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dpa

ZDF-Redakteure wollen Böhmermann-Gedicht in Mediathek zurück

Die Bundesregierung hat noch keine Entscheidung zur Strafverfolgung im Fall Böhmermann getroffen. Der Satiriker selbst lehnt eine Unterlassungserklärung wegen seines Schmähgedichts ab. Derweil stärken ihm die ZDF-Redakteure ein wenig den Rücken.

Berlin/Mainz (dpa) − ZDF-Redakteure wollen das gelöschte Schmähgedicht von Jan Böhmermann über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in die Mediathek des Senders zurückholen. So steht es in einem im Sender verteilten Schreiben des Redakteursausschusses. Ein ZDF-Sprecher bestätigte die Existenz des Schreibens am Donnerstag, über das zuvor schon „Spiegel online“ berichtet hatte. „Wir würden es begrüßen, wenn die „Schmähkritik“ vom Giftschrank wieder in die Mediathek gestellt wird“, zitierte das Nachrichtenportal aus dem Schreiben. 

 

Der Sprecher teilte mit, es sei das gute Recht des Redakteursausschusses, diese Meinung zu vertreten. „Das ZDF bleibt aber bei seiner Entscheidung, das umstrittene „Schmähgedicht“ nicht mehr zu verbreiten, weil die Passage nicht den Qualitätsansprüchen und Regularien des ZDF entspricht.“ Der 35-Jährige hatte vor zwei Wochen in seiner Sendung „Neo Magazine Royale“ in einem Gedicht über Erdogan bewusst beleidigende Formulierungen benutzt. Er kündigte das Gedicht in der Sendung als Beispiel für herabwürdigende Schmähkritik an, die nicht erlaubt sei. Kurz nach der TV-Ausstrahlung löschte das ZDF den Beitrag aus der Mediathek.

Eine Unterlassungserklärung will Böhmermann indes nicht abgeben. Sein Anwalt Christian Schertz bestätigte der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag einen entsprechenden Bericht des Onlineportals der „Süddeutschen Zeitung“. Er habe Erdogans Anwälten mitgeteilt, es sei „offensichtlich übersehen worden, dass das Gedicht nicht solitär verbreitet wurde, sondern in einer Gesamtdarstellung über das, was in Deutschland erlaubt ist und was nicht“. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte zuvor Anzeige gegen den ZDF-Satiriker erstattet.

Die Bundesregierung traf über den förmlichen Wunsch der Türkei nach Strafverfolgung des Fernsehmoderators wegen der Beleidigung eines Staatsoberhaupts nach Paragraf 103 des Strafgesetzbuchs am Donnerstag noch keine Entscheidung. „Die Beratungen (...) dauern an“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Und wir informieren Sie, wenn sie beendet sind.“ Einen Termin nannte sie nicht. Gegen den Paragrafen 103 hatte es zuvor in Deutschland erhebliche Kritik gegeben, der sich auch viele mit Böhmermann solidarische Künstler in einem offenen Brief anschlossen.

Der Kabarettist Ottfried Fischer (62) findet die Debatte um Böhmermanns Schmähgedicht insgesamt ziemlich lachhaft. „Der Albernheitsfaktor vorliegender Causa ist gewaltig“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in München. Er finde Böhmermanns Gedicht im Übrigen auch nicht sonderlich lustig. „Von Kabarettkollegen hätte ich auch mehr verlangt, als eine Aufzählung pöbelnder Worte aus der Kiste „plumpe Ausdrücke hoher Entrüstungsvermutung“.“

Sollte es aber tatsächlich zu einem Verfahren wegen Beleidigung kommen, hoffe er auf das Gericht. „Wenn die Staatsanwaltschaft zum Schluss kommt, dass es, wie's in Bayern heißt, grichtsmassig wird, dann wird wohl die Hauptverhandlung zeigen, dass nicht jeder Schmarrn Grund sein darf, das hohe Gut der Meinungsfreiheit oder der Kunst auszuhebeln.“

Böhmermann steht unter Polizeischutz. Seine für diesen Donnerstag geplante Sendung Ausgabe vom „Neo Magazin Royale“ wurde abgesagt.