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Technikjournalist Robert Weber: "Wir schreiben keine Betriebsanleitungen"

"Der Fachjournalist muss einordnen, Kommunikator sein und nicht das Datenblatt abschreiben", erklärt Robert Weber, seit dem 1. April Leitender Redakteur für Energiethemen im Verlagsbereich Elektrotechnik bei Vogel Business Media in Würzburg.

Würzburg - Robert Weber sieht es pragmatisch: "Ich würde auch gerne für den "Spiegel" in Hamburg schreiben, aber mein Talent reicht nicht. Aber in meiner Branche, bei meinen Lesern bin ich anerkannt, kann in der Fachmedienwelt neue Akzente setzen und ernte dafür Lob und Kritik - was soll ich da an der Ericusspitze?", so der Fachjournalist.

Zur Person: Robert Weber, Jahrgang 1984, kam zum Technik- und Fachjournalismus, wie die Jungfrau zum Kind.

 

Seit 2011 arbeitet Robert Weber bei Vogel Business Media in Würzburg, seit dem 1. April verantwortet er als Leitender Redakteur die Energiethemen im Verlagsbereich Elektrotechnik.

 

 

Nach dem Studium an der Universität Bonn und der LMU München mit den Schwerpunkten Wirtschaftspolitik und internationales Wirtschaftsrecht sowie Stationen als freier Mitarbeiter bei den „Westfälischen Nachrichten“ und in der bayerischen Landespolitik, volontierte der gebürtige Westfale beim Huss Verlag in München. Nach dem Volontariat in der Redaktion von „Logistik Heute“ folgte eine knapp zweijährige Redakteurstätigkeit.

Mit dem Wechsel 2011 zu Vogel Business Media als Redakteur bei MM MaschinenMarkt und MM Logistik, erweiterte Robert Weber sein Fachgebiet um Themen und Fragestellungen aus dem Anlagen- und Maschinenbau und der Automatisierungstechnik. Der Logistik blieb er treu und sieht weiterhin seinen journalistischen Schwerpunkt in der Übertragung wirtschaftspolitischer und sozialer Entwicklungen auf die Zielbranchen.

Seit dem 1. April verantwortet der Fachjournalist bei Vogel Business Media die Energiethemen im Verlagsbereich Elektrotechnik und baut mit seinem Team ein neues Medienangebot auf.

Was macht für Sie guten Technikjournalismus aus?

Robert Weber: Ein guter Technik- oder Fachjournalist ist vernetzt in seiner Branche - mit Pressesprechern Entwicklungsleitern und Wissenschaftlern -, kann technische, betriebswirtschaftliche und soziale Zusammenhänge darstellen, analysieren und für seine Leser kommentieren, feiert nicht jedes Produkt als Innovation und beherrscht die Gabe des Infotainment.  Und vom Ohmschen Gesetz sollte der Kollege auch schon mal gehört haben.

Technik ist heute überall. Ab wann sagen Sie, dass Sie ein Thema aufgreifen müssen?

Robert Weber: Die "Technisierung" des Alltags macht es uns nicht leichter, denn ich könnte heute über Smartphones in der Produktion schreiben und morgen über Social-Media-Tools für Paketzusteller. Wir müssen vorsichtiger werden und genauer identifizieren, was ist Hype und was wirklich Fortschritt für die Industrie beispielsweise. Deshalb habe ich drei/vier vertrauenswürdige"Berater" aus Wissenschaft, Industrie und dem Bekanntenkreis mit denen ich mich austausche.

Wenn Sie Zeitungen, Zeitschriften lesen, Radio hören oder Fernsehen schauen - glauben Sie, dass alle Journalisten, die über Technik berichten, auch die Technik verstehen?

Robert Weber: Müssen sie das? Und wollen die Leser das? Der normale Leser muss erfahren, was die Technik mit ihm und seinem Leben macht, welche Chancen oder auch Gefahren lauern und ist meist überfordert, wenn es beispielsweise um Cross-Docking-Konzepte oder weltweite Supply Chains geht. Um dem Leser allerdings die Auswirkungen richtig erklären zu können, braucht es allerdings Wissen, aber nicht unbedingt immer universitär geprägt. In der Fachpresse sah das bis vor einigen Jahren noch etwas anders aus, denn dort haben auch die Leser ein anderes Anspruchsdenken. Aber auch hier gilt mittlerweile: Wir schreiben keine Betriebsanleitungen. Der Fachjournalist muss einordnen, Kommunikator sein und nicht das Datenblatt abschreiben.

Was war für Sie das eindrucksvollste Erlebnis bei einer Technik-Recherche?

Robert Weber: Ich durfte vor etwa einem Jahr eine Schicht in einem Logistikzentrum mitarbeiten und habe dort am eigenen Leib erfahren, wie körperlich und geistig anstrengend das Kommissionieren von Waren sein kann. Wir verlassen uns als Fachjournalist manchmal zu oft auf die Statements der Geschäftsführer oder Abteilungsleiter. Mir war es damals wichtig zu erfahren, wie es sich anfühlt, wenn man den ganzen Tag Befehle über einen Kopfhörer bekommt.

Wie reagieren eigentlich Ihre Leser auf Ihre Beiträge? Gibt es viele, die schimpfen, dass man nicht akkurat genug berichtet hat? Und - wie genau muss man eigentlich berichten, damit man alle Nutzer zufriedenstellt?

 

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Robert Weber: Auch Ingenieure wollen gut lesbare Texte, gute Einstiege, Szenen, Reportagen, eine Satire oder Glosse - das glauben viele Fachverlagshäuser und trauen sich auch nicht. Interessanterweise erhalte ich die meisten Rückmeldungen nicht zum Thema, sondern zum Stil der Berichterstattung (Schreibe, Textformat, Recherchetiefe). Ausnahmen bilden Kommentare oder Einschätzungen. Wenn, dann hagelt es Kritik. Allerdings: Ingenieure tun sich schwer Entwicklungen vom möglichen Wettbewerber öffentlich zu kritisieren, deshalb höhere ich oft "das dürfen Sie aber nicht so schreiben".


Bei welchem Thema würden Sie gerne intensiver recherchieren können?

Robert Weber: Ich erhalte täglich zahlreiche Emails mit "Innovationen", Gesprächsangeboten oder Pressemitteilungen und Pressereisen. Aber die wirklich spannenden Themen, finde ich mittlerweile in Blogs und auf Twitter sowie durch persönliche Kontakte oder durch das "Weiterdrehen" von Geschichten von Kollegen aus der Tagespresse und dem Input aus meinem Fachgebiet. Recherchepläne: Ich würde sehr gerne zu Googles Plänen im B2B-Markt mehr recherchieren, denn ich bin davon überzeugt, dass viele meiner Leser noch nicht vollkommen verstanden haben, was das für sie und ihren Job bedeutet. Leider kam mir die „Wirtschaftswoche“ dazwischen. Aus meiner Sicht ist es durchaus interessant, wie auch die traditionelle Wirtschaftspresse Technikthemen für sich entdeckt.

 

"Was guten Technikjournalismus ausmacht", heißt die Titelgeschichte vom neuen "Technikjournalist".Das NEWSROOM-Schwesterblatt kann direkt hier bestellt werden.

 

Warum sollten sich jüngere Kollegen aus Ihrer Sicht heute für den Technikjournalismus entscheiden? Oder sollen Sie lieber in einem anderen journalistischen Feld arbeiten?

Robert Weber: Jeder Journalist muss sich spezialisieren. Nicht alle Schreibtalente können über Merkel, den Maidan, Olympiadoping und Co. berichten und das ganze große Rad drehen. Das hat was mit Realismus und Angebot und Nachfrage zu tun. Ich würde auch gerne für den "Spiegel" in Hamburg schreiben, aber mein Talent reicht nicht. Aber in meiner Branche, bei meinen Lesern bin ich anerkannt, kann in der Fachmedienwelt neue Akzente setzen und ernte dafür Lob und Kritik - was soll ich da an der Ericusspitze? Der Fachjournalismus bietet Chancen und Freiheiten, die viele Kollegen in der Publikumspresse nicht mehr haben, denn auch die finanziellen Spielräume der Fachverlage sind größer. Wir von Vogel Business Media unterstützen den Nachwuchsjournalismus mit einem eigenen Lehrstuhl an der FH Würzburg und wir suchen Redakteure für unsere Medienmarken. 


Sind Ingenieure die besseren Technikjournalisten?

Robert Weber: Eine gefährliche Frage, denn ich bin als Politikwissenschaftler in meiner Redaktion umzingelt von Ingenieuren. Im Ernst: Finden Sie als Verlag erst einmal einen Ingenieur, der nicht zu Bosch, Siemens und Co. will, sondern sich dem Journalismus verpflichtet fühlt. Das sind die Diamanten. Aber: Ich denke dem Fach- und Technikjournalismus fehlt es nicht so sehr an dem Wissen um Verfahren, Produkte oder Entwicklungen, sondern vielmehr fehlt es an der redaktionellen Qualität - abseits vom Fachbeitrag. Dafür braucht es kreative und gute Schreiber, die Print können, Online leben, Videos einbeziehen und Social Media verstehen.  Und das müssen nicht immer Ingenieure sein.

Die Fragen an Robert Weber, Leitender Redakteur Elektrotechnik bei Vogel Business Media in Würzburg, stellte Newsroom.de-Chefredakteur Bülend Ürük.

 

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