des Mittelmaßes, Zeitung mit Ärmelschonern, totalitäre Schnarchnasen." und reagierte auf eine Nachfrage mit "Erzähl das mal dem Mittelmaß, das die Mehrheit inne hat und eins sicher nicht kann: Zeitung machen."

Bülend Ürük

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