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Zum 90. Geburtstag: Helmut Schmidt zeigt bei "Zeit"-Gala Tränen

Nicht ahnend, wer ihn würde hochleben lassen, nahm der Herausgeber der "Zeit" mit seiner Loki in der ersten Reihe Platz.

Hamburg (dpa) - Zum Abschluss der humorvollen nachträglichen Überraschungsfeier zum 90. Geburtstag (23.12.2008) flossen bei Altbundeskanzler Helmut Schmidt sogar ein paar Tränen: Nach den gefühlvollen Worten seiner Tochter Susanne an die Eltern und dem Ständchen "Happy Birthday" der rund 400 Gäste war das Ehepaar Schmidt am Donnerstagabend gerührt von dem Zuspruch. Nach dem Gruppenfoto mit den Gratulanten auf dem Podium im Hörsaal der privaten Juristen- Hochschule Bucerius-Law-School in Hamburg brauchte der Vielraucher Schmidt vor allem erstmal eines: eine Zigarette.

Die hatte sich der Jubilar an diesem Abend bei der fast zweistündigen Gala verkniffen. Kein Defilee, keine langen Reden - darauf hatte Schmidt bestanden. Und die Wochenzeitung "Die Zeit" und die Zeit-Stiftung als Partymacher hatten Wort gehalten, um den Herausgeber des linksliberalen Blattes überhaupt gebührend feiern zu können. Denn ein Brimborium um seine Person wollte der aus dem Hamburger Arbeiterviertel Barmbek stammende SPD-Politiker nun wirklich nicht. Nicht ahnend, wer ihn würde hochleben lassen, nahm der Publizist mit seiner Loki - sie wird am 3. März ebenfalls 90 Jahre alt - in der ersten Reihe Platz.

Zuerst waren Schmidts Weggefährten Valéry Giscard d'Estaing (82) und Henry Kissinger (85) dran. Der frühere französische Staatspräsident sagte zum Thema des Abends "Mein Leben mit Helmut Schmidt": "Gemeinsam haben wir das goldene Zeitalter der deutsch-französischen Beziehungen beschritten." Ohne Schmidt hätte es den Euro wohl nicht gegeben, meinte der in Koblenz geborene Staatsmann, der mit seinem Freund das Europäische Währungssystem auf den Weg gebracht hatte. Der ehemalige US-Außenminister Kissinger bekannte: "Es gab keinen, dem ich mehr vertraut habe, als Helmut." Für den gebürtigen Fürther Kissinger ist es nach wie vor ein Rätsel, dass Kettenrauchen und Coca-Cola - Schmidts Lieblingsgetränk neben stark gesüßtem Kaffee - der Schlüssel zur Langlebigkeit seien sollen. Alt- Bundespräsident Richard von Weizsäcker (88) gratulierte Schmidt mit einem ergreifenden "Dank dem Helmut!".

Herzlich lachte Schmidt über seinen Namensvetter Harald Schmidt (51). "Ich sah mich zu Beginn der Gymnasialzeit rhetorisch mit Ihnen in einer Liga", ließ der TV-Entertainer den Ex-Verteidigungsminister wissen. Über die Idee, "Schmidt - Ein deutscher Kanzler" auf die Bühne zu bringen, amüsierte sich die Hauptfigur des Abends köstlich. Schließlich sollte Ex-SPD-Chef Oskar Lafontaine, mit dem Gesicht zur Wand, aus einem Plastikeimer Labskaus essen und Dirigent Justus Frantz tonlos am Klavier sitzen. Ansonsten: "Zwei Stunden, kein Text, nur geraucht", erläuterte Dramaturg Harald Schmidt. Der einzig vorgesehene Kommentar Helmut Schmidts: "Dummes Zeug."

Für Heiterkeit sorgte auch die Persiflage des Kabarettisten Stephan Wald und des "Zeit"-Chefredakteurs Giovanni di Lorenzo auf die bis vor kurzem im "Zeitmagazin" geführten Gespräche "Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt". Nach fünfjähriger Bühnenabstinenz kehrte Wald eigens für diesen Abend zurück und imitierte Schmidts pointierte, oftmals wortkargen Antworten. Der Kanzler greift seit Jahrzehnten zur Menthol-Zigarette.

Zum Ausklang nahm Tochter Susanne, Finanzjournalistin und SPD-Mitglied, den Medien-Hype um den 90. Geburtstag ihres Vaters aufs Korn. Habe sie sich getäuscht, oder sehe sie ein virtuelles Krönchen über dem Haupte ihres Vaters schweben, fragte die aus England, dem Mutterland der Monarchie, Angereiste. Oder doch nur Rauchringe? "Das ist wahrscheinlich." Ihr Leben mit Helmut und Loki sei schon ganz okay, jedoch: "Ich hätte ganz gut ohne den VIP-Status meines Vaters auskommen können." Für die "besten Eltern" sei sie dankbar, sagte die 61-Jährige mit Blick auf das händchenhaltende Paar. "Das Beste ist: Sie sind immer noch miteinander verheiratet. Und das soll erst mal einer nachmachen."