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Berliner Zeitung-Herausgeber: Tageszeitung ist Produkt der Zukunft

Berliner Zeitung-Herausgeber: Tageszeitung ist Produkt der Zukunft Michael Maier.

Michael Maier will Investigativ-Journalismus stärken, den Fokus des Blattes stärker aufs Nachrichtliche legen und im Digitalen ein starkes Zeichen setzen. Stellenabbau sei kein Thema.

Berlin (dpa) − Es ist für ihn ein Weg zurück. Michael Maier war bei der „Berliner Zeitung“ in den 1990er Jahren für einige Jahre Chefredakteur. Den Berliner Verlag, zu dem das Blatt gehört, verkaufte die DuMont-Mediengruppe unlängst an das Unternehmerpaar Silke und Holger Friedrich. Maier hat im November hier erneut begonnen zu arbeiten − als Herausgeber der Zeitung und Vorsitzender der Geschäftsführung des Verlags. Im dpa-Interview spricht er über seine Ideen für das Blatt.

 

Was hat Sie zur „Berliner Zeitung“ zurückgezogen?

Michael Maier: Wir haben damals in den 90er Jahren ein wirkliches Experiment gemacht. Das war in der Vor-Internetphase. Die Zeitungen waren schon unter Druck, weil sie nur an eines dachten: Wie produzieren wir billiger und wie bauen wir Redaktionen ab? [...] Wir haben dagegen gesagt − mit der Öffnung der Mauer -, dass es wahnsinnigen Spaß machen muss, in dieser Stadt Journalist zu sein. Speziell im Ostteil, wo es das ja in der Form nicht gab. Das Experiment damals war, guten Journalismus und gute Ästhetik zu machen.

[...] Es hat sich dann ein bisschen verändert, weil das Jahr 2000 kam und die Wirtschaftskrise und die Verlage nicht verstanden haben, dass das Internet für sie eine Riesen-Chance ist. Und dann ist die „Berliner Zeitung“ in eine Spirale der Verunsicherungen reingekommen − immer neue Eigentümer, immer neue Strukturen. Was mich am Ende bewogen hat, war, dass ich immer trotz all dieser wirklich widrigen Verhältnisse gespürt habe, da ist noch etwas von dem Geist und dem Spirit von damals da.

 

Wofür steht die Zeitung heute im Vergleich zu den 1990er Jahren?

Was sicher gelungen ist, dass die „Berliner Zeitung“ heute viel eher eine Gesamt-Berliner Zeitung ist als damals. Als ich kam, war es unvorstellbar, dass in der U-Bahn am Ku'damm oder in Zehlendorf jemand die „Berliner Zeitung“ liest. Genauso wie es undenkbar war, dass jemand in Marzahn den „Tagesspiegel“ auch nur anfasst. Das ist heute anders. Die „Berliner Zeitung“ steht für mich heute darüber hinaus immer noch für einen bisschen anarchistischeren Ansatz.

 

Welche Produkte planen Sie in Zukunft?

Es geht um journalistische Inhalte. Produkte brauchen gute, spannende, exklusive Inhalte. [...] Wir werden nach intelligenten Ansätzen für die vielen Milieus in der Stadt suchen. Außerdem wollen wir den Investigativ-Journalismus stärken − das ist ja eigentlich die Königsdisziplin. So wie die Tageszeitung die Königsdisziplin des Journalismus ist. Eine gute Tageszeitung ist für mich gerade im Zeitalter von Informationsflut, Desinformation und PR-Gestöber per se das Produkt der Stunde − und also auch der Zukunft.

 

Was wird sich an der „Berliner Zeitung“ konkret ändern?

Ich glaube, dass wir diesen stärkeren Fokus aufs Nachrichtliche legen sollten, und zwar quer durch. Das wird einerseits im gesamten Gedruckten so sein und das wird sich dann auch widerspiegeln im Digitalen. Wir haben ja bei der „Berliner Zeitung“ noch einen sehr rudimentären digitalen Auftritt. Da werden wir ein starkes Zeichen setzen − sowohl in der Ästhetik, als auch bei den Inhalten.

 

Wollen Sie auch bekannte Autoren zur Zeitung ziehen?

Kommt darauf an, ob sie mit sachkundigen Analysen Erkenntnisgewinn liefern. Ich finde, der Autor ist für mich kein Selbstzweck. [...] Das Wesen der Tageszeitung ist dieser Puls des Nachrichtlichen. Das will ich wiederbeleben.

 

Können Sie für die „Berliner Zeitung“ und den „Berliner Kurier“ einen Stellenabbau ausschließen?

Das ist jetzt sicher kein Thema. Ausschließen kann ich überhaupt nichts, aber definitiv stellen wir uns mental eher auf Aufbauen als auf Abbauen ein.

 

ZUR PERSON: Michael Maier (61) war von 1996 bis 1999 Chefredakteur der „Berliner Zeitung“. Danach war der gebürtige Österreicher unter anderem Chefredakteur des „Stern“ und der „Netzeitung“. Zuletzt war Maier als Publisher in einem von ihm mitbegründeten Wiener Technologie-Startup tätig.