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Esteban Engel, dpa

„Ich habe einfach weitergemacht“ − Friede Springer wird 75

„Ich habe einfach weitergemacht“  − Friede Springer wird 75 Friede Springer. Bild: APA

Sie gilt als eine der wichtigsten Medienunternehmerinnen in Deutschland: Friede Springer hat das Erbe Axel Springers in der digitalen Welt fortgesetzt.

Berlin (dpa) − Eher selten ist Friede Springer in der Öffentlichkeit zu sehen. Sie wolle kein großes Aufhebens machen um ihre Person, heißt es aus dem Medienhaus Axel Springer vor ihrem 75. Geburtstag an diesem Dienstag. Zwar lädt der Konzern an dem Tag Prominenz aus Wirtschaft, Politik und Kultur in die Berliner Zentrale ein. Ansonsten bleibt die Mehrheitseigentümerin der Axel Springer SE meist im Hintergrund.

 

Manchmal setzt Friede Springer dann aber auch Zeichen mit ihrer Gegenwart. Als Anfang Mai der Grundstein für die künftige Digitalzentrale von Springer gelegt wird, einen futuristisch anmutenden Kubus des niederländischen Stararchitekten Rem Koolhaas, ist die Witwe des Verlagsgründers Axel Springer (1912-1985) prominent dabei − neben Vorstandschef Mathias Döpfner, der den Wandel des Konzerns vom traditionellen Printhaus zur digitalen Schmiede vorantreibt.

Axel Springer ist längst kein reines Zeitungs- und Zeitschriftenhaus mehr − Springer erwirtschaftet mittlerweile 70,6 Prozent des Gesamterlöses mit digitalen Geschäftsmodellen. Onlineportale und digitale Anzeigen werden immer wichtiger. Die sogenannten Rubriken-Plattformen sind inzwischen „das ökonomische Rückgrat des Verlags“, wie Döpfner sagt.

Im März vergangenen Jahres hatte Friede Springer Gerüchte über ein Zerwürfnis mit dem Spitzenmanager mit deutlichen Worten zurückgewiesen. Sie sei froh, dass Döpfners Vertrag um fünf Jahre verlängert worden sei, sagte sie in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. Döpfner habe die „richtigen Weichen“ gestellt.

Als stellvertretende Aufsichtsrats-Vorsitzende hat Friede Springer die Öffnung des Medienhauses zur Internet-Welt begleitet. Die Umwandlung des Unternehmens in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), mit der sie sich als Hauptaktionärin bei Kapitalerhöhungen den beherrschenden Einfluss sichern wollte, gab sie allerdings auf. „Die anderen Aktionäre wollten es nicht, die Berater waren sich nicht einig. Und ich hatte auch kein gutes Gefühl.“

Für die Entscheidung, wie das Unternehmen in Zukunft rechtlich aufgestellt sein soll, werde sie nicht sehr viel Zeit benötigen, sagte sie im Interview auch. „Zum Entscheiden brauche ich keine zwei Jahre.“ An der Spitze des Medienhauses sollte auf jeden Fall jemand stehen, der „aus dem Verlag kommt, der weiß, wie man ein Unternehmen führt und dessen Herz für Journalismus schlägt“.

Beharrlichkeit gehört zu den bestimmenden Eigenschaften von Friede Springer. In einer Biografie der Journalistin Inge Kloepfer aus dem Jahr 2005 (2012 aktualisiert, Hoffmann und Campe), hat sie Einblick in ihren Lebenslauf gegeben. Beschrieben wird dort der Weg der Friede Riewerts, die der Enge ihrer Heimat auf der Insel Föhr entkommen wollte.

Über eine Zeitungsanzeige war die damals 23-jährige Tochter eines Gärtnermeisters in den Hamburger Haushalt von Axel Cäsar Springer gekommen. Der 30 Jahre ältere Verleger war zum vierten Mal verheiratet, in der Ehe kriselte es. Springer verliebte sich bald in die blonde Friesin.

Nach seiner Scheidung heiratete der Verleger 1978 Friede Springer und setzte seine fünfte Frau einem starken Besitzanspruch aus. „Sie hatte sich auf den Verleger zu konzentrieren − die Bedingung dafür, dass sie bleiben konnte − und sie blieb“, schreibt Biografin Kloepfer.

Es war die Zeit, in der Springer die Personifizierung all dessen wurde, wogegen die 68er-Studentenbewegung kämpfte. Angesichts der Anfeindungen suchte er Zuflucht in der Ehe. Für Friede Springer, die kinderlos blieb, wurden die Gespräche mit Axel Springer zum wichtigsten Startkapital in das Verlagsgeschäft. Woher hatte sie den Mut, das Verlagshaus zu übernehmen, als sie mit 43 Jahren Springers Haupterbin und eine von drei Testamentsvollstreckern wurde? «Ich weiß nicht, ob „Mut“ das richtige Wort ist“, sagte sie in dem Interview. „Ich fühlte mich einfach herausgefordert, das Haus zusammenzuhalten und vor Übernahmen zu schützen.“

Dieses Gespür für Menschen half ihr auch, sich gegen die Begehrlichkeiten der Konkurrenten − von Kirch bis Burda − beim Verlag zu wehren. Sie hielt stand gegen die Großen der Branche und setzte sich am Ende durch. Den Mehrheitsbesitz der Familie am Verlag ließ sie festschreiben und baute mit viel Geschick ihr Aktienpaket aus.

Überschattet wurde die Erbfolge vom Streit mit dem Springer-Enkel Axel-Sven Springer um den letzten Willen seines Großvaters. Am Ende siegte Friede Springer vor Gericht.

Ja, Zweifel habe sie gelegentlich gehabt, das Erbe anzutreten. „Aber ich habe nie aufgegeben, sondern einfach weitergemacht. Es waren die Herausforderungen, die mich reizen“, sagte sie.

Heute kümmert sich Friede Springer in der 18. Etage des Verlagshauses um ihre Arbeit im Aufsichtsrat. Sie hat ihr Büro so belassen, wie es Axel Springer hinterlassen hat. Daneben widmet sie sich unter anderem der gemeinnützigen Friede Springer Stiftung.