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dpa

Saudi-Arabien weist Entführungsvorwürfe von kritischem Journalisten zurück

Die Türkei und Saudi-Arabien liegen schon länger über Kreuz. Nun könnte der Fall eines verschwundenen kritischen Journalisten für neuen Sprengstoff sorgen.

Istanbul (dpa) − Nach dem Verschwinden eines prominenten saudischen Regimekritikers während eines Besuchs des Konsulats in Istanbul hat die Türkei den saudi-arabischen Botschafter einbestellt. Ankara habe den Diplomaten aus dem Golf-Königreich am Donnerstag für eine Erklärung zum Schicksal von Journalist Dschamal Chaschukdschi ins Außenministerium zitiert, sagten Kreise im Außenamt der Deutschen Presse-Agentur.

 

Nach Angaben von Freunden und Kollegen war der 59-Jährige am Dienstag ins Konsulat im Istanbuler Stadtteil Besiktas gegangen, um Papiere abzuholen, aber nicht wieder herausgekommen. Seine Verlobte hatte stundenlang vor dem Haus gewartet. „Ich glaube, er wurde von hier ins Ausland entführt“, sagte seine Verlobte Hatice C. der türkischen Zeitung „Hürriyet“ (Donnerstag).

Auf der Internetseite des Verschwundenen erscheint ein Banner, auf dem steht: „Dschamal Chaschukdschi wurde im saudischen Konsulat in Istanbul festgenommen!“ Die staatliche saudi-arabische Nachrichtenagentur SPA teilte dagegen am Donnerstag mit, Chaschukdschi sei verschwunden, nachdem er das Konsulat verlassen habe.

Das steht im Widerspruch zu türkischen Erkenntnissen. Ein Berater des Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogans sagte der „Hürriyet“ vom Donnerstag: „Es gibt Videoaufnahmen, wie er das Konsulat betritt, aber nicht, wie er es verlässt. Unsere Polizei untersucht den Fall.“ Der Sprecher des türkischen Präsidenten, Ibrahim Kalin, hatte Mittwochabend gesagt, dass Chaschukdschi „im Moment noch im saudi-arabischen Istanbuler Konsulat“ sei.

Der Fall Chaschukdschi könnte die Beziehungen zwischen Ankara und Riad weiter belasten. Diese sind schon seit Sommer 2017 angespannt, als Ankara dem Emirat Katar während eine Blockade von Saudi-Arabien und dessen Verbündeten half. Sowohl die Türkei als auch Saudi-Arabien verfolgten Beobachtern zufolge in den vergangenen Jahren eine Außenpolitik, die Konflikte mit anderen Staaten nicht scheute.

Chaschukdschi lebt seit vergangenem Jahr im selbstgewählten Exil in den USA und der Türkei, um einer Verhaftung durch die saudi-arabische Staatsmacht zu entgehen. In seiner Heimat hat die Verfolgung politisch Andersdenkender in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Der mächtige Kronprinz Mohammed bin Salman führt zwar wirtschaftliche und auch gesellschaftliche Reformen durch, regiert das Land nach innen aber mit harter Hand. Widerspruch duldet er nicht und er ließ in der Vergangenheit unter anderem Kleriker, Geschäftsleute und Frauenrechtler wegsperren.

Internationale Medienorganisationen wie die „Washington Post“, für die Chaschukdschi regelmäßig schreibt, hatten sich besorgt bis empört über sein Verschwinden gezeigt. Das „Committee to Protect Journalists“ forderte Klarheit über das Schicksal des Journalisten, das „International Press Institute“ verlangte seine Freilassung.